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Putenmastskandal schwächt Niedersachsens Landwirtschaftsministerin

Der Start der erst vor einem Vierteljahr angetretenen niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen wird von einem schweren Vorwurf überschattet: Laut Recherchen des ARD-Magazins Report mit Filmmaterial der Tierschutzorganisation PETA soll die Pustenmast-Firma ihres Mannes in Tierquälereien verwickelt sein.

Von Susanne Schrammar |
    Der Vorwurf der Opposition im niedersächsischen Landtag lautet: Astrid Grotelüschen soll ihren Mann bereits drei Tage vor dem Fernsehbericht zum Putenmastskandal über die darin erhobenen Vorwürfe informiert haben. Seine Firma habe daraufhin drei vorformulierte eidesstattliche Erklärungen an die verdächtigten Putenmäster in Mecklenburg-Vorpommern gefaxt. Auf die habe sich die niedersächsische Landwirtschaftsministerin später berufen, heißt es. Ein Schreiben habe sogar die persönliche Faxnummer der Ministerin getragen. Stefan Wenzel von den Grünen wirft Grotelüschen vor, private Geschäftsinteressen mit ihrem Amt verbunden zu haben. Damit sei sie als Ministerin untragbar.

    "Wenn Sie einfach nur die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern informiert hätten, dann hätte der Betrieb ihres Mannes niemals Kenntnis von diesen Vorgängen erhalten können, auch nicht von den Details. Sie sind im Zweifel auch im Familienkreis zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie verschleiern offenbar die wahren Besitzverhältnisse und die wahren Abhängigkeiten zwischen diesen unterschiedlichen Betrieben in diesem Putennetzwerk."

    Den beiden Putenmastbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern werden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen. Sie bilden mit der Firma des Mannes von Astrid Grotelüschen eine Erzeugergemeinschaft und werden ausschließlich von ihm mit Putenküken beliefert. Die betroffenen Landwirte, die die Tierrechtsorganisation PETA mit Filmaufnahmen überführt haben will, streiten die Vorwürfe ab. Und die niedersächsische Agrarministerin, die früher Geschäftsführerin im Familienbetrieb war, weist jede Verbindung von sich.

    "Ich bin vor meiner Ernennung als Ministerin aus dieser Putenmastbrüterei, nämlich am 31.1.2010, ausgeschieden und die in der Kritik stehenden Ställe stehen in Mecklenburg-Vorpommern. Ich bin nicht für Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Eine moralische oder auch eine juristische Verantwortung meiner Person zu konstruieren, ist nicht tragfähig."

    Stattdessen, so die Ministerin, müsse man das Augenmerk auch auf die Tierrechtsorganisation selbst richten. Nach deren Angaben seien einige Aufnahmen der angeblichen Verstöße gegen den Tierschutz bereits im April aufgenommen worden. Warum hatte PETA sich nicht bereits früher an Behörden und Polizei gewandt, fragte die Ministerin.

    Von der SPD musste sich Grotelüschen anhören, sie habe den Rollenwechsel von der Unternehmerin in einem landwirtschaftlichen Mastbetrieb hin zu einer Ministerin, die auch für den Tierschutz verantwortlich sei, nicht geschafft. Als oberste Verbraucherschützerin dürfe sie nicht herumeiern, sagte Andrea Schröder-Ehlers, agrarpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag.

    "Es muss um die Verantwortung für das Lebewesen und um die Verantwortung für das Lebensmittel gehen. Es muss gewährleistet sein, dass es unabhängige Kontrollen und klare Sanktionen gibt. Kontrolleure müssen glaubwürdig sein bis in die Chefetage hinein. Und Sie sind befangen. Sie sind in der neuen Aufgabe noch nicht angekommen, Ihnen fehlt die Distanz."

    Die Fraktion "Die Linke" im niedersächsischen Landtag forderte gestern erneut den Rücktritt der Landwirtschaftsministerin, gegen die PETA Anzeige erstattet hat. Allerdings soll die Tierschutzorganisation nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft die angeblichen Beweisaufnahmen noch immer nicht zur Verfügung gestellt haben.

    Die Debatte um Tierschutz und Massentierhaltung wird in Niedersachsen immer heftiger. Grotelüschen habe inzwischen sogar eine schriftliche anonyme Morddrohung erhalten, erklärte Karl-Heinrich Langspecht von der CDU und bezeichnete die Drohungen als "unsägliche Höhepunkt einer beispiellosen Kampagne". Obgleich auch in den Reihen der schwarz-gelben Regierungskoalition kritische Stimmen gegenüber Grotelüschen lauter werden, zeigen sich die Fraktionen von CDU und FDP im Landtag solidarisch. Karl-Heinrich Langspecht.

    "Es gibt keinen Anlass, an den Darstellungen der Ministerin zu zweifeln. Wir stehen vor und hinter unserer Landwirtschaftsministerin. Sie macht einen guten Job. Vielen Dank."