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Puplikumsmesse SPIEL 2016
Digitales in Brettspielen

Auf der SPIEL 2016, der weltgrößten Publikumsmesse für analoge Spiele, präsentieren Hunderte von Ausstellern ihre Neuheiten. Zwischen Würfeln, Karten und Rollenspiel halten immer öfter auch digitale Elemente Einzug in die Brettspielwelt. Die helfen nicht nur beim Punkte zählen, wie Bernhard Löhlein, Sprecher des Vereins "Spiel des Jahres", im DLF berichtet.

Bernhard Löhlein im Gespräch mit Arndt Reuning | 13.10.2016
    Der Erfinder von "Catan", Klaus Teuber, sitzt beim Rekordversuch auf der Spiele-Messe mit am Tisch.
    Die letztjährige Spielemesse SPIEL'15 im Oktober 2015 (dpa/Roland Weihrauch)
    Arndt Reuning: Welche analogen Spiele mit digitalen Komponenten werden denn in diesem Jahr auf der Messe präsentiert?
    Bernhard Löhlein: Es gibt einige Spiele, die dieses System integrieren, zum Beispiel im Verlag Ravensburger wird wieder versucht, mit einer Smartphone-App das Spielgeschehen sozusagen zu beobachten, so dass dann jemand von außen - also nicht ein Spieler selber - sondern der Computer immer wieder die Informationen gibt. Sowas haben wir in ganz vielen Spielen auch in den letzten Jahren immer wieder gehabt: mal als App im Hintergrund oder auch systemimmanent als kleiner Computer, der in der Spielschachtel drin war.
    Reuning: Ist das denn ein typisches Beispiel: Eine App übernimmt die Rolle des Spielleiters und nimmt damit auch den Spielerinnen und Spielern einen Teil der Verwaltungsarbeit ab?
    Löhlein: Das ist genau der Sinn und Zweck dieser Geschichte. Verwaltungsarbeit: Man muss nicht dauernd nach den Punkten schauen - wie ist der aktuelle Spielstand. Und es ist dann auch die Möglichkeit gegeben nachzuprüfen: Stimmt denn auch alles, was wir so gemacht haben? Gerade bei kooperativen Spielen kann es ja mal sein, dass etwas verrutscht. Da kann dann die App oder der Computer noch einmal sagen: So oder so ist der Spielablauf. Ein Zweites ist aber auch ganz entscheidend: Der Computer oder die App geben Informationen, die sonst nur ein außenstehender Spielleiter aus einem Buch zum Beispiel weiß. So etwas kennt man von früher von den Rollenspielen. Und so sind alle Spieler mit integriert und können am Spielgeschehen teilnehmen und nicht ein Spielleiter der praktisch dann außen dabei sitzt und die anderen beobachtet.
    Reuning: Gibt es dafür auch ein aktuelles Beispiel auf der SPIEL?
    Löhlein: Auf der SPIEL selber hab ich jetzt noch keines entdeckt. Ich kenne aber noch XCOM - Das Brettspiel, das ist gerade erst erschienen. Da ist es, dass von außen, also dieses Mal wirklich von außen, aus dem Weltall, Bedrohungen kommen, die jedenfalls blitzschnell erledigt werden müssen. Und da ist es auch noch ein Zeitfaktor. Denn wenn man zulange braucht, um eine Entscheidung zu treffen, verliert man am Ende wichtige Punkte und Informationen.
    Aus zwei Zielgruppen eine große machenen
    Reuning: Wie ist denn aus Ihrer Sicht die Resonanz der Verlage oder das Bestreben der Verlage solche Hybridspiele aus analogen und digitalen Komponenten auf den Markt zu bringen?
    Löhlein: Das Bemühen bei den großen Verlagen ist auf jeden Fall da, denn man möchte versuchen aus zwei manchmal unterschiedlichen Zielgruppen eine große zu kreieren. Das gelingt nur zum Teil würde ich aus meiner Erfahrung sagen. Denn die Brettspieler, die akzeptieren zwar hin und wieder, dass so eine App dabei ist, aber sie wollen sich nicht total von der Elektronik sagen lassen, was geschieht. Dafür ist ein Brettspiel ein Brettspiel.
    Und ein Computerspieler genießt es, dass er alleine spielen kann, dass er jederzeit loslegen kann und nicht noch Mitspieler suchen muss um sein Computerspiel machen zu können. Außer im Internet, da ist der Mitspieler natürlich virtuell.
    Und so sind das eigentlich zwei verschiedene Welten. Manchmal klappt so eine Mischung im Kinderspielbereich erstaunlicherweise sogar viel besser als im Erwachsenenbereich.
    Im Kinderspielbereich funktionieren Hybridspiele besser
    Reuning: Ja, zum Beispiel wo?
    Löhlein: Ich kann da zwei Spiele empfehlen, die selber auch zum Kinderspiel des Jahres gewählt wurden: Wär war's? und Schnappt Hubi! Beides ist schon ein paar Jährchen her aber da ist es so, dass der Computer Tierstimmen imitiert, also die Kinder auch noch animiert, irgendwo hinzugehen, da ist der Memory-Effekt dabei und da entsteht auf dem Spielfeld etwas, was am Anfang nicht sichtbar war. Und die Kinder sind da noch viel mehr hineingesogen. Vielleicht liegt das auch daran, dass damit die Erfahrungswelt der Kinder besser angesprochen wird, die generell natürlich schon viel früher mit digitaler Technik groß werden.
    Reuning: Wie sehen Sie das: Welche Voraussetzungen müssen denn erfüllt sein, damit die Synthese aus beiden Welten, aus analogem und digitalem Spiel, gelingt?
    Löhlein: Ganz wichtig scheint für mich die Stärke einer jeweiligen Komponente hervorzuheben: Das Brettspiel lebt davon, dass Mitspieler dabei sind die digitale Welt lebt davon, dass sie etwas vorspielt, in Anführungszeichen, was sich so nicht herstellen lässt, auch von der Grafik her, von der Anmutung her. Von der Musik, vielleicht von der Atmosphäre, die so ein momentanes Spiel macht.
    Wenn man das versucht zu integrieren. Also so ein Spiel, wo ich auch durch Bilder, wo ich in Szenerien hineingesogen werde, in eine Spielwelt, aber gleichzeitig auch noch meine Mitspieler brauche, um das Spielgefühl vollkommen genießen zu können. Das wäre eine tolle Symbiose. Das ist allerdings schwierig, gebe ich zu. Denn wenn ein digitales Element nur ein Effekt ist, damit es besser blinkt und glitzert und einfach nur ein Halligalli-Effekt ist, das hat noch nie so richtig funktioniert, das ermüdet auch mit der Zeit.
    Dieses Jahr wenig Hybridspiele nominiert oder empfohlen
    Reuning: Wenn man sich einfach mal die Nominierten und auch die Spiele auf der Empfehlungsliste anschaut, zum Spiel des Jahres, sehr viele Beispiele für solche Hybridspiele sind da gar nicht dabei, oder?
    Löhlein: In diesem Jahr nicht, das ist richtig. Das liegt aber nicht daran, dass wir Puristen wären, dass man sagt, da darf keine digitale Technik dabei sein, ansonsten taugt das Spiel nichts. Nein, das hängt schon mit dem Spielwert an sich zusammen, mit den Spielerfahrungen, die wir machen. Da wird jedes einzelne Spiel bewertet und gewertet. Und wenn wir die Erfahrung machen, dass ein Hybridspiel, wie Sie sagen, ein Spiel mit einer App, hundertprozentig funktioniert, dann kann es durchaus empfohlen oder nominiert werden, dagegen spricht gar nichts.
    Es hapert manchmal auch an der perfekten Umsetzung, gerade bei den Smartphone-Spielen gibt es immer wieder Aussetzer, da hängt sich mal was auf und dann ist man natürlich unzufrieden, wenn so etwas passiert und dann mag man natürlich diese Form von Spielen nicht weiter ausprobieren.