Am 5. März 2008 zog Dirk Kempthorne kräftig an einem Hebel. Damit setzte der US-Innenminister unter Präsident George W. Bush für 60 Stunden eine Sturzflut in Gang: So lange schoss Wasser aus dem Glen-Canyon-Damm in den Colorado, durch den ebenso lange eine bis zu fünf Meter hohe Wasserwelle rauschte. Was 2008 künstlich ausgelöst wurde, passierte früher alljährlich:
"Bevor der Damm gebaut wurde, hatten wir durch die Schneeschmelze in den Rocky Mountains in jedem Frühjahr Hochwasser. Das spülte den Sand, der sich angesammelt hatte, flussabwärts, wo er Buchten und Sandbänke wieder erneuerte."
Der Glen-Canyon-Damm griff tief in das natürliche Gefüge ein, erklärt Ted Melis vom Grand-Canyon-Forschungszentrum beim Geologischen Dienst der USA. Früher etwa war das Wasser des Colorado im Sommer warm und im Winter kalt. Weil es nun aus dem tiefen Bereich des Stausees abgelassen wird, ist es immer kalt. Die einheimischen Fischarten, die nur im Colorado vorkommen, brauchen jedoch wechselnde Temperaturen: In kaltem Wasser wachsen die Jungfische nicht:
"Diese physikalischen Veränderungen haben das Ökosystem dramatisch verändert, und die meisten der einheimischen Arten, die nur dort leben, nehmen deshalb ab."
Josh Korman von Ecometric Research in Vancouver. Auch die Sandbänke, die für die Karpfenart Humpback Chub und die anderen einheimischen Fische als Laich- und Nahrungsgründe so wichtig sind, drohen zu verschwinden. Melis:
"Wir haben eine Reihe kontrollierter Flutungen durchgeführt, unter anderem um die Ökosysteme unterhalb des Dammes wiederherzustellen und neue Sandbänke aufzubauen. Durch den Staudamm kommt nämlich nur noch sechs Prozent des Sands unten an, den das Wasser früher herangeschleppt hat, alles andere bleibt im Stausee. Wir müssen also versuchen, mit einem Bruchteil der früheren Sandfracht die Ökosysteme entlang der Ufer zu erhalten."
Die Frage ist, wie man den Rest an Sand so durch den Colorado spülen kann, dass die Sandbänke zumindest erhalten, wenn nicht sogar wieder aufgebaut werden. Melis:
"1996 haben wir bei dem ersten Experiment nur die Schleusen geöffnet. Gebracht hat das nichts. Wir müssen dann fluten, wenn gleichzeitig die beiden Flüsse, die nach dem Damm in den Colorado münden, selbst Hochwasser führen und viel Sediment anschleppen."
Nur dann wachsen die Sandbänke durch die Flutung. Um sie dann zu erhalten, müsste das Kraftwerk am Glen-Canyon-Damm seinen Betrieb ändern: Derzeit leitet es tagsüber für die Stromproduktion zu Spitzenzeiten besonders viel Wasser über die Turbinen, nachts wenig. Die wechselnde Wasserführung erodiert die Sandbänke rasend schnell. Würde das Kraftwerk gleichmäßig produzieren, schonte das die Ökosysteme - bedeutete aber finanzielle Verluste. Eine andere Frage ist, ob vom Wiederaufbau der Sandbänke nicht vor allem die Falschen profitieren. Josh Korman:
"Wir sahen im ersten Jahr nach dem Experiment eine sehr starke Zunahme der Regenbogenforellen, die für die Sportfischer ausgesetzt worden waren und fremd im Ökosystem sind. Durch das kontrollierte Fluten hatten wir die Ökosysteme wieder produktiver gemacht - und damit die Forellen gestützt. Für das Grand-Canyon-Ökosystem war das kein großer Erfolg."
Zum Erhalt der einheimischen Arten müssen vor allem die eingeführten zurückgedrängt werden. Offen ist, ob das - wie derzeit versucht - mit einer ausgefeilten Flutungsstrategie funktioniert oder ob nur sehr teure Maßnahmen greifen: etwa eine Pipeline, die in großen Mengen Sand aus dem Oberlauf heranschafft oder ein neues Entnahmesystem für das Kraftwerk, bei dem auch warmes Oberflächenwasser über die Turbinen geleitet wird. Jede dieser Interventionen würde Hunderte von Millionen Dollar kosten - aber der Erfolg, so die Forscher, sei auch dabei ungewiss.
"Bevor der Damm gebaut wurde, hatten wir durch die Schneeschmelze in den Rocky Mountains in jedem Frühjahr Hochwasser. Das spülte den Sand, der sich angesammelt hatte, flussabwärts, wo er Buchten und Sandbänke wieder erneuerte."
Der Glen-Canyon-Damm griff tief in das natürliche Gefüge ein, erklärt Ted Melis vom Grand-Canyon-Forschungszentrum beim Geologischen Dienst der USA. Früher etwa war das Wasser des Colorado im Sommer warm und im Winter kalt. Weil es nun aus dem tiefen Bereich des Stausees abgelassen wird, ist es immer kalt. Die einheimischen Fischarten, die nur im Colorado vorkommen, brauchen jedoch wechselnde Temperaturen: In kaltem Wasser wachsen die Jungfische nicht:
"Diese physikalischen Veränderungen haben das Ökosystem dramatisch verändert, und die meisten der einheimischen Arten, die nur dort leben, nehmen deshalb ab."
Josh Korman von Ecometric Research in Vancouver. Auch die Sandbänke, die für die Karpfenart Humpback Chub und die anderen einheimischen Fische als Laich- und Nahrungsgründe so wichtig sind, drohen zu verschwinden. Melis:
"Wir haben eine Reihe kontrollierter Flutungen durchgeführt, unter anderem um die Ökosysteme unterhalb des Dammes wiederherzustellen und neue Sandbänke aufzubauen. Durch den Staudamm kommt nämlich nur noch sechs Prozent des Sands unten an, den das Wasser früher herangeschleppt hat, alles andere bleibt im Stausee. Wir müssen also versuchen, mit einem Bruchteil der früheren Sandfracht die Ökosysteme entlang der Ufer zu erhalten."
Die Frage ist, wie man den Rest an Sand so durch den Colorado spülen kann, dass die Sandbänke zumindest erhalten, wenn nicht sogar wieder aufgebaut werden. Melis:
"1996 haben wir bei dem ersten Experiment nur die Schleusen geöffnet. Gebracht hat das nichts. Wir müssen dann fluten, wenn gleichzeitig die beiden Flüsse, die nach dem Damm in den Colorado münden, selbst Hochwasser führen und viel Sediment anschleppen."
Nur dann wachsen die Sandbänke durch die Flutung. Um sie dann zu erhalten, müsste das Kraftwerk am Glen-Canyon-Damm seinen Betrieb ändern: Derzeit leitet es tagsüber für die Stromproduktion zu Spitzenzeiten besonders viel Wasser über die Turbinen, nachts wenig. Die wechselnde Wasserführung erodiert die Sandbänke rasend schnell. Würde das Kraftwerk gleichmäßig produzieren, schonte das die Ökosysteme - bedeutete aber finanzielle Verluste. Eine andere Frage ist, ob vom Wiederaufbau der Sandbänke nicht vor allem die Falschen profitieren. Josh Korman:
"Wir sahen im ersten Jahr nach dem Experiment eine sehr starke Zunahme der Regenbogenforellen, die für die Sportfischer ausgesetzt worden waren und fremd im Ökosystem sind. Durch das kontrollierte Fluten hatten wir die Ökosysteme wieder produktiver gemacht - und damit die Forellen gestützt. Für das Grand-Canyon-Ökosystem war das kein großer Erfolg."
Zum Erhalt der einheimischen Arten müssen vor allem die eingeführten zurückgedrängt werden. Offen ist, ob das - wie derzeit versucht - mit einer ausgefeilten Flutungsstrategie funktioniert oder ob nur sehr teure Maßnahmen greifen: etwa eine Pipeline, die in großen Mengen Sand aus dem Oberlauf heranschafft oder ein neues Entnahmesystem für das Kraftwerk, bei dem auch warmes Oberflächenwasser über die Turbinen geleitet wird. Jede dieser Interventionen würde Hunderte von Millionen Dollar kosten - aber der Erfolg, so die Forscher, sei auch dabei ungewiss.