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Puppenzauber in Salzburg

Das Puppentheaterstück "Mädchen aus der Feenwelt" erzeugt zwar einen gewissen Zauber, bleibt aber bei den Salzburger Festspielen weit unter Niveau.

Von Sven Ricklefs | 08.08.2012
    Da steht er nett lächelnd, wie er immer nett lächelt, halb in der Tür: Alexander Pereira, der neue Intendant der Salzburger Festspiele, das Foto ziert das Titelblatt von Österreichs Theater und Kulturmagazin mit dem Titel "Bühne" das einem allabendlich von freundlicher Jugend an den Pforten der Festspiele in die Hand gedrückt wird. Und unter dem Foto steht: "Alexander Pereira. Im Kampf für seine Visionen". Nur fragt man sich langsam, nach vier Opern und vier Schauspielpremieren der diesjährigen Salzburger Festspielsaison, was sind das für Visionen, die Alexander Pereira da hat und mit ihm sein Schauspieldirektor Sven Eric Bechtholf, oder: Sind diese Visionen einfach nur Wohllaut und Wohlgefühl, and: that's it? Ferdinand Raimunds "Das Mädchen aus der Feenwelt oder Der Bauer als Millionär" hilft einem da auch nicht viel weiter. Oder: bestärkt einem noch in dem Verdacht.

    "Es freut mich, meine werten Gäste, wenn Sie sich gut unterhalten haben, darf ich Ihnen meinen geliebten Vetter vorstellen: Magier aus dem Schwabenländle."

    Das ist schon ein starkes Stück, ein starkes Stück Biedermeier dieses "romantische Original-Zaubermärchen mit Gesang" wie Ferdinand Raimund es nannte, um sein Mädchen aus der Feenwelt ganz bewusst gegen das parodistisch-aufmüpfige Wiener Volkstheater abzusetzen. Wenn eine Fee ihre Tochter beim armen Waldbauern aussetzt, damit dieser sie großzieht, um sie dann wieder arm zu verheiraten, wenn das alles schließlich auch so geschieht, weil die Zufriedenheit letztlich allegorisch über den Hass gesiegt hat, und wenn das alles über den Wolken zum Machterhalt diente, während auf der armen Erde die Bescheidenheit regieren soll, dann ist das ziemlich moralinsauer und reaktionär und gehört eigentlich in die Mottenkiste und nicht auf die Bühne. Dass er das anders sieht, hat Salzburgs neuer Schauspielchef Sven Eric Bechtholf mit der Einladung an Thalias Kompagnons und damit an die Nürnberger Joachim Torbahn und Tristan Vogt klargemacht, eben gerade dieses Stück auf ihre Puppentheater Art auf die Bühne zu bringen. Und er wird wohl gewusst haben, dass er sich da niemanden einlädt, der dem Stück wirklich auf den Zahn fühlen würde. Nein, die Geschichte wird von Thalias Kompagnons im Heissa-Bummbeissa-Kasperle-Stil nacherzählt, allerdings dankenswerterweise auf 90 Minuten gekürzt. Dafür immerhin sind Torbahn und Vogt einigermaßen ausgefuchste Puppenspieler, die mit ihrem Märchen kurzfristig sogar einen gewissen Zauber erzeugen können.

    "Hör Du verdammter Neid, nimm Dein Geld, ich will’s nimmer haben. Ich will lieber wieder arm sein und gesund."

    Während links auf der Bühne zwei Musiker sitzen, die mit Schlagwerk und Flügel den lautmalerischen Sound liefern, entstehen rechts am Trickfilmtisch jene Szenen, die dann auf die in der Bühnenmitte hängende Leinwand projiziert werden. Dabei hängt eine Videokamera über den mit den Bühnenbildern bemalten Glasplatten, über denen die Spieler in der Horizontalen die Puppen tanzen lassen. Andere Szenen spielen dann vor der Leinwand, dann treten die Spieler mit ihren Puppen auf der Hand selbst auf und schlüpfen auch zugleich selbst in die jeweilige Rolle, was einen eigentümlichen Reiz ergibt.

    "Lotte, lebe wohl. Du siehst mich reich oder nie wieder.
    Nein!
    Ja!
    Nein!
    Ja!"

    Am Schluss war der arme Fischer Karl Schilf kurzfristig reich, um sich dann doch für sein Lottchen und damit für die Armut zu entscheiden, brav kann man da nur sagen, brav, in der Thalias Kompagnons zaubert die Schwiegermutter-Fee dem glücklichen Paar mit den traurigen Puppengesichtern immerhin wenigstens ein Fisch Im- und Export Geschäft in die arme Hütte und lässt Fischli-Kekse auf die Pappmaschee-Deko regnen. Da lacht man wohl drüber im neuen Salzburg und merkt nicht, dass das ziemlich unter Niveau ist.