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Puppenbauer Norbert Schneider
Ein Facelift für Sandmännchens Freunde

Die Kinderserie „Sandmännchen“, eine der wenigen Überlebenden des DDR-Fernsehens, wird sechzig. Zum Geburtstag gibt es für drei von Sandmännchens Freunden eine Verjüngungskur - vom Puppenbauer Norbert Schneider nahe Münster.

Von Annette Eversberg | 01.11.2019
Wenn das Sandmännchen am Abend auf den Fernsehschirmen erscheint, dann kommt es nicht allein. Es bringt immer seine Freunde mit.
"Hei, wenn der Wind so weiter schiebt, ist Pitti morgen Abend schon wieder zurück. Moppi, willst du berühmt werden? Wuff. Berühmt, immer. Aber wie? Ei, Schnattchen, Du kommst gerade richtig."
Pittiplatsch ist ein kleiner lustiger, brauner Kobold, Moppi ein wuffiger Hund und Schnatterinchen eine kleine, gelbe Ente. Alle drei haben ihren ganz eigenen Charakter. Aber allen ist gemeinsam: Es sind Figuren. Sie werden von Puppenspielern geführt. Auf einer Bühne für das Fernsehen des RBB, des MDR und des Kinderkanals.
Der Mann hinter den Figuren ist aber nicht nur der Puppenspieler. Es ist auch der Figurenschneider. In Sassenberg im Münsterland hat Norman Schneider sein Atelier.
Figurenschneider und Puppenspieler - die Menschen hinter dem Sandmännchen
Über die Treppe geht es hoch ins helle Dachgeschoss. Hinten an der Wand des Spitzbodens der Schneidetisch. Dahinter Pinsel, Farbkästen, Nähgarn, viele Knöpfe und Broschen. Denn hier werden Figuren vor allem aus Stoff geschneidert.
Gleich beim Eintritt grüßen der zottelige Hase, der große bunte Zwerg mit dem freundlichen Gesicht, die kleinen Figuren mit den bunten Gewändern und ein trauriger, schwarz und grau gewandeter Vampir, verziert mit Totenköpfen. Was ein menschlicher Schauspieler mit wenigen Gesten zum Ausdruck bringen kann, dass muss hier mit starken Farben, großen Augen, überzeichneten Augenbrauen und einem knallroten Mund sorgsam nachgeahmt werden. Tanja:
"Norman, sag mal, soll ich den Arm oben annähen? Erst den Unterbau und dann die äußere Haut. Richtig, genau…"
Im Atelier arbeiten Norman Schneider und seine Mitarbeiter an unterschiedlichen Figuren. Seine aktuelle Figur ist ein Koala-Bär.
"Da haben wir die Koala-Zeichnung. Das ist jetzt so praktisch meine Vorgabe, die ich jetzt so einhalten muss. Das ist einmal der Körper, der Kopf liegt dort hinten schon."
Figuren aus Stoff für Bühne und Comedy
Puppenbühnen, Fernsehsender, Comedians oder Sänger, die mit Puppen auftreten, sind die Auftraggeber von Norman Schneider. Puppen haben Konjunktur. Wenn sich der Figurenschneider ans Werk macht, dann wissen er und seine Mitarbeiter, dass es 120 Stunden und mehr dauern kann. Entsprechend kostet so eine Figur je nach Aufwand mehrere Tausend Euro.
Bei den Sandmännchen-Figuren, haben die Arbeiten im Schnitt bis zu 200 Stunden gedauert. Denn Norman Schneider musste sie noch einmal neu erstehen zu lassen, ohne sie allzu sehr zu verändern. Aber angepasst an die heutige Zeit. Moderner also. Für neue Folgen des Sandmännchens und seiner Freunde.
"Bei Pittiplatsch war es jetzt erst einmal so, dass wir praktisch von der alten Figur erst mal Fotos machen mussten, um zu gucken, wie sieht die denn wirklich aus. Von der Vorderperspektive, Seitenperspektive. Und dann habe ich mich an den Zeichentisch gesetzt und habe den Pitti dann praktisch noch einmal neu zu Papier gebracht."
Das Ziel: viel Leben für die Puppe
Der Figurenschneider, selber Puppenspieler, denkt dabei immer an die, für die er arbeitet: Die Kollegen auf der Bühne oder im Fernsehen. Deshalb sollten Pitti und seine Freunde vor allem eines sein: lebendig.
Nach dem Zeichnen geht es ans Schnitzen von Schaumstoff für einen weichen kuscheligen Körper. Einer der Lieblingsstoffe von Norman Schneider und seinen Mitarbeitern ist Frottee, wie bei Pitti. Auch, weil sich der Stoff leicht bemalen lässt.
"Ach, jetzt hier zum Beispiel bei diesem Auge, kann man unglaublich wunderschön hier Schattierungen reinsetzen, indem man einfach so eine Stoffmalfarbe benutzt und da immer wieder ganz, ganz vorsichtig draufsetzt. Man muss da wirklich sehr, sehr vorsichtig und behutsam rangehen. Weil es wäre nichts ärgerlicher, als wenn die Figur fertig ist – sie wird zum Schluss leider erst bemalt. Und wenn man es dann in den Sand setzt, muss man die Figur praktisch neu beginnen."
Auch Puppen kommen in die Jahre
Die kleine gelbe Ente Schnatterinchen, liebevoll Schnattchen genannt, hat im Atelier des Figurenbauers ebenfalls ein neues Outfit bekommen. Ohne den früheren Charakter zu verändern.
"Da war es zum Beispiel allerdings sehr schwer, eine geeignetes - in dem Sinne - Fell oder Oberfläche zu finden, die so ein bisschen strukturiert ist, aber gleichzeitig auch wie Federn wirkt."
"Ha, ha,ha, ha. Moppi. Ihr habt doch gesagt, ich darf Euch erschrecken. Ha,ha."
Aus der Sammlung einiger Stoffe im Regal greift Norman Schneider einen ganz besonderen heraus: Bouclé. Was eher an grausig anmutende Kissen oder Polster erinnert, ist für den Figurenschneider von großem Wert. Denn wichtig ist ja, dass auch Moppi, der Hund mit seinem großen roten Maul und der rosa Zunge, nicht nur sprachgewaltig, sondern auch kameratauglich ist.
"Beim Moppi war es auch nicht ganz einfach. Und diese Rundungen jetzt hier, die man in dem Bouclé wunderbar sieht, oder dieses auch ein bisschen auch das Ausgefranste, oder so ein bisschen Gelebte. - Das gefiel mir unglaublich gut und ich dachte, das passt wunderbar zu Moppi."
Die Puppenspieler, die im Studio 13 neue Folgen drehen, sind zufrieden.
"Ich glaube, die Puppen haben sich schon ein bisschen verändert. Der Pitti hat jetzt die meisten Veränderungen durchgemacht. Er hat eine neue Oberfläche bekommen. Schatterinchen: Und der kann jetzt auch seinen Mund bewegen. Kannst’e glauben. Nack,nack."
Das Sandmännchen und seine Freunde sind nun 60 Jahre alt. Für die Zukunft sind sie jedenfalls professionell gerüstet. Dafür hat der Figurenschneider aus Sassenberg gesorgt. Ab dem 26. November jeweils um 18.50 Uhr werden sich auch die kleinen Zuschauer auf RBB, MDR und dem Kinderkanal über die neuen lebendigeren Figuren freuen können.