"Die erste Liebe ist immer die stärkste", sinniert gedankenverloren die hübsche Lada-Fahrerin im spärlichen Straßenverkehr des spätsowjetischen Leningrad. - "Mama", fragt sie ihre halbwüchsige Tochter auf dem Rücksitz, "aber Papa würdest du nicht für eine irgendeine erste Liebe verlassen, oder?" - "Papa", so die feierliche Antwort, "ist meine erste Liebe!"
Kitsch und Schmalz, als DVD zum Verkauf clever platziert zum Valentinstag, ein verfilmter russischer Lore-Roman? Nicht weiter der Rede wert, spielte die schmachtende Hauptdarstellerin hier nicht die fiktive spätere Ehefrau eines ebenso fiktiven russischen Staatspräsidenten namens Aleksandr Aleksandrovic Platov. Dies ist die einzige richtige Verfremdung. Vom Filmplakat bis zum Drehbuch erinnert sonst alles an das reale Präsidentenpaar Ljudmila und Vladimir Putin und - soweit bekannt - an Stationen ihrer Biographien. Auch wenn Drehbuch-Autor und Producer Anatolij Voropajev, ein stämmiger Mittvierziger und ehemaliger Vize-Gouverneur in Süd- und Zentralrussland, dies vehement abstreitet. Aber klar, was den Präsidenten angeht, natürlich habe er da seine Meinung:
"Wir, meine Generation, leben in einer Epoche mit einem vernünftigen Führer an der Staatspitze. Er stellt Aufgaben und verwirklicht sie. Für ihn müssen wir uns nicht schämen. Er hat uns den Stolz auf unser Land zurückgegeben. Daran kann ich ehrlich gesagt nicht Schlechtes finden. - Das Drehbuch und den Film haben wir so angelegt, wie wir uns solch einen Führer vorstellen. Ja, da mag es viele Analogien geben - aber das ist ein Spielfilm, da ist vieles künstlerisch-fiktiv!"
Das kleine Häuflein junger Leute, das sich in das Dunkel des Kinosaal im Zentrum Moskaus, unweit des Verteidigungsministeriums, geschlichen hat, ist dezidiert anderer Auffassung: "Putin ist der Henker der Freiheit, wir brauchen ein anderes Russland", rufen sie und lassen von der Galerie Flugblätter in den Saal regnen. Das Publikum reagiert zunächst verblüfft, dann gibt es Gelächter, vereinzelt Beifall. Die jungen Störer werden abgeführt. Später wird bekannt: Sie müssen wegen öffentlichen Kritik am Präsidenten als Extremisten mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen. - Doch als habe die Gattin von Präsident Putin, pardon: Platov, auf solch ein Stichwort nur gewartet, weist sie - inzwischen schon ganz russische First Lady - drehbuchgemäß bei einer fiktiven Pressekonferenz in Berlin in der Pose der empörten Patriotin einen vorwitzigen russischen Reporter zurecht, der wohl offenbar für einen westlichen Sender arbeitet und die Meinungs- und Pressefreiheit in Russland anzweifelt:
"Diese Frage meines Landsmannes wundert mich! Er liest doch unsere Zeitungen, hört und sieht die Programme unserer Sender. Sie sind nicht 'abhängiger' als die im Westen. Die Freiheit des Wortes, die hat das neue Russland als Erstes und Wichtigstes erkämpft. Und dabei bleibt es auch!"
Offene Heiterkeit im Saal. Ironischer Applaus. - Auf der Leinwand ungerührtes Kontrastprogramm. Denn jetzt folgt der innige Kuss des Präsidenten, der seine tapfere, schlagfertige Frau gerührt bei ihrem Auftritt beobachtet hat. Die Weltpresse im Berliner Kongress-Zentrum schmilzt dahin. Blitzlichtgewitter. Stehender Beifall. Halb lächelnd, halb verlegen winkt Präsident Platov ab:
"Dieser Kuss ist nicht für die Presse", ruft Platov. In Mimik, Gestik und Erscheinung ginge er glatt als Putins Doppelgänger durch. Eine Sequenz, die dem Streifen übrigens ihren Titel gegeben hat. Ein menschelnder Präsident - das ist die Botschaft. Aus dem Kreml selbst gibt es bislang keinen Kommentar. Prominenz war Mangelware jüngst bei der Uraufführung. Dass der Film nur auf DVD zu haben sein wird und gar nicht erst in die Kinos des Landes findet, scheint ein weiter Hinweis darauf zu sein, dass manche Kreml-Gewaltigen vorsorglich die Handbremse gezogen haben.
Bleich und bemüht lächelnd verließ die Hauptdarstellerin Daria Michajlova die Pressekonferenz. Producer und Autor Voropajev bekam zum Schluss Drastisches zu hören:
"Von Reklame verstehen Sie was. Ich gratuliere. Aber was Sie sich da angeblich an Kunst geleistet haben, das läßt sich mit anständigen Worten nicht mehr wiedergeben. - Fürs einfache Volk soll das sein? Na, ja vielleicht findet sich das eine oder andere Großmütterchen Motja, aus dem Gebiet Tula oder Stavropol, wo Sie ja wohl Polit-Reklame gemacht haben, die sich das gerührt schluchzend angucken wird. Aber für alle anderen ist das einfach nur lächerlich!"
Kitsch und Schmalz, als DVD zum Verkauf clever platziert zum Valentinstag, ein verfilmter russischer Lore-Roman? Nicht weiter der Rede wert, spielte die schmachtende Hauptdarstellerin hier nicht die fiktive spätere Ehefrau eines ebenso fiktiven russischen Staatspräsidenten namens Aleksandr Aleksandrovic Platov. Dies ist die einzige richtige Verfremdung. Vom Filmplakat bis zum Drehbuch erinnert sonst alles an das reale Präsidentenpaar Ljudmila und Vladimir Putin und - soweit bekannt - an Stationen ihrer Biographien. Auch wenn Drehbuch-Autor und Producer Anatolij Voropajev, ein stämmiger Mittvierziger und ehemaliger Vize-Gouverneur in Süd- und Zentralrussland, dies vehement abstreitet. Aber klar, was den Präsidenten angeht, natürlich habe er da seine Meinung:
"Wir, meine Generation, leben in einer Epoche mit einem vernünftigen Führer an der Staatspitze. Er stellt Aufgaben und verwirklicht sie. Für ihn müssen wir uns nicht schämen. Er hat uns den Stolz auf unser Land zurückgegeben. Daran kann ich ehrlich gesagt nicht Schlechtes finden. - Das Drehbuch und den Film haben wir so angelegt, wie wir uns solch einen Führer vorstellen. Ja, da mag es viele Analogien geben - aber das ist ein Spielfilm, da ist vieles künstlerisch-fiktiv!"
Das kleine Häuflein junger Leute, das sich in das Dunkel des Kinosaal im Zentrum Moskaus, unweit des Verteidigungsministeriums, geschlichen hat, ist dezidiert anderer Auffassung: "Putin ist der Henker der Freiheit, wir brauchen ein anderes Russland", rufen sie und lassen von der Galerie Flugblätter in den Saal regnen. Das Publikum reagiert zunächst verblüfft, dann gibt es Gelächter, vereinzelt Beifall. Die jungen Störer werden abgeführt. Später wird bekannt: Sie müssen wegen öffentlichen Kritik am Präsidenten als Extremisten mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen. - Doch als habe die Gattin von Präsident Putin, pardon: Platov, auf solch ein Stichwort nur gewartet, weist sie - inzwischen schon ganz russische First Lady - drehbuchgemäß bei einer fiktiven Pressekonferenz in Berlin in der Pose der empörten Patriotin einen vorwitzigen russischen Reporter zurecht, der wohl offenbar für einen westlichen Sender arbeitet und die Meinungs- und Pressefreiheit in Russland anzweifelt:
"Diese Frage meines Landsmannes wundert mich! Er liest doch unsere Zeitungen, hört und sieht die Programme unserer Sender. Sie sind nicht 'abhängiger' als die im Westen. Die Freiheit des Wortes, die hat das neue Russland als Erstes und Wichtigstes erkämpft. Und dabei bleibt es auch!"
Offene Heiterkeit im Saal. Ironischer Applaus. - Auf der Leinwand ungerührtes Kontrastprogramm. Denn jetzt folgt der innige Kuss des Präsidenten, der seine tapfere, schlagfertige Frau gerührt bei ihrem Auftritt beobachtet hat. Die Weltpresse im Berliner Kongress-Zentrum schmilzt dahin. Blitzlichtgewitter. Stehender Beifall. Halb lächelnd, halb verlegen winkt Präsident Platov ab:
"Dieser Kuss ist nicht für die Presse", ruft Platov. In Mimik, Gestik und Erscheinung ginge er glatt als Putins Doppelgänger durch. Eine Sequenz, die dem Streifen übrigens ihren Titel gegeben hat. Ein menschelnder Präsident - das ist die Botschaft. Aus dem Kreml selbst gibt es bislang keinen Kommentar. Prominenz war Mangelware jüngst bei der Uraufführung. Dass der Film nur auf DVD zu haben sein wird und gar nicht erst in die Kinos des Landes findet, scheint ein weiter Hinweis darauf zu sein, dass manche Kreml-Gewaltigen vorsorglich die Handbremse gezogen haben.
Bleich und bemüht lächelnd verließ die Hauptdarstellerin Daria Michajlova die Pressekonferenz. Producer und Autor Voropajev bekam zum Schluss Drastisches zu hören:
"Von Reklame verstehen Sie was. Ich gratuliere. Aber was Sie sich da angeblich an Kunst geleistet haben, das läßt sich mit anständigen Worten nicht mehr wiedergeben. - Fürs einfache Volk soll das sein? Na, ja vielleicht findet sich das eine oder andere Großmütterchen Motja, aus dem Gebiet Tula oder Stavropol, wo Sie ja wohl Polit-Reklame gemacht haben, die sich das gerührt schluchzend angucken wird. Aber für alle anderen ist das einfach nur lächerlich!"