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Puppentheater auf neumodisch

Ursprünglich ein Puppentheater, 1974 verfilmt, hat der Dänische Rundfunk eine alte Weihnachtsserie in die heutige Zeit geholt. Aus "Jullerup" ist nun "Yallahrup" geworden - und aus Anton ist Ali entstanden. Die Satire über Zuwanderer ist hefitig umstritten, die Autoren aber sehen darin kein Problem.

Von Marc-Christoph Wagner |
    Anton mit seinen ewig kaputten Hosen - in Dänemark kennt ihn jedes Kind. Die Weihnachtsserie aus dem fiktiven Jullerup ist ein Fernsehklassiker. 1974 wurde das verfilmte Puppentheater erstmals gezeigt.

    Die Zeiten haben sich geändert. Aus dem gemütlichen Jullerup wurde nun die Betonvorstadt Yallahrup, aus Anton Ali, dessen sehnlichster Wunsch es ist, ein richtig harter Gangster zu werden.

    Und die Klischees - sie werden kräftig bedient. Neben dem zwölfjährigen Ali in weißer Street-Kleidung und mit derber Sprache findet sich sein Freund Hassan mit zusammengewachsenen Augenbrauen, neben Louise und den bandenkriegerischen Crazygirls der Rocker und Drogendealer Dennis - Alis großes Vorbild. Ein Kaleidoskop der problembelasteten Vorstadt, die anno 2007 von mehr oder weniger integrationsresistenten Zuwandererfamilien beherrscht wird. Ein Tabubruch, meinen die einen. Alles anders als das, der verantwortliche Redakteur der Serie beim Dänischen Rundfunk, Peter Gren Larsen:
    "In einer anderen Serie haben wir ein lesbisches Paar auf die Schippe genommen, davor zwei Schwule, es gab einen drogenabhängigen Radrennstall und wir haben einen sozial schwachen Bezirk Kopenhagens karikiert. Jetzt nehmen wir Ali und Hassen satirisch unter die Lupe, und ich sehe darin kein Problem."

    Das aber tun andere. Zum Beispiel der Grundschullehrer Kashif Ahmad, der just in einem dieser problembelasteten Bezirke Kopenhagens arbeitet und bei dessen Schülern die Serie längst Kultstatus erreicht hat:

    "Als Erwachsener kann ich natürlich lachen, als Lehrer aber sehe ich jede Menge Diskrimination sowie eine Sprache, die einen sehr negativen Effekt auf meine Schüler hat."

    Es sind Szenen wie diese, die Kashif Ahmad kritisiert. Der 29-jährige Abu Babu verherrlicht Osama bin Laden und versucht Jugendliche, für Selbstmordattentate zu rekrutieren. Lehrer Kashif Ahmad vergeht da das Lachen:
    "Meine Schüler imitieren sofort, was sie sehen. Und natürlich glauben sie, dass das alles die Realität spiegelt, dass alle Alis und Hassans in Gettos wohnen und potenzielle Terroristen sind. Das stellt uns Lehrer vor enorme Herausforderungen."

    Peter Gren Larsen hingegen verteidigt das Konzept der Serie. Sprache und Umgangsformen habe man nicht erfunden, sondern karikiere allein die Realität:
    "Es ist Satire, es sind Puppen, es sind Stereotypen. Ich denke, keiner der Zuschauer nimmt diese Serie für bare Münze. Unsere Zuschauer, und dazu zähle ich auch die Jugendlichen, sind intelligent genug, um das zu verstehen. Es ist Satire und jeder kann unterscheiden zwischen Wirklichkeit und Fiktion."

    Hinter Ali selbst steht Özlem Saglanmak, eine junge türkischstämmige Schauspielerin, sie hat ihm ihre Stimme verliehen. Auch Saglanmak ist in einer Vorstadt groß geworden. Und just aus dieser Zeit erkennt sie viele Szenen wieder. Anstößig findet sie das Ganze nicht:

    "Alle Figuren sind liebevoll dargestellt, niemand wird dämonisiert. Natürlich hält die Serie unserer Gesellschaft den Spiegel vor die Nase, aber gerade darin liegt ihr Reiz."