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Quatschen in Paketen

Schon lange geistert in der Internet-Szene ein hoffnungsvolles Schlagwort herum: Voice over IP - Telefonieren über das Internet. Doch abgesehen von ein paar Freaks betreiben bislang nur wenige Menschen Mund-zu-Ohr-Kommunikation über den Datenhighway. Ein Grund hierfür: Entsprechende Endgeräte sind kompliziert und teuer und entsprechende Dienste waren bislang Mangelware. Jetzt versucht der Kölner DSL-Anbieter QSC mit einem neuen Massenangebot, neuen Schwung in das Geschäft mit Voice-over-IP zu bringen.

Stefan Bitterle |
    Das Telefonieren zwischen zwei Computern hat einen Namen: Voice over IP, kurz VoIP. Die Technologie ist dabei nicht neu und wird von Computerfreaks etwa dazu genutzt, sich beim Spielen im Internet optimal abzustimmen. Der Unterschied zum herkömmlichen Telefonieren besteht darin, dass der Rechner die aufgenommene Sprache digitalisiert, in kleine Internet-Datenpakete steckt und in den Datenfluss zur Info-Autobahn einreiht. Die Qualität dieser Kommunikation ist inzwischen so ausgereift, dass sie den Vergleich mit dem Telefon nicht scheuen muss. Doch daneben besitzt VoIP weitere Vorteile: Wer bereits eine Flatrate besitzt, zahlt keine Kosten für das Telefonieren und hat eine weltweit gültige Telefonnummer.

    Frank Radeck leitet die Abteilung Systemlösungen beim Kölner Breitbandanbieter QSC und demonstriert die Funktionsweise des Voice over IP:

    Es klingelt sofort , und schon sind wir verbunden. Sie hören wenig Verzögerung, die Klangqualität ist außerordentlich gut, kaum zu unterscheiden von ISDN.

    An Frank Radecks Computer ist ein USB-Telefon angeschlossen. Es sieht aus wie ein Handheld-PDA mit Tastatur und ist mit einer USB-Schnittstelle des Bürorechners verbunden. Telefonieren mit dem Computer - Voice over IP heißt das Verfahren. Nichts eigentlich Neues. Das Prinzip: Sprache wird nicht wie beim Telefonieren über eine stehende Leitungsverbindung transportiert, sondern als eine Serie von Datenpaketen zwischen zwei Computern, als so genannte Peer-to-Peer-Verbindung:

    Die Peer to Peer-Lösung ist natürlich auch ein servergestütztes System, wo ich mich meist mit einem Spitznamen anmelde und halt dann eben Leidensgenossen damit anrufen kann, die das gleiche Interesse haben. Da habe ich noch lange nicht die Möglichkeit, das mit einer gewissen Qualität zu tun, und zum zweiten nach draußen zu telefonieren oder angerufen zu werden. Und das ist der große Unterschied, dass wir den Übergang ins Telefonnetz schaffen.

    Das eigentlich Revolutionäre an IP-Fonie ist nun nicht die Verbindung zwischen zwei Computern, sondern die Möglichkeit, von einem Computer aus auch ins Festnetz zu telefonieren und umgekehrt. Der Teilnehmer erhält eine feste Telefonnummer, die auch aussieht wie eine normale Telefonnummer. Diese Nummer wird vom Programm verwaltet und in eine IP-Adresse übersetzt. Deshalb funktioniert sie weltweit. Die Voraussetzung ist ein breitbandiger Internetanschluss, am besten über ein LAN oder WLAN, wie sie bereits in vielen Hotels, auf Flughäfen oder in Cafés angeboten werden.

    Ein Beispiel: Ich sitze in New York bei Starbucks, die mit WLAN ausgerüstet sind, ich habe mein Notebook, mein Mobil-WLAN-Handy, die es mittlerweile auch gibt, oder halt eben meinen PDA und kann dann nach Deutschland telefonieren übers Internet. Wir machen dann den break-out in der Stadt, wo der Anruf dann ursprünglich hingeleitet werden soll und für den Teilnehmer fällt dann ein Ortsgespräch an.

    Telefonate im eigenen Netz sind kostenlos, vom Rechner ins Festnetz kann man tagsüber für zweieinhalb und nachts für eineinhalb Cent/Minute telefonieren. Ein Gespräch zu einem Mobiltelefon kostet 18,9 Cent pro Minute. Die monatliche Grundgebühr liegt bei 4,99 Euro, die Einrichtung kostet einmalig 9,99 Euro. Dieses Angebot können natürlich nur Kunden nutzen, die bereits über einen DSL-Anschluss bei QSC verfügen.

    Wichtig ist aber, das man auch von außen angerufen werden kann, denn, was wir zuweisen, ist eine geographische Rufnummer aus dem Ortsbereich, wo der Teilnehmer wohnt. Das heißt also: er bekommt eine richtige öffentliche Telefonnummer und nicht nur einen Spitznamen. Das ist der große Unterschied.

    Parallel zur Telefonie müssen auch andere Dienste wie Webbrowser oder Emailversand im Hintergrund weiterlaufen. Interessant wir die IP-Fonie deshalb erst ab einer Datenübertragungskapazität ab 128 Kilobit pro Sekunde. Das entspricht dem normalen Upload-Durchsatz bei einer ADSL-Verbindung beziehungsweise einer ISDN-Verbindung ins Internet, die beide B-Kanäle verwendet. Genauso wie es Handys gibt, die auch Computerfunktionen enthalten, wird es künftig immer mehr Maschinen geben, mit denen man auch telefonieren kann. Ein IPfon sieht dann nur noch aus wie ein Telefon, enthält aber einen richtigen kleinen Rechner, der den Netzwerkzugang und die Telefonnummer verwaltet. Man steckt es eben nicht in die Telefondose, sondern in die Ethernetbuchse des Netzwerkes oder eines DSL-Modems. Sprachtransport paketweise ist auch die Zukunft in der Mobiltelefonie: Künftige Standards wie UMTS werden ebenfalls nicht mehr statische Verbindungen zwischen zwei Punkten schalten, sondern Sprache portionsweise in Datenpaketen übertragen, so wie die IPfonie:

    Voice over IP ist die Kombination von beidem, das beste von beidem und ich bezeichne das mal als mobiles Festnetz. Zwar muss ich einen Festanschluss für das Internet besitzen, vorzugsweise einen Breitbandanschluss, aber ich bin dennoch so flexibel, dass ich mich in jeden IP-Anschluss reinstecken kann, um wieder an meine Rufnummer zu kommen.

    IP-Fonie ist in erster Linie eine Protokollfrage. Frank Radeck versteht das Produkt deshalb zunächst als zusätzlichen Dienst, aber noch nicht als Telefonersatz. Zwar sind in Japan und in den USA bereits zahlreiche Telefoniekunden zur IP-Fonie als preiswerterer Lösung gewechselt, aber da man den Teilnehmer nicht orten kann, ist auch kein standortabhängiger Notruf möglich. GSM-Mobiltelefonie und IPfonie werden deshalb erst einmal nebeneinander exisitieren.