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Punktabzug für Israels Fußball-Rassisten

Wegen wiederholt rassistischer Ausbrüche seiner Fans ist Beitar Jerusalem vom israelischen Verband mit einem Punktabzug belegt worden. Doch die Vereinsführung hat seinen rechtsradikalen Anhängern bisher wenig entgegenzusetzen

Von Sebastian Engelbrecht |
    Beitar Jerusalem ist nur auf den ersten Blick ein Verein wie jeder andere. Die Vereinsfarben sind schwarz-gelb, und der Rasen des Teddy-Kollek-Stadions im Westen von Jerusalem ist grün wie jeder andere. Aber Beitar ist auch das Sammelbecken einer rechten Szene von Fußballfans. Die meisten von ihnen sind jüdische Israelis mit Vorfahren aus orientalischen Ländern. In der israelischen Gesellschaft gehören sie zur Unterschicht. Ihr Hass richtet sich gegen die, die gesellschaftlich noch schwächer sind: israelische Araber und Palästinenser.

    Auf Videos im Internet führen die Radikalen unter den Beitar-Fans geradezu stolz vor, was zu ihrem Alltag gehört. Sie urinieren auf die Fahne des Gegners und fackeln deren Schals ab. Sie zünden im Stadion Knallkörper und bengalisches Feuer. Sie stürmen das Spielfeld, und wenn es gegen die arabische Mannschaft von "Bnei Sachnin" geht, rufen sie: "Mohammed ist tot".

    Eigentümer von Beitar Jerusalem ist einer der reichsten Israelis, der aus Russland stammende Multimillionär Arkadi Gaydamak. Dessen Sprecher Israel Goldschmidt hält die rassistische Gesinnung von Fans für ein Phänomen am Rande.

    "Der größte Teil der Fans von Beitar Jerusalem gehört nicht dazu. Das ist eine kleine, lautstarke Gruppe, und sie ist teilweise für diese rassistischen Zwischenrufe verantwortlich. Diese Zwischenrufe sind aber in den letzten Jahren um 90 Prozent gesunken, weil wir sehr hart dafür gekämpft haben."

    Beim Heimspiel gegen Hapoel Tel Aviv stellten die Beitar-Fans Ende Dezember unter Beweis, dass sie immer noch Rassisten sind. Wenn Toto Tamuz von Hapoel am Ball war, gaben sie Affenlaute von sich. Der israelische Fußballverband bestrafte den Verein für das Verhalten der Fans und zog Beitar zwei Punkte in der Liga-Tabelle ab. Der Protest des Vereins hatte keinen Erfolg. Jetzt droht der Eigentümer, Arkadi Gaydamak, den Fans damit, den Club aufzugeben, wie sein Sprecher Goldschmidt mitteilt.

    "Vor zwei Wochen hat er mitgeteilt, dass er in der nächsten Saison nur dann Eigentümer des Vereins bleiben will, wenn es keinerlei rassistische Zwischenrufe mehr gibt. Sollte es doch wieder vorkommen, dann würde er sein weiteres Vorgehen mit dem Club überdenken müssen."

    Gaydamak selbst ist kein Rassist. Er war früher Sponsor des israelisch-arabischen Vereins Bnei Sachnin. Aber die Vereinsführung um den Beitar-Präsidenten Itzik Kornfein ist allzu nachgiebig mit den Fans. So hat Beitar als einziger Club in der ersten israelischen Fußballliga bis heute keinen einzigen arabischen Spieler verpflichtet. Für den Sport-Journalisten Joav Borowitz von der israelischen Tageszeitung "Ha’aretz" ist das ein Skandal.

    "Die Vereinsführung hat Angst, dass, wenn sie einen arabischen Spieler reinbringen würden, die Fans ihnen etwas antun würden. Davor haben sie Angst. Sie haben keine Angst, dass sie die Spieler angreifen würden, sondern dass sie der Vereinsführung etwas tun würden. Denn die Tage des Präsidenten von Beitar Jerusalem sind gezählt, wenn er (…) einen Araber zum Verein bringen würde. Er würde sich in Gefahr begeben. Und niemand hatte bisher den Mut, sich diesem Risiko auszusetzen."

    Im Dezember wagte sich tatsächlich ein arabischer Spieler vor. Muhammad Ghadir von Maccabi Haifa bot Beitar Jerusalem an, in die Dienste des Vereins zu wechseln. Aber Präsident Kornfein lehnte ab. Die Fans seien noch nicht so weit, sagte er im israelischen Radio. Dem ARD-Hörfunk gegenüber wollte sich Kornfein nicht äußern und schickte den Sprecher des Vereins-Eigentümers Gaydamak vor.

    "Erst müssen einmal die rassistischen Zwischenrufe aufhören. Das ist ein Thema, das ständig diskutiert wird. In dem Moment, in dem wir merken, dass der Boden auch wirklich dafür bereitet ist, das zu tun, dass der Schritt richtig und klug wäre – dann ist alles möglich, auch einen arabischen Spieler reinzubringen. Aber einen arabischen Spieler reinzubringen, nur um sagen zu können: 'Schaut her, wir haben einen Araber!' – und ihn dann scheitern zu sehen – daran haben wir wirklich kein Interesse."

    Die Vereinsführung versteckt sich hinter den Fans. Joav Borowitz von der Zeitung "Ha’aretz" macht dem Verein Vorwürfe.

    "Das ist eine Schande für uns. Das ist eine Schande für den Staat. Das ist eine Schande auch für die Medien, die über diesen Club berichten, so als ob es ein Club wie jeder andere wäre. Das ist er aber nicht. Das ist ein rassistischer Club, der der israelischen Demokratie ins Gesicht spuckt."

    Der Verein lässt sich von der angeblich so kleinen Gruppe rassistischer Fans seine Transfer-Politik vorschreiben. Vor ein paar Monaten schlug der Kapitän von Beitar den Wechsel eines arabischen Spielers zu Beitar vor. Daraufhin wurde er von den Fans boykottiert. Der Kapitän mußte sich bei den Fans entschuldigen. Sein Vorschlag tue ihm leid, sagte er in aller Öffentlichkeit.