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Quick-Step unter Druck

Noch vor Beginn der Tour de France 2009 werden vier bis sieben Fahrer aussortiert: Das ist die Prognose der französischen Sportzeitung L´équipe. Statt eines sauberen Neuanfangs erwartet das renommierte Blatt also eine Fortsetzung der Doping-Tour des letzten Jahres. Auch weil immer noch umstrittene Teamärzte bei den Rennställen engagiert sind, wie das Beispiel Quick-Step zeigt.

Von Thomas Kistner |
    Ein neues Protokoll des Doping-Kronzeugen Patrik Sinkewitz belastet die Tour-Ärzte von Quickstep, darunter einen spanischen Olympia-Arzt. Der belgische Rennstall, der in Monaco gerade für den Start seines Kokain-Sünders Tom Boonen bei der Tour kämpft, wird von den langjährigen Teamärzten Yvan Van Mol und Manuel Rodriguez Alonso betreut. Diese finden sich nicht nur in Papieren der Weltantidoping-Agentur Wada, sondern auch in der Abschrift eines Tonbandinterviews, das dem deutschen BKA vorliegt. Darin sagte Radprofi Sinkewitz, der bis 2005 für Quickstep fuhr, er habe von beiden Ärzten verbotene Mittel wie Epo, Wachstumshormone oder Kortison erhalten und mit ihnen die Medikationen abgestimmt. Das BKA hat damals ausländische Kollegen informiert.

    "Nach rechtlicher Prüfung wurden relevante Informationen nach Belgien weitergeben","

    sagt BKA-Sprecherin Anke Spriestersbach.

    Das Dossier bestätigt ein Protokoll, das die Wada Ende 2007 von einem Gespräch mit Sinkewitz angefertigt hatte, aber erst jetzt aufgrund einer ZDF-Recherche an den Weltverband UCI weitergab. Seltsamerweise aber nicht an die französische Antidopingagentur AFLD, wie Wada-Sprecher Frederic Donzé zögernd einräumt: Die Wada erwarte, dass die UCI die Erkenntnisse "mit anderen wichtigen Organisationen teilt". Offen bleibt, warum die Wada nur Rad-Funktionäre informiert, obwohl Sinkewitz' Vorwürfe auch strafrechtliche Aspekte beinhalten. Frankreich hat ein scharfes Antidopinggesetz - zu scharf, aus Wada-Sicht?

    Quickstep-Arzt Van Mol arbeitet seit Anfang der 90er-Jahre für die Rennställe Mapei und Quickstep. Laut Sinkewitz soll er verbotene Mittel gespritzt haben. "Kortison auf jeden Fall", heißt es in der Tonbandabschrift, auch habe er Wachstumshormone bei der Vuelta erhalten. Der Arzt habe zudem von Epo-Gaben gewusst. Erste Vertrauensperson aber, so Sinkewitz, sei für ihn Van Mols Assistent Rodriguez gewesen; mit ihm habe er sich ständig ausgetauscht,

    ""damit die Werte in Ordnung waren"."

    Rodriguez arbeitete bei vier Olympischen Spielen für Spaniens Olympiakomitee. Zudem wirke er seit 2007 als "Professor der Ernährungsberatung und Leistungssport" für den Fußball-Klub Real Madrid. Über den Arzt, der auch bei der Tour zugange ist, sagte Sinkewitz, vor den Rennen habe man über Doping gesprochen:

    ""Manchmal gab es auch morgens schon mal Kortison."

    Teamchef Patrick Levéfères Rennstall wird seit längerem belastet. Der 55-jährige bestreitet alle Vorwürfe und verklagte gar eine belgische Zeitung auf 20 Millionen Euro Schadensersatz. Dieses Verfahren, in dem auch Verbindungen zu dem Madrider Dopingarzt Fuentes auftauchten, läuft. Quickstep weist nun Sinkewitz' Vorwürfe zurück. Es sei offensichtlich, dass die falschen Vorwürfe "wenige Stunden vor dem wichtigsten Radsportereignis gemacht werden", sagt Lefévère.