Victor Hugos Roman hat den legendären Glöckner von Notre Dame aus der Gruft der spätmittelalterlichen Geschichte in die ästhetische Gegenwart des Vormärz geholt: erstmals wurde das Hässliche heroisiert, der Krüppel und Ausgestoßene ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.
Quasimodo tauchte umgehend auch auf der Opernbühne auf - erstmals 1836 dank der gar nicht so untalentierten Partitur der Verlegertochter Louise Angélique Bertin. Dennoch war ihm kein dauerhaftes Musiktheater-Glück beschieden. Auch mit zwei Dutzend weiteren Vertonungen nicht.
Das änderte sich erst, als Franz Schmidt dem vierhundert Jahre zurückliegenden Geschehen eine Musik zuschrieb, aus der Weihrauchduft wie auch beizender Jahrmarktsdunst aufzusteigen scheint, in der Waffengeklirr nachhallt und vor allem die erhabene Schönheit der gotischen Kathedrale sich abzeichnet durch eine kräftige Prise archaisierender Figuren im Tonsatz.
Franz Schmidt, ein inzwischen weithin in Vergessenheit versunkener Komponist, machte das durch und durch Pariserische Sujet zu einem recht Wienerischen (die Übertragung geht aber nicht so weit wie bei der "Fledermaus" von Strauß). Hätte man "Notre Dame" bei der Uraufführung 1914 allerdings unterm Titel "Stephansdom" angeboten, wäre es vielleicht die Heimatoper par excellence geworden.
Das Stück, in dem Gustav Mahler "die großen Gedanken vermisste", hielt sich bis 1923 an der Hofoper, welcher der Hof zwischenzeitlich abhanden kam und nurmehr die Nostalgie blieb. Nach dem zweiten Weltkrieg wanderte "Notre Dame" hinüber zur Volksoper.
Dort wird nun eine dritte Reprise versucht - gestützt auf das Nostalgie-Potential des Werks. Dem werden unverdrossen "spätromantische Qualitäten" zugeschrieben, was bezüglich der theatralen Aspekte halbwegs zutrifft, den musikalischen Sachverhalt aber verfehlt. Eher sollte der Tonsatz vom nachbrahmsschen Akademismus, als Parallelerscheinung des Jugendstils und vorm Hintergrund der Theorien von Sigmund Freund oder Otto Weininger her gehört werden.
Franz Schmidt, Jahrgang 1874, war als 14-Jähriger mit seiner Familie aus der Heimatstadt Preßburg, dem heutigen Bratislava, nach Wien gezogen. Dort kam er zwangsläufig mit dem psychoanalytisierenden Denken in Berührung und griff wohl nicht zufällig zu Victor Hugos Text.
Zusammen mit dem Chemiker Leopold Wilk kondensierte er ihn zum Libretto. Wie sehr die Thematik in der Wiener Luft lag, mag dadurch deutlich werden, dass Franz Schreker kurz nach Schmidts Zugriff auf den Notre-Dame-Roman die in vielem vergleichbaren "Gezeichneten" komponierte.
Der Braunschweiger GMD Jonas Alber, in Wien ausgebildet, nimmt sich an der Volksoper des musikalischen Prachtschinken mit Leidenschaft an. Er kämpft sichtbar darum, dass die sich verströmende musikalische Substanz nicht allzu sehr an Palatschinken erinnert, an den Teig der Mehlspeise.
Freilich lässt sich bezüglich der musikdramatischen Schwächen nicht viel schönreden: der Mordanschlag auf den Gardeoffizier Phoebus z.B. kommt Minuten zu spät. Er müsste erfolgen, bevor das Balzen in Falourdels Spelunke die schöne Jungfrau Esmeralda vom Herz an abwärts erweicht.
Die neue Wiener "Notre-Dame"-Einstudierung verfügt überhaupt über ein bemerkenswertes Sängerensemble. Aus ihm ragt der alte Haudegen Kurt Rydl als Quasimodo hervor und insbesondere Wolfgang Koch als Archidiakonus mit betörend vollem Bass-Bouquet.
Der bislang nicht sehr glücklich operierende Volksopern-Intendant Rudolf Berger hat erst einmal drei Vorstellungen von "Notre Dame" auf den Spielplan setzen lassen - immerhin. Vielleicht hätte er etwas Geld locker machen und ein einfallsreiches junges Team Video-Aufnahmen einblenden lassen sollen, die Geschichte und Gegenwart der eigentlichen Heldin des Werks intelligent gegen die Kino-Bildwelten ins Blickfeld führen: Notre-Dame.
Quasimodo tauchte umgehend auch auf der Opernbühne auf - erstmals 1836 dank der gar nicht so untalentierten Partitur der Verlegertochter Louise Angélique Bertin. Dennoch war ihm kein dauerhaftes Musiktheater-Glück beschieden. Auch mit zwei Dutzend weiteren Vertonungen nicht.
Das änderte sich erst, als Franz Schmidt dem vierhundert Jahre zurückliegenden Geschehen eine Musik zuschrieb, aus der Weihrauchduft wie auch beizender Jahrmarktsdunst aufzusteigen scheint, in der Waffengeklirr nachhallt und vor allem die erhabene Schönheit der gotischen Kathedrale sich abzeichnet durch eine kräftige Prise archaisierender Figuren im Tonsatz.
Franz Schmidt, ein inzwischen weithin in Vergessenheit versunkener Komponist, machte das durch und durch Pariserische Sujet zu einem recht Wienerischen (die Übertragung geht aber nicht so weit wie bei der "Fledermaus" von Strauß). Hätte man "Notre Dame" bei der Uraufführung 1914 allerdings unterm Titel "Stephansdom" angeboten, wäre es vielleicht die Heimatoper par excellence geworden.
Das Stück, in dem Gustav Mahler "die großen Gedanken vermisste", hielt sich bis 1923 an der Hofoper, welcher der Hof zwischenzeitlich abhanden kam und nurmehr die Nostalgie blieb. Nach dem zweiten Weltkrieg wanderte "Notre Dame" hinüber zur Volksoper.
Dort wird nun eine dritte Reprise versucht - gestützt auf das Nostalgie-Potential des Werks. Dem werden unverdrossen "spätromantische Qualitäten" zugeschrieben, was bezüglich der theatralen Aspekte halbwegs zutrifft, den musikalischen Sachverhalt aber verfehlt. Eher sollte der Tonsatz vom nachbrahmsschen Akademismus, als Parallelerscheinung des Jugendstils und vorm Hintergrund der Theorien von Sigmund Freund oder Otto Weininger her gehört werden.
Franz Schmidt, Jahrgang 1874, war als 14-Jähriger mit seiner Familie aus der Heimatstadt Preßburg, dem heutigen Bratislava, nach Wien gezogen. Dort kam er zwangsläufig mit dem psychoanalytisierenden Denken in Berührung und griff wohl nicht zufällig zu Victor Hugos Text.
Zusammen mit dem Chemiker Leopold Wilk kondensierte er ihn zum Libretto. Wie sehr die Thematik in der Wiener Luft lag, mag dadurch deutlich werden, dass Franz Schreker kurz nach Schmidts Zugriff auf den Notre-Dame-Roman die in vielem vergleichbaren "Gezeichneten" komponierte.
Der Braunschweiger GMD Jonas Alber, in Wien ausgebildet, nimmt sich an der Volksoper des musikalischen Prachtschinken mit Leidenschaft an. Er kämpft sichtbar darum, dass die sich verströmende musikalische Substanz nicht allzu sehr an Palatschinken erinnert, an den Teig der Mehlspeise.
Freilich lässt sich bezüglich der musikdramatischen Schwächen nicht viel schönreden: der Mordanschlag auf den Gardeoffizier Phoebus z.B. kommt Minuten zu spät. Er müsste erfolgen, bevor das Balzen in Falourdels Spelunke die schöne Jungfrau Esmeralda vom Herz an abwärts erweicht.
Die neue Wiener "Notre-Dame"-Einstudierung verfügt überhaupt über ein bemerkenswertes Sängerensemble. Aus ihm ragt der alte Haudegen Kurt Rydl als Quasimodo hervor und insbesondere Wolfgang Koch als Archidiakonus mit betörend vollem Bass-Bouquet.
Der bislang nicht sehr glücklich operierende Volksopern-Intendant Rudolf Berger hat erst einmal drei Vorstellungen von "Notre Dame" auf den Spielplan setzen lassen - immerhin. Vielleicht hätte er etwas Geld locker machen und ein einfallsreiches junges Team Video-Aufnahmen einblenden lassen sollen, die Geschichte und Gegenwart der eigentlichen Heldin des Werks intelligent gegen die Kino-Bildwelten ins Blickfeld führen: Notre-Dame.