Jane ist Ex-FBI-Agentin und arbeitet nun für ein privates Sicherheitsunternehmen jenes neuen globalen Typus', wie ihn die berüchtigte Firma "Blackwater" repräsentierte.
Sie ist jung, talentiert und von solidem, aber nicht gewissenlosem Ehrgeiz - und auch ansonsten eben so, wie man die Helden des amerikanischen Kinos kennt. Ein konventioneller Anfang: Ihre Chefin vertraut ihr eine verantwortungsvolle Aufgabe an. Sie soll undercover jene Gruppe ausfindig machen und infiltrieren, die unter dem Namen "The East" von sich reden macht: antikapitalistische Widerständler, vage linksorientiert und keineswegs gewaltfrei. In Botschaften an die Medien bedrohen sie die Pharma- und Bauindustrie mit Anschlägen auf Sachen und auf deren Manager:
Unter falscher Identität - sie nennt sich nun Sarah - wechselt die schicke Städterin ins Tramper-Outfit, reist per Fahrrad und als blinde Passagierin in Güterzügen durch das Land und landet bald in einer Aussteiger-Kommune in den Wäldern um Pittsburgh, die sich als "The East" entpuppt.
Der Film nimmt sich nun viel Zeit, diese Gruppe in ihren Facetten zu zeigen, die Individualität ihrer einzelnen Mitglieder herauszuarbeiten und ist erkennbar bemüht, seinem Publikum zu vermitteln, was deren Boheme-Leben und ihren politischen Widerstand für die brave Bürgerstochter Sarah/Jane attraktiv macht. Dabei verklärt der Film nichts. Es scheint den Machern einfach um Fairness zu gehen.
Zwar ist Sympathie für die Armen Amerikas deutlich, für diejenigen, die sich von den Abfällen der Supermärkte ernähren, die unter Brücken schlafen, wie auch für das verbreitete Lebensgefühl zwischen Paranoia und Weltuntergang - und für Menschen, die auf die alltägliche Zerstörung unserer Welt und ihrer natürlichen wie ethischen Lebensgrundlagen nicht mit Gleichgültigkeit antworten. Doch ähnelt alles stellenweise eher einer kühlen sozialpsychologischen Studie über Gruppendynamiken. Nuanciert und anspielungsreich geht es um die Mechanismen von Freundschaft und Zusammenhalt, um die Versuchungen durch Drogen, Sex, und überhaupt die Attraktionen, die die "Freiheit von" etwas haben kann - die Absage an alle Konventionen des modernen Daseins, der antizivilisatorische Affekt eines Lebens unter eigenen Regeln, das notgedrungen zum Selbst-Experiment werden muss. "The East" aktualisiert die Hippiephilosophie und fragt nach deren heutigen Chancen und Gefahren. Das Spektrum reicht dabei gewissermaßen von John Lennon bis Charlie Manson - es geht auch um Gruppenterror, um moralische Exzesse und um die Selbstermächtigung einer kleinen Minderheit. Zugleich wird gezeigt, was geteilte Geheimnisse mit einer Gruppe machen; wie sie sie von innen auflösen. Das aus vielen Thrillern bekannte Motiv einer Undercover-Identität wird nicht allein an Sarah/Jane durchgespielt, deren Loyalität bald ins Wanken gerät, sondern an der ganzen Gruppe, die in konservativer Kleidung die Dinnerpartys der oberen Zehntausend besucht.
"The East" ist insofern vor allem ein Film über schillernde moralische Identitäten. Als Jane steht Sarah für keinerlei Werte, sondern für die neutrale Prinzipienlosigkeit des Marktes. Es ist für das Verständnis des Films essenziell, dass diese Heldin eben keine wie auch immer gezeichnete Gesetzesdienerin ist, und auch nicht zwischen zwei Prinzipien steht, sondern zwischen dem postmodernen Abschied vom Prinzipiellen, den die Sicherheitsfirma ebenso verkörpert, wie jeder andere Teil der Industrie, und dem klassisch-modernen Konzept des Handelns nach Prinzipien. Als Sarah steht Jane dazwischen, ein Individuum, das zwischen nicht weniger als zwei Weltentwürfen hin- und hergerissen ist.
Zugleich reiht sich "The East" ein in eine inzwischen schon längere Reihe von neuen US-Filmen mit "revisionistischer" Agenda, mit einem überraschend ungeschönten Blick auf die USA und einer erstaunlich expliziten und kompromisslosen Kritik an den politischen Mythen Amerikas.
Der Weg ist in diesem ausgezeichneten Film viel interessanter als sein Ziel, der klare Blick, mit dem "The East" die Amoral der Wirtschaft ebenso freilegt wie den Moralismus der Widerständler, ist ergiebiger, als das erwartbare Ende der Reise der Hauptfigur. Sarah kann und will nicht in dieser Außenseiterbande bleiben. Aber wieder in ihr früheres Leben integrieren kann sie sich auch nicht - Jane ist sie nicht mehr.
"You create for a living toxichemicals, that will outlive us all and feel nothing. But tonight you will feel something."
Sie ist jung, talentiert und von solidem, aber nicht gewissenlosem Ehrgeiz - und auch ansonsten eben so, wie man die Helden des amerikanischen Kinos kennt. Ein konventioneller Anfang: Ihre Chefin vertraut ihr eine verantwortungsvolle Aufgabe an. Sie soll undercover jene Gruppe ausfindig machen und infiltrieren, die unter dem Namen "The East" von sich reden macht: antikapitalistische Widerständler, vage linksorientiert und keineswegs gewaltfrei. In Botschaften an die Medien bedrohen sie die Pharma- und Bauindustrie mit Anschlägen auf Sachen und auf deren Manager:
Unter falscher Identität - sie nennt sich nun Sarah - wechselt die schicke Städterin ins Tramper-Outfit, reist per Fahrrad und als blinde Passagierin in Güterzügen durch das Land und landet bald in einer Aussteiger-Kommune in den Wäldern um Pittsburgh, die sich als "The East" entpuppt.
Der Film nimmt sich nun viel Zeit, diese Gruppe in ihren Facetten zu zeigen, die Individualität ihrer einzelnen Mitglieder herauszuarbeiten und ist erkennbar bemüht, seinem Publikum zu vermitteln, was deren Boheme-Leben und ihren politischen Widerstand für die brave Bürgerstochter Sarah/Jane attraktiv macht. Dabei verklärt der Film nichts. Es scheint den Machern einfach um Fairness zu gehen.
Zwar ist Sympathie für die Armen Amerikas deutlich, für diejenigen, die sich von den Abfällen der Supermärkte ernähren, die unter Brücken schlafen, wie auch für das verbreitete Lebensgefühl zwischen Paranoia und Weltuntergang - und für Menschen, die auf die alltägliche Zerstörung unserer Welt und ihrer natürlichen wie ethischen Lebensgrundlagen nicht mit Gleichgültigkeit antworten. Doch ähnelt alles stellenweise eher einer kühlen sozialpsychologischen Studie über Gruppendynamiken. Nuanciert und anspielungsreich geht es um die Mechanismen von Freundschaft und Zusammenhalt, um die Versuchungen durch Drogen, Sex, und überhaupt die Attraktionen, die die "Freiheit von" etwas haben kann - die Absage an alle Konventionen des modernen Daseins, der antizivilisatorische Affekt eines Lebens unter eigenen Regeln, das notgedrungen zum Selbst-Experiment werden muss. "The East" aktualisiert die Hippiephilosophie und fragt nach deren heutigen Chancen und Gefahren. Das Spektrum reicht dabei gewissermaßen von John Lennon bis Charlie Manson - es geht auch um Gruppenterror, um moralische Exzesse und um die Selbstermächtigung einer kleinen Minderheit. Zugleich wird gezeigt, was geteilte Geheimnisse mit einer Gruppe machen; wie sie sie von innen auflösen. Das aus vielen Thrillern bekannte Motiv einer Undercover-Identität wird nicht allein an Sarah/Jane durchgespielt, deren Loyalität bald ins Wanken gerät, sondern an der ganzen Gruppe, die in konservativer Kleidung die Dinnerpartys der oberen Zehntausend besucht.
"The East" ist insofern vor allem ein Film über schillernde moralische Identitäten. Als Jane steht Sarah für keinerlei Werte, sondern für die neutrale Prinzipienlosigkeit des Marktes. Es ist für das Verständnis des Films essenziell, dass diese Heldin eben keine wie auch immer gezeichnete Gesetzesdienerin ist, und auch nicht zwischen zwei Prinzipien steht, sondern zwischen dem postmodernen Abschied vom Prinzipiellen, den die Sicherheitsfirma ebenso verkörpert, wie jeder andere Teil der Industrie, und dem klassisch-modernen Konzept des Handelns nach Prinzipien. Als Sarah steht Jane dazwischen, ein Individuum, das zwischen nicht weniger als zwei Weltentwürfen hin- und hergerissen ist.
Zugleich reiht sich "The East" ein in eine inzwischen schon längere Reihe von neuen US-Filmen mit "revisionistischer" Agenda, mit einem überraschend ungeschönten Blick auf die USA und einer erstaunlich expliziten und kompromisslosen Kritik an den politischen Mythen Amerikas.
Der Weg ist in diesem ausgezeichneten Film viel interessanter als sein Ziel, der klare Blick, mit dem "The East" die Amoral der Wirtschaft ebenso freilegt wie den Moralismus der Widerständler, ist ergiebiger, als das erwartbare Ende der Reise der Hauptfigur. Sarah kann und will nicht in dieser Außenseiterbande bleiben. Aber wieder in ihr früheres Leben integrieren kann sie sich auch nicht - Jane ist sie nicht mehr.
"You create for a living toxichemicals, that will outlive us all and feel nothing. But tonight you will feel something."