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Pyrrhus-Sieg des Kulturföderalismus?

Vollmundig hatte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr erklärt, innerhalb der ersten 100 Tage des neuen Kabinetts Merkel wolle er die Fusion der Bundeskulturstiftung mit der Kulturstiftung der Länder vollenden. Nach 387 Tagen muss der Christdemokrat nun das Scheitern verkünden: Zumindest in dieser Legislaturperiode, so Neumann, werde die Fusion nicht zustande kommen.

Von Reinhard Hübsch |
    Dieses Scheitern ist eine kulturpolitische Niederlage, zuvörderst für das bundesdeutsche Kulturleben. Wenn die 38 Millionen Euro aus der Bundeskulturstiftung und die acht Millionen aus der Kulturstiftung der Länder zusammengekommen wären, hätte das die bedeutendste Kulturstiftung Europas ermöglicht. Sie hätte gezielt zeitgenössische Kunst (bislang die Domäne der Bundeskulturstiftung) und das künstlerische Erbe (dem sich vornehmlich die Länderstiftung widmet) erhalten und fördern können.

    Es ist auch ein Niederlage für Bernd Neumann, der ein wichtiges Ziel seiner Arbeit nicht erreichen konnte. Aber wenn schon Neumann, der als begnadeter Strippenzieher gilt, an einem solchen Unternehmen scheitert, wenn die parteilose Christina Weiss mit ihrer Parteienferne erfolglos war, dann muss man sich fragen, wer denn in absehbarer Zeit die beiden Stiftungen zusammenführen will.

    Das Scheitern der Fusion war bis Ende 2005 mit einem Namen verbunden: Der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hatte immer wieder gefordert, jedes einzelne Bundesland müsse in der neuen Stiftung ein Vetorecht haben, wenn es darum gehe, bestimmte Projekte zu unterstützen. Dem konnte Christina Weiss nicht zustimmen: der Anteil der Länder an der Stiftung hätte knapp 18 Prozent betragen, auf jedes Bundesland wäre im Durchschnitt ein Kapitalanteil von einem Prozent gekommen - und damit sollte ein Vetorecht begründet, hätten bedeutende Projektförderungen verhindert werden können?

    Als Bernd Neumann von Kanzlerin Merkel zum Staatsminister ernannt wurde, keimte die Hoffnung auf, der könne bei seinem bayrischen Parteifreund mehr erreichen als Christina Weiss mit ihrer nähe zu Rot-Grün. Aber Neumann blieb erfolglos, denn zu dem christsozialen Stoiber gesellten sich nun auch Neumanns Parteifreunde Oettinger aus Baden-Württemberg und Rüttgers aus Nordrhein-Westfalen. Bernd Neumann hat mit dem kulturpolitischen Dreier-Pack(t) das Gespräch gesucht, aber keine Einigung erzielen können - weder in der Frage des Vetorechts, noch in der nach dem Sitz der Stiftung, noch in dem Bemühen, die Länder zu einer Erhöhung ihres Finanzanteils zu bewegen.

    Ursprünglich wollte Neumann deshalb Mitte vergangener Woche das Scheitern verkünden - da erbot sich der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, ebenfalls Christdemokrat, zwischen Berlin auf der einen sowie München, Stuttgart und Düsseldorf auf der anderen Seite zu vermitteln. Das war nicht möglich, die Landesfürsten, allen voran Edmund Stoiber, torpedierten das Unternehmen. Damit ist christdemokratische Kulturpolitik bis auf die Knochen blamiert.

    Bernd Neumann, in der Sache gescheitert, hat sich dabei allerdings profiliert als einer, der nicht um jeden Preis für eine Fusion eintritt.

    Immerhin das wurde vereinbart: die Stiftungen sollen stärker kooperieren. Wie das aussehen soll? Bei den unterschiedlichen Zielen der beiden Einrichtungen, nach der unendlichen Fusionsgeschichte ist das nur schwer vorstellbar. Im Frühjahr will Christian Wulff als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ein Kooperationspapier vorlegen - man darf gespannt sein. Und skeptisch.