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Rache ist süß - schadet aber der Karriere

Wer sich im Job unfair behandelt fühlt, sollte Rachegedanken nach dem Motto "Auge um Auge, Zahn um Zahn" lieber beiseite schieben - sonst kann es mit der Karriere schnell abwärts gehen. Denn Ökonomen der Universitäten Bonn und Maastricht herausgefunden, dass Unternehmen Mitarbeiter, die negative Erfahrungen mit gleicher Münze zurückzahlen, eher kündigen.

Von Andrea Lueg | 09.04.2009
    Gegenseitigkeit ist in unserer Gesellschaft ein anerkanntes Prinzip: Laden Freunde mich zum Essen ein, revanchiere ich mich beim nächsten Mal. Zahlt mir mein Chef einen guten Lohn und schafft mir gute Arbeitsbedingungen, dann bekommt er von mir dafür gute Leistungen und Engagement in meinem Job. Bei Professor Armin Falk und seinen Kollegen heißt das positive Reziprozität. Eine feine Sache. Behandelt mich mein Vorgesetzter dagegen unfair oder finde ich meinen Lohn zu gering, kann ich nach einem ähnlichen Muster reagieren, nur eben negativ: Ich sinne auf Rache.

    "Und das ist dann zum Beispiel Leistungszurückhaltung, Sanktionen bis hin zu noch dramatischeren Formen wie Sabotage, also wirklich aktive Bestrafung oder auch milderen Formen wie innere Kündigung oder einfach mal ein bisschen später kommen oder sich ein bisschen weniger anstrengen."

    Das heißt dann negative Reziprozität. Während positive Gegenseitigkeit im Arbeitsleben Erfolg mit sich bringt, kann negative Gegenseitigkeit ganz schnell zum Karrierekiller werden. Anhand von Arbeitslosigkeit, geleisteten Überstunden und Bezahlung lässt sich das leicht feststellen. Armin Falk:

    "Jemand der positiv reziprok ist, ist weniger wahrscheinlich arbeitslos, jemand der negativ reziprok ist, ist mit höherer Wahrscheinlichkeit arbeitslos, jemand mit positiver Reziprozität verdient im Schnitt mehr und arbeitet auch mehr."

    Der Ökonom Armin Falk und seine Kollegen haben die Auswirkungen von solchen Rachegefühlen bei Mitarbeitern auf die Effizienz von Unternehmen untersucht und konnten dabei auf einen riesigen Datenpool zugreifen: Das sozioökonomische Panel, eine der größten jährlichen Befragungen der Welt. 20.000 Menschen umfasst diese Untersuchung. Dabei kam auch heraus, dass Frauen und ältere Mitarbeiter häufiger auf positive Gegenseitigkeit setzen. Männer dagegen öfter auf negative.

    Unfaire Behandlung am Arbeitsplatz kennt Peter K. aus eigener Erfahrung.

    "Ich war Pastor - und als meine Frau mich verlassen hat, meinte der Arbeitgeber, ich sei nicht mehr tragbar als Vorbild in den Kirchengemeinden."

    Peter K.s Enttäuschung über die aus seiner Sicht unfaire Behandlung nach über 20 Jahren im Job war riesig. Und er war nicht bereit, das Angebot seines Arbeitgebers, eine andere Arbeit zu machen, anzunehmen.

    "Ich habe auch dagegen geklagt, das war so ein kleines Trostpflaster, was ich da bekommen habe in Form einer Abfindung."

    Rache würde Peter K. das zwar nicht nennen, aber

    "Kleine Genugtuung, ja."

    Die höhere Bereitschaft zur Kündigung bei Mitarbeitern, die sich unfair behandelt fühlen, ist übrigens ein Grund dafür, weshalb sie auch leichter Gefahr laufen, arbeitslos zu werden. Andersherum trennen sich Arbeitgeber, wenn sie denn kündigen müssen, am ehesten von Mitarbeitern, die sich negativ reziprok verhalten, also zum Beispiel die innere Kündigung schon vollzogen haben.

    Fazit aus der Studie: Arbeitnehmer, die auf negative Gegenseitigkeit setzen, schaden ihrer Karriere. Fazit für die Arbeitgeber: Unfaire Behandlung der Mitarbeiter ist der sicherste Weg, ihre Motivation zu zerstören und mindert die Effizienz des Unternehmens.

    Als unfair empfinden Angestellte übrigens auch eine zu starke Kontrolle durch den Chef, erzählt Armin Falk:

    "Wir haben ein Experiment gemacht, wo Menschen kontrollieren konnten oder stärker vertrauen."

    Kontrolliert der Vorgesetzte stark, wird das interpretiert, als halte er die Mitarbeiter nicht für vertrauenswürdig.

    "Wenn er aber in Wirklichkeit ein vertrauenswürdiger Mensch ist, was die Mehrheit in unserem Experiment war, kann es zu ganz negativen Verhaltensfolgen führen, und das haben wir dann auch beobachtet, dass Menschen, die kontrolliert werden oder die Wahrnehmung haben, dass der Arbeitgeber ihnen unterstellt, sie seien nicht vertrauenswürdig, de facto weniger leisten, als wenn man ihnen vertraut, obwohl sie, wenn man ihnen vertraut, viel mehr Möglichkeiten haben, zum Schaden des Unternehmens zu handeln."