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Puppenkabarett trifft auf A-capella-Gesänge

Blauwale, die schuld am hohen Meerespiegel sind, Migranten mit einem Hang zur ausgeprägten Inländerfreundlichkeit und eine Echse, die Puppentheater verabscheut - das sind die Stars des diesjährigen "Prix Pantheon". Zu sehen sind die Bühnenvirtuosen noch bis Donnerstagabend in Bonn.

Von Achim Hahn | 24.04.2012
    Christine Prayon: "Ich lese aus dem Zyklus 'Männer sind primitiv, aber glücklich' von Mario Barth."

    Sie hat die hohen Weihen der Kleinkunst bereits bekommen.

    Volker Pispers: "Meine Damen und Herren, der Förderpreis der Stadt Mainz zum Deutschen Kleinkunstpreis 2012 geht an Christine Prayon."

    Jetzt nimmt sie auch am Wettbewerb um den Prix Pantheon teil. Nominiert von einer Jury, die in ihrer wechselnden Zusammensetzung immer schon eine gute Nase für neue Talente hatte.

    Prayon: "Pass auf! Pass auf! Pass auf! Das ist so geil, echt, Boa Ey, Hammer!"

    An drei Tagen treffen sie aufeinander - und auch in diesem Prix-Pantheon-Jahr sind wieder vielversprechende Newcomer im Spiel, wie der in Bielefeld geborene Marokkaner Abdelkarim. Er hat sich in der Comedyszene schon einen guten Namen gemacht. Denn er setzt - wie auch sein Wettbewerbskollege Özgur Cebe - auf den Clash der Kulturen im deutschen Alltag. Pointendichte Stand-Up-Geschichten inklusive.

    Abdelkarim: "Ein sehr schönes Integrationserlebnis hatte ich vor einigen Monaten im Supermarkt. Ich stand an der Kasse, ganz lange Schlange, hinter mir ein älterer Herr. Ich wollte nett sein, zeigen, dass ich den Gesellschaftsteilnehmerschein habe, - war 'n Deutscher: 'Ach wissen Sie, Sie können ruhig vor!' – Was sagt der? 'Nein Danke, ich hätte Dich lieber im Blick'."

    Viele der teilnehmenden Künstler haben sich bereits in Wettbewerben erfolgreich behauptet. Stefan Waghubinger zum Beispiel, ein Österreicher, den es in die süddeutsche Bahnhofsprotesthauptstadt verschlagen hat.

    Stefan Waghubinger: "Da muss sich vielleicht Greenpeace auch etwas einfallen lassen. Nicht immer nur demonstrieren, sondern mal – ich hätte schon eine Idee - wegen dem Meeresspiegel: Ich habe mir gedacht, dass man die Blauwale alle rausfischt. Also ich meine, wenn ein dicker Mensch aus der Badewanne steigt, dann sinkt ja auch der Wasserspiegel. Ich weiß nicht, wie sie das sehen, aber wenn die Natur hier mit uns leben will, dann muss die sich halt auch anpassen."

    Die meisten der diesmal teilnehmenden Comedians konnten bereits erste Erfahrungen in den einschlägigen Fernsehformaten sammeln; und manchmal agieren sie auch als Schauspieler - wie Sia Korthaus oder auch Lisa Feller, die man nicht nur aus der Schillerstraße kennt, sondern als Mutter auch vom Spielplatz:

    Lisa Feller: "Und ehrlich gesagt stehe ich hier heute nur auf der Bühne, um mal 'n paar Minuten ganz für mich alleine zu haben. Boa – den ganzen Tag dat Geknatsche, dat Gezeter, Sabber wegwischen, oooh! Und dabei spreche ich nur von meinem Mann."

    Das Zusammenprallen von Paralleluniversen scheint die komische Ursuppe zu sein, aus der die meisten teilnehmenden Künstler dieses Wettbewerbs ihre Programme entwickeln. Es geht - so weit nichts Neues - viel um Paarbeziehungen - und die Folgen. Es geht um die Vorurteile dem anderen gegenüber - sei er Ausländer oder eben nur mit einem anderen genetischen Code bestückt, oder als Echse mit der Welterfahrung aus über 2000 Jahren geschlagen:

    Michael Hatzius: "Also ich bin die Echse!"

    Und Michael Hatzius' Hand steckt in dem Echsenkostüm, denn sein Konzept besteht aus einem anachronistisch-komischen Puppenkabarett. Und das ist ja nicht zuletzt durch den Erfolg von René Marik beim Prix Pantheon in den letzten Jahren immer beliebter geworden

    Hatzius: "Ich selber – und da bin ich auch ganz ehrlich – und Fernsehen hin oder her, wir sollten ehrlich sein – ich lehne Puppentheater ab! Na ja. Man steckt nicht drin."

    Auch in diesem Wettbewerb wird eines deutlich: Die Grenzen zwischen den verschiedenen komischen Genres werden immer fließender. Herr Niels zum Beispiel setzt ganz und gar auf die komische Kraft seiner Pantomime und erinnert zudem optisch sehr an Karl Valentin. Oder Timo Wopp. Er kreiert eine Figur, die als Coach selbstherrlich für alles eine provozierende Lösung parat zu haben scheint und jongliert zum Schluss seines wahnwitzigen Kabaretts mit Mehrwert auch noch virtuos mit Bällen und Perspektiven.

    Timo Wopp: "Das heißt Ihr müsst die Dinge auch wieder selbst in die Hand nehmen! Denkt immer dran: Wenn Ihr Euch selbst nicht googelt, dann tut es auch kein anderer!"

    Poppige A-capella-Gesänge mit schrägen Texten von Maybebob, das gitarredominierte, skurrile Musikkabarett von El Mago Masin sowie die sogenannten Mutmachlieder von Jens Heinrich Claassen runden die sonst eher wortlastigen Auftritte an jedem der drei Wettbewerbstage ab. Den neuen Georg Schramm oder Volker Pispers sucht man in dieser Wettbewerber-Generation allerdings eher vergeblich. Politisches Kabarett hat kaum Konjunktur. Der Witz steht im Vordergrund, die eigene private Lebenswelt vor der vermeintlichen Botschaft. Aber gut unterhalten zu werden, ist ja nicht das Schlechteste.

    Prayon: "Das ist so geil, echt, Boah Ey, Hammer! Nee echt, kein Witz, eine wahre Geschichte, pass auf! Pass auf! Pass auf!"

    Weitere Informationen zum Prix Pantheon 2012

    Veranstaltungstermine:

    24.04. - 26.4. Wettkampftage (bereits ausverkauft)

    Wer noch Interesse an Karten für diese bereits ausverkauften Prix Pantheon Wettkampftage hat, kann sich gerne im Pantheon Büro unter 0228 - 212521 melden und wird auf einer speziellen Warteliste notiert.

    Die Preisbekanntgabe des Publikumspreises "Beklatscht und gevotet" erfolgt in Anwesenheit des Sonderpreisträgers Konstantin Wecker und vieler weiterer Bühnengäste u.a. Hagen Rether, Rainald Grebe Eckart von Hirschhausen am 19. und 20.6.2011 bei der großen Prix Pantheon Gala in der Bonner Oper.
    Plakat Prix Pantheon 2012
    Plakat Prix Pantheon 2012 (Prix Pantheon)