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Qualitätsoffensive für Gelenkersatz

Jedes Jahr implantieren Chirurgen in Deutschland circa 400.000 künstliche Knie und Hüften. Aber: Aufgrund von Entzündungen werden Tausende dieser Hüften auch wieder herausoperiert. Ein Endoprothesen-Register soll helfen, auftretende Probleme zukünftig schneller zu erkennen.

Von Volkart Wildermuth | 23.10.2012
    Knie- und Hüftprothesen sind ein Segen, sie erlauben vielen Patienten, ein aktives Leben weiterzuführen, meint Professor Wolfram Mittelmeier, einer der Kongresspräsidenten in Berlin.

    "Ich hab einen Patienten, der Nordic-Walking leitungsmäßig macht und mir alle zwei oder drei Wochen eine Karte schickt von irgendwelchen Wettbewerben, ich habe Karatekas, Judokas und dergleichen mehr."

    Das geht natürlich nur mit guten Prothesen, die fachgerecht eingebaut werden. Qualität ist Pflicht. Deshalb hat sich Wolfram Mittelmeier mit seinem Team an der Universitätsmedizin Rostock auch an der Pilotstudie für EndoCert beteiligt.

    "Wir haben sofort gemerkt, dass im ganzen Team ein Ruck erlebbar war, jeder hat sich mehr darauf konzentriert, seine Qualität wirklich zu leben. Wir haben Bögen entwickelt, wo viele Dinge standardisiert sind, wo man weiß, ah ja, am fünften Tag muss ich kontrollieren ob die Beinlänge gleich ist, oder ob der Patient vielleicht ein kleines Fersenpolster braucht, ob das Röntgenbild gemacht ist und so weiter."

    Das sorgt nicht nur für gute Ergebnisse, sondern spart auch noch Zeit. 20 Kliniken haben Qualitätsstandards erprobt, jetzt steht das System. Ein wichtiger Pfeiler ist die Erfahrung. Jede Klinik mit EndoCert-Siegel muss mindestens zwei Chirurgen beschäftigen, die mehr als 50 künstliche Gelenke im Jahr einsetzen. Der gesamte Arbeitsablauf wird standardisiert und vertraglich organisiert. So ist sichergestellt, dass auch die Röntgenabteilung und die Anästhesisten mit an einem Strang ziehen. Drittens wird die Qualität jeder Operation dokumentiert. Dazu vermessen die Ärzte die Passgenauigkeit des Gelenks auf dem Röntgenbild und befragen ihre Patienten, wie gut sie ihren Alltag bewältigen können. Schließlich wird jede EndoCert-Klinik einmal im Jahr von Experten kontrolliert.

    "Die wirklich zwei Tage lang dieses ganze Zentrum auf den Kopf stellen und das Recht haben, Akten zu prüfen, Röntgenbilder zu prüfen um festzustellen, ob das, was gelebt werden soll auch stattfindet."

    Neben den normalen Endoprothetik-Zentren wird es auch Zentren der Maximalversorgung geben. Die spezialisieren sich zusätzlich auf schwierige Operationen und vor allem auf den nach zehn oder 20 Jahren nötigen Austausch der künstlichen Gelenke. Bislang haben sich 100 der etwa 1000 Klinken mit Orthopädischer Chirurgie um das EndoCert Siegel beworben.

    "Wir wollen mit dem EndoCert-System dem Patienten die Möglichkeit geben, sich etwas zu orientieren: Wo kann ich hingehen? Wo kriege ich die entsprechende Qualität gesichert? Wo bemüht man sich um Qualität?"

    Die Krankenkassen unterstützen EndoCert, so Jürgen Mahlzahn vom AOK Bundesverband. EndoCert sei ein wichtiger Schritt.

    "Was man überlegen muss perspektivisch, ob man dann nicht irgendwann auch sicherstellen muss, dass Patienten nur noch in Zentren behandelt werden."

    Der Zwang zur zertifizierten Qualität ist noch Zukunftsmusik. Im Moment muss noch jeder Patient selbst schauen, ob seine Klinik bereit ist, sich den Anforderungen des EndoCert-Systems zu stellen.