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Quecksilberseifen für den afrikanischen Markt

Man kann sich natürlich auf die Position zurückziehen: wo eine Nachfrage ist, da gibt es auch ein Angebot. Andererseits, wenn man weiß, wie gesundheitsschädlich das Produkt ist, das angeboten wird, dann sollte sich eigentlich das Gewissen melden und die Herstellung des Produktes eingestellt werden. Aber das war schon bisher bei vielen Pestiziden nicht der Fall, die in Europa wegen der Gesundheitsgefährdung nicht mehr verwendet werden dürfen, aber fleißig in die Entwicklungsländer verkauft wurden und werden und auch bei den quecksilberhaltigen Seifen wird da keine Ausnahme gemacht. Quecksilberseifen sind ein Mittel, um die Hautfarbe aufzuhellen, wovon viele afrikanische Frauen träumen, weil ihre Männer das lieben und weil helle Haut sozialen Aufstieg symbolisiert. Doch die Folgen des Gebrauchs dieser aggressiven Waschmittel, die überwiegend in Europa hergestellt werden, sind fatal.

Von Dagmar Röhrlich |
    Ob Michael Jackson oder die zahllosen afrikanischen Reklameschönheiten, sie alle zeigen: Helle Haut ist schön. Je heller, desto begehrenswerter. Kein Wunder also, das hautaufhellende Produkte ein Markt sind, in dem viele Millionen Dollar stecken. Aber nicht alle Mittelchen gegen Altersflecken oder zur generellen Aufhellung der Haut sind harmlos. Vor allem in Afrika versuchen viele mit quecksilberhaltigen Seifen und Cremes den gewünschten Hautton zu erzeugen. Peter Appel ist Chefwissenschaftler beim Geologischen Dienst Dänemarks. Bei seiner Arbeit in Tansania hatte er zunächst ungläubig gehört, dass auf den Märkten Quecksilberseife gehandelt wird:

    Dann haben wir tatsächlich gesehen, dass man da Seife mit bis zu zwei Prozent Quecksilberjodat kaufen kann. Ich war sehr aufgeregt und habe gedacht, dass darf nicht wahr sein, und dann haben wir auf die Packung gesehen, dass die in England hergestellt ist. Und wir haben ein paar verschiedene Typen von Seife gekauft und mit nach Dänemark genommen, und dann haben wir das analysiert und gesehen, dass da tatsächlich zwei Prozent Quecksilberjodat drin war.

    Sein Bericht an das Dänische Umweltministerium sorgte für Aufsehen. Eine Anfrage Dänemarks bei der Europäischen Kommission ergab, dass spanische, irische und britische Seifenfabriken das Produkt herstellen. Ausschließlich für den Export, denn in Europa ist der Verkauf von quecksilberhaltigen Kosmetika seit 1989 verboten. In Afrika behandeln die Frauen, die es sich leisten können, ihren ganzen Körper mit diesen Seifen, ansonsten wenigstens Hände und Gesicht:

    Dann waschen sie sich, und den Schaum lassen sie sitzen am Körper bis zum nächsten Tag, und dann nehmen sie das Restliche ab. Und die Seife bewirkt, dass das Pigment, die Körner werden kleiner und kleiner, und wenn man das sehr oft benutzt, dann wird man tatsächlich von ganz schwach, wird man dann langsam hellbraun. Das ist attraktiv in Afrika.

    Und bringt einen höheren Brautpreis. Kein Wunder also, dass sich vor allem Teenager mit diesen Kosmetika vergiften. Die Quecksilbersalze werden über die Haut gut aufgenommen. Einmal im Körper, wird das Schwermetall gespeichert. Es gelangt in Leber, Nieren und Gehirn. Die Nieren reagieren als erste auf das Zellgift. Dann das zentrale Nervensystem und das Gehirn. Die Intelligenz sinkt deutlich. Hautkrebs kann entstehen. Besonders schlimm: Vor allem ungeborene Kinder sind gefährdet. Das Gift überwindet nicht nur die schützende Schranke zwischen Blut und Gehirn, sondern auch die der Plazenta. Nach Berichten der Weltgesundheitsorganisation WHO werden im Urin von wenige Monate alten Babys mehr als das Hundertfache der normalen Quecksilberkonzentrationen gefunden ist - obwohl die Kinder selbst nie mit den Seifen in Berührung gekommen sind.

    Andere Untersuchungen haben gezeigt, es gibt es Frauen, die bis zu 500 ppm Quecksilber im Körper haben, und das ist, wie wir in der geologischen oder in der Lagerstättenkunde sagen, die Frauen sind fast abbauwürdig als Quecksilberlagerstätte. Das ist natürlich ganz, ganz gefährlich.

    In ihren Körpern hat sich mehr Quecksilber angereichert, als bei den Arbeitern, die mit Hilfe des Schwermetalls Gold aus Erzen herauslösen. Zwar sind die Quecksilberseifen in afrikanischen Länder wie Tansania oder Südafrika verboten, aber sie gelangen durch den Schmuggel über Nachbarländer in großem Stil auf die Märkte dort. Und letztlich auch wieder über dunkle Kanäle zurück nach Europa. Bei Razzien in Skandinavien sind die Produkte unter den Namen Rico, Jaribu, Jambo, Movate oder Tura gefunden worden. Das Geschäft blüht offensichtlich. Das dänische Umweltministerium fordert deshalb, dass auch die Produktion dieser Mittel in Europa verboten wird.