Zukunftsvisionen waren schon immer ein Zerrspiegel der Gegenwart: Was man sich an Horrorbildern für das Jahr 2525, oder, wie jetzt in Freiburg, auch nur für 2050 ausmalt, ist natürlich als satirische Kritik an der Jetztzeit gemeint. In Zukunft wird, glaubt man den jugendlichen Protagonisten des Freiburger "Rabenmütter"-Panoptikums, die Kinderfrage in bestimmten Kreisen eher ein Luxusproblem sein: Ich bin jetzt 66 Jahre alt, räsoniert da eine wohlbestallte Akademikerin - Zeit für die Rente, Zeit für ein Kind! So könnte es gehen, in Zeiten der Reproduktionsmedizin. Eine andere kommt mit ihren 48 Jahren offenbar in die Midlife-Crisis und sagt: Ich will ein Kind für mich, der Vater ist mir egal. Und ein ziemlich bärtiger Geselle aus der Alternativ-Szene gibt zu Protokoll, er habe sich gerade "eine Leihmutter aus Polen" besorgt.
Kinder spielen Erwachsene: Es ist ziemlich decouvrierend, welche Kleidungs-Akzidentien und Sprach-Klischees für die kindliche Wahrnehmung des Erwachsenen entscheidend sind. Typisch ist die in Kostüm und hohen Hacken daherkommende Karrieristin, die in Wirtschaft, Uni oder Politik gut im Geschäft ist und nie Zeit, dafür aber eine Tagesmutter hat. Nur das abendliche Zubettbringen der Kinder, das muss sein, das gönnt man sich. Der Nachwuchs durchschaut dieses Getue natürlich als Heuchelei und antwortet trocken: "Mütter sind das letzte Mittel gegen jede Utopie".
Die Freiburger Regisseurin Kathrin Hentschel hat mit ihrem Jugendtheater-Club eine Vielzahl theatralischer Formen durchprobiert, die zugleich soziale Recherche-Methoden sind: Umfrage, Interview, Filmeinspielung stehen obenan. Und das Jugendtheater ist ein interessanter Indikator für die Mütter- beziehungsweise Rabenmütter-Wahrnehmung heute:
"A: Also eine Rabenmutter kann theoretisch nur jemand sein, der allein erziehend ist!
B: Jemand, der während der Schwangerschaft Drogen nimmt!
C: Eine Mutter, die nicht für ihre Kinder sorgt.
D: Die einfach sagt, das interessiert mich nicht, was du heute gemacht hast oder überhaupt."
Die schlechte Mutter ist jene, die einfach abhaut und ihren eigenen Interessen frönt:
"A: Wenn meine Mutter einfach verschwinden würde, dann würde ich erst mal denken, ach das meint sie ja nicht so, wenn ich den Zettel sehen würde. Aber danach würde ich anfangen zu suchen, auf dem Handy anzurufen.
B: Und dann würde ich sie mal fragen, was sie jetzt grad macht. Und wie lange und so. Und wann sie wiederkommt.
C: Ist meine Mama jetzt beknackt, oder was??
D: Das find ich ziemlich scheiße!"
Was Kinder sich wünschen, lässt sich in einem Satz zusammenfassen - und wird Emanzipationstheoretikern nicht recht in den Kram passen:
"Wenn die Mutter nicht da ist, dann ist das blöd. Die Mama muss da sein!"
Nun kommen die Freiburger Theater-Kids ersichtlich aus privilegierten, vor allem wohl universitären Kreisen: Kein einziges der Kinder spricht badischen Dialekt, alle sind mit selbstbewusster Lust an Expression und Entertainment bei der Sache. Man darf vermuten, dass viele dieser Kinder das haben, was hier so sehr eingeklagt wird: die sorgende, allzeit verfügbare Mutter - die bisweilen nebenbei auch noch Orchestermusikerin ist. Dass die soziale Realität der Mittelschicht oft aus schmerzhaften Kompromissen auch zwischen den Eltern besteht, kommt hier nur wenig in den (kindlichen) Blick.
Will Mutter also noch ein eigenes Leben, möglicherweise auch Berufsleben führen, so muss das offenbar auch den Kindern erst einmal abgerungen sein. Die schreien schon vor Beginn der Vorstellung: Mama, wo bist du?? Und obwohl alle der Freiburger Jugendlichen auf der Bühne angaben, später Kinder haben zu wollen, wird die Produktion derselben in ein Fachkrankenhaus namens Schwarzwaldklinik verlegt. In die erotischen Fähigkeiten auch ihrer eigenen Eltern haben diese Kinder offenbar nur begrenztes Vertrauen:
"Schwarzwaldklinik, sie wollen in die Schwarzwaldklinik, nur in die Schwarzwaldklinik wollen sie gehen."
Kinder spielen Erwachsene: Es ist ziemlich decouvrierend, welche Kleidungs-Akzidentien und Sprach-Klischees für die kindliche Wahrnehmung des Erwachsenen entscheidend sind. Typisch ist die in Kostüm und hohen Hacken daherkommende Karrieristin, die in Wirtschaft, Uni oder Politik gut im Geschäft ist und nie Zeit, dafür aber eine Tagesmutter hat. Nur das abendliche Zubettbringen der Kinder, das muss sein, das gönnt man sich. Der Nachwuchs durchschaut dieses Getue natürlich als Heuchelei und antwortet trocken: "Mütter sind das letzte Mittel gegen jede Utopie".
Die Freiburger Regisseurin Kathrin Hentschel hat mit ihrem Jugendtheater-Club eine Vielzahl theatralischer Formen durchprobiert, die zugleich soziale Recherche-Methoden sind: Umfrage, Interview, Filmeinspielung stehen obenan. Und das Jugendtheater ist ein interessanter Indikator für die Mütter- beziehungsweise Rabenmütter-Wahrnehmung heute:
"A: Also eine Rabenmutter kann theoretisch nur jemand sein, der allein erziehend ist!
B: Jemand, der während der Schwangerschaft Drogen nimmt!
C: Eine Mutter, die nicht für ihre Kinder sorgt.
D: Die einfach sagt, das interessiert mich nicht, was du heute gemacht hast oder überhaupt."
Die schlechte Mutter ist jene, die einfach abhaut und ihren eigenen Interessen frönt:
"A: Wenn meine Mutter einfach verschwinden würde, dann würde ich erst mal denken, ach das meint sie ja nicht so, wenn ich den Zettel sehen würde. Aber danach würde ich anfangen zu suchen, auf dem Handy anzurufen.
B: Und dann würde ich sie mal fragen, was sie jetzt grad macht. Und wie lange und so. Und wann sie wiederkommt.
C: Ist meine Mama jetzt beknackt, oder was??
D: Das find ich ziemlich scheiße!"
Was Kinder sich wünschen, lässt sich in einem Satz zusammenfassen - und wird Emanzipationstheoretikern nicht recht in den Kram passen:
"Wenn die Mutter nicht da ist, dann ist das blöd. Die Mama muss da sein!"
Nun kommen die Freiburger Theater-Kids ersichtlich aus privilegierten, vor allem wohl universitären Kreisen: Kein einziges der Kinder spricht badischen Dialekt, alle sind mit selbstbewusster Lust an Expression und Entertainment bei der Sache. Man darf vermuten, dass viele dieser Kinder das haben, was hier so sehr eingeklagt wird: die sorgende, allzeit verfügbare Mutter - die bisweilen nebenbei auch noch Orchestermusikerin ist. Dass die soziale Realität der Mittelschicht oft aus schmerzhaften Kompromissen auch zwischen den Eltern besteht, kommt hier nur wenig in den (kindlichen) Blick.
Will Mutter also noch ein eigenes Leben, möglicherweise auch Berufsleben führen, so muss das offenbar auch den Kindern erst einmal abgerungen sein. Die schreien schon vor Beginn der Vorstellung: Mama, wo bist du?? Und obwohl alle der Freiburger Jugendlichen auf der Bühne angaben, später Kinder haben zu wollen, wird die Produktion derselben in ein Fachkrankenhaus namens Schwarzwaldklinik verlegt. In die erotischen Fähigkeiten auch ihrer eigenen Eltern haben diese Kinder offenbar nur begrenztes Vertrauen:
"Schwarzwaldklinik, sie wollen in die Schwarzwaldklinik, nur in die Schwarzwaldklinik wollen sie gehen."