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Qualität in der Land- und der Ernährungswirtschaft

Um die Qualität in der Land- und der Ernährungswirtschaft geht es heute auf der inzwischen 51. Hochschultagung der agrar- und ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel, um die Qualität sowohl bei der Erzeugung als auch der Weiterverarbeitung. Und welches Thema könnte derzeit spannender sein - angesichts von Schimmelpilzen in Getreide, Antibiotika in der Schweinemast oder der Rinderkrankheit BSE? Wie die Referenten der Kieler Fakultät die Lage beurteilen und welche Möglichkeiten sie sehen, die Qualität in der Land- und Ernährungswirtschaft zu verbessern.

von Annette Eversberg |
    Vor dem Hintergrund der Wende in der Agrarpolitik sieht man sich an der Universität gut gerüstet. Denn die Forschungsschwerpunkte entsprechen, so Dekan Ernst Kalm, den heutigen Anforderungen.

    "Das eine ist Ernährung und Gesundheit. Dann steht im Mittelpunkt Agrarwissenschaften und als Drittes können wir definieren sogenanntes Umweltmanagement. Und in diesen drei Bereichen, die werden verknüpft durch die Molekular- und biotechnischen Methoden, die heute überall Anwendung finden, und die auch gleichzeitig verknüpft sind durch ein Qualitätssicherungssystem. Dadurch können Sie sehen, dass wir eigentlich die wichtigsten Bereiche, die heute an den Landwirt, an die Ernährungsindustrie gestellt werden, in der Fachkompetenz auch vertreten."

    Die Ernährungswissenschaftler beschäftigen sich vor allem mit Nahrungsmitteln, die zusätzliche Anforderungen erfüllen. Probiotische Lebensmittel, die z.B. die Darmtätigkeit günstig beeinflussen. Eine ganz wichtige Frage ist die Ergänzung von Folsäure in Lebensmitteln. Folsäuremangel in der Ernährung von Schwangeren kann beim ungeborenen Kind zu schweren Fehlbildungen führen. Da diese Ergänzung besonders am Anfang einer Schwangerschaft wichtig ist, empfehlen Humanmediziner, eine grundsätzliche Anreicherung der Folsäure in Lebensmitteln.

    Die Frage der Tiergesundheit als Bestandteil der Qualitätsproduktion von Lebensmitteln hat gerade angesichts der BSE-Krise eine große Bedeutung. Durch die Genomanalyse beim Rind will man dazu beitragen, Tiere zu züchten, die weniger krankheitsanfällig sind und dadurch auch weniger Medikamente benötigen. Dies sind Forschungsergebnisse, die für jede Bestandsgröße von Bedeutung sind. Für den Veterinärmediziner Edgar Schallenberger ist die Anzahl der Tiere in einem Betrieb nicht das Entscheidende für eine tiergerechte Produktion :

    "Ich kann natürlich mit wenigen Mitarbeitern nicht zu hohe Tierbestände betreuen, sagen wir mal 1000 Schweine mit zwei Mitarbeitern, das geht natürlich nicht. D.h. nicht der Tierbestand, sondern das Betreuungsoptimum wäre anzustreben, und da gibt es viel zu wenig Untersuchungen, um zu sagen, wie viele Tiere können von einem ausreichend und gut betreut werden."

    Die Weidewirtschaft in der Rinderhaltung hat ebenfalls angesichts der BSE-Krise für die Produktion gesunder Lebensmittel an Bedeutung gewonnen. Allerdings hängt das stark davon ab, auf welchen Standorten Landwirte wirtschaften, erläutert Friedhelm Taube vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung am Beispiel sandiger Böden:

    "Die Weide weist erhebliche Probleme im Hinblick auf die Nitratbelastung auf, weil die punktuelle Belastung im Bereich der Exkrementflecken natürlich sehr hoch ist und dies in Verbindung mit den sandigen Böden dazu führt, dass selbst bei moderaten Düngungsintensitäten, Stickstoffintensitäten auf der Weide der Nitratgrenzwert von 50 mg pro Liter leicht überschritten wird. Konkret bedeutet dies, dass Weidewirtschaft nur noch mit Intensitäten zulässig ist, in Bezug auf die Stickstoffzufuhr, die in etwa den Intensitäten entsprechen, die im ökologischen Landbau möglich wären."

    Die ökologische Produktion erleichtert die umweltgerechte Wirtschaftsweise. Und der Verbraucher greift zu diesen Lebensmitteln, weil er damit eine Landwirtschaft ohne Chemie, ohne Kunstdünger, ohne Pestizide verbindet. Die Bereitschaft, dafür auch mehr zu zahlen, ist in den letzten 10 Jahren jedoch nicht größer, sondern geringer geworden. Das hat eine Langzeitstudie ergeben, die unter Leitung von Reimar v. Alvensleben vom Lehrstuhl für Agrarmarketing durchgeführt wurde. Dabei kam er auch zu dem Ergebnis, dass sich die Art der Nachfrage nach Bioprodukten verändert hat:

    "Früher hatten wir einen sogenannten harten Kern von Biokonsumenten, die so in der alternativen Szene angesiedelt waren und das hat sich also erstaunlicherweise im Zeitablauf sehr verändert. Der Konsum ist immer mehr entideologisiert worden. Der Konsum wird immer mehr auch getätigt von wohlsituierten Verbrauchern mittleren und älteren Alters und wird immer mehr zu einem Gesundheitsprodukt."