In einem Gewölbegang unter dem Warschauer Königsschloss hat sich eine illustre Gesellschaft versammelt: Sommeliers und Großhändler probieren italienische Weine, die Winzer sind aus der Toskana, aus Umbrien und Apulien angereist. Der durchschnittliche Pole trinkt nicht viel Wein, gerade drei Liter pro Jahr, aber der Trend zeige steil nach oben, sagt Tomasz Prange-Barczynski, Chefredakteur der Zeitschrift "Wino".
"Deshalb betrachten Winzer unser Land als Markt mit Zukunft. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, uns das Weintrinken beizubringen. Vor allem die Italiener sind bei uns sehr aktiv."
Der Journalist probiert an jedem Stand nur ein paar Schluck - trotzdem muss er sich für den Weg zurück in die Redaktion ein Taxi bestellen. Denn Fahrer dürfen in Polen höchstens 0,2 Promille Alkohol im Blut haben, sind es mehr, dann drohen drastische Strafen.
Früher stieg der Tomasz Prange-Barczynski nach einer Degustation gerne aufs Fahrrad, aber das traut er sich nicht mehr - seit einem warmen Septemberabend vor vier Jahren.
"Ich war gerade zwei, drei Minuten unterwegs, da hielt mich die Polizei an. Ich war zwar ganz normal gefahren, auf keinen Fall in Schlangenlinien oder so, trotzdem gab ich zu, dass ich bei einer Weinprobe war. Die Beamten nahmen mich darauf hin mit aufs Kommissariat, der Alkomat zeigte 0,4 Promille an."
Der Journalist blieb ruhig, er rechnete mit einer geringen Geldbuße. Doch weit gefehlt: Wenig später flatterte ihm eine Anklageschrift ins Haus, nach drei Gerichtsverhandlungen wurde er zu einem halben Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem verlor er für ein Jahr seinen Kfz-Führerschein:
"Ich habe den Justizapparat als seelenlose Maschine kennengelernt. Die Richterin hat meine Erklärungen gar nicht angehört. Und so wurde ich zum Verbrecher."
Wie dem Redakteur ergeht es vielen polnischen Radfahrern. 60.000 stehen jährlich wegen Alkohol am Lenker vor Gericht, etwa 2000 kommen sogar tatsächlich ins Gefängnis. Ein Unding, meint der Abgeordnete Lukasz Gibala. Er fordert, dass Fahrradfahrer in Zukunft milder behandelt werden - und hat einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht.
"Radfahrer verursachen nur ganz selten Unfälle, bei denen andere als sie selbst verletzt werden. Trotzdem werden sie genauso hart bestraft wie betrunkene Autofahrer, die doch für andere viel gefährlicher sind. Das ist nicht gerechtfertigt - ebenso wenig wie die Kosten für die Gerichtsverhandlungen und die Gefängnisaufenthalte."
Nach Ansicht des Abgeordneten überprüft die Polizei nur deshalb so viele Radfahrer, weil Trunkenheit am Lenker als Straftat gilt. Jeder Fang verbessert die Aufklärungsquote - aber verschärft gleichzeitig den Platzmangel in den polnischen Gefängnissen. 81.000 Menschen sind in Polen inhaftiert, mehr als im deutlich größeren Deutschland. Viele Haftanstalten sind überfüllt - und können das absolute Minimum von drei Quadratmeter Wohnraum pro Gefangenen nicht einhalten.
"Häufig können Verurteilte deshalb ihre Haft gar nicht antreten. Die Radfahrer nehmen in den Gefängnissen also anderen, viel gefährlicheren Straftätern den Platz weg."
Trotzdem ist unklar, ob die Initiative von Lukasz Gibala Erfolg hat. Auf seiner Seite hat er zwar den Generalstaatsanwalt. Aber Justizminister Jaroslaw Gowin von der rechtsliberalen Partei "Bürgerplattform" legte sich bisher nicht fest. Unter anderem deshalb trat Gibala jüngst aus der "Bürgerplattform" aus - und schloss sich der linksliberalen "Bewegung Palikots" an.
Tomasz Prange-Barczynski, der Redakteur, will weiterhin Wein trinken und Rad fahren - nur vorerst nicht mehr in Polen. Den kommenden Sommerurlaub hat er in Sachsen plant. Dort gebe es interessanten Weißwein, sagt er - und die deutsche Justiz sei deutlich toleranter gegenüber den Liebhabern von Drahteseln.
"Deshalb betrachten Winzer unser Land als Markt mit Zukunft. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, uns das Weintrinken beizubringen. Vor allem die Italiener sind bei uns sehr aktiv."
Der Journalist probiert an jedem Stand nur ein paar Schluck - trotzdem muss er sich für den Weg zurück in die Redaktion ein Taxi bestellen. Denn Fahrer dürfen in Polen höchstens 0,2 Promille Alkohol im Blut haben, sind es mehr, dann drohen drastische Strafen.
Früher stieg der Tomasz Prange-Barczynski nach einer Degustation gerne aufs Fahrrad, aber das traut er sich nicht mehr - seit einem warmen Septemberabend vor vier Jahren.
"Ich war gerade zwei, drei Minuten unterwegs, da hielt mich die Polizei an. Ich war zwar ganz normal gefahren, auf keinen Fall in Schlangenlinien oder so, trotzdem gab ich zu, dass ich bei einer Weinprobe war. Die Beamten nahmen mich darauf hin mit aufs Kommissariat, der Alkomat zeigte 0,4 Promille an."
Der Journalist blieb ruhig, er rechnete mit einer geringen Geldbuße. Doch weit gefehlt: Wenig später flatterte ihm eine Anklageschrift ins Haus, nach drei Gerichtsverhandlungen wurde er zu einem halben Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem verlor er für ein Jahr seinen Kfz-Führerschein:
"Ich habe den Justizapparat als seelenlose Maschine kennengelernt. Die Richterin hat meine Erklärungen gar nicht angehört. Und so wurde ich zum Verbrecher."
Wie dem Redakteur ergeht es vielen polnischen Radfahrern. 60.000 stehen jährlich wegen Alkohol am Lenker vor Gericht, etwa 2000 kommen sogar tatsächlich ins Gefängnis. Ein Unding, meint der Abgeordnete Lukasz Gibala. Er fordert, dass Fahrradfahrer in Zukunft milder behandelt werden - und hat einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht.
"Radfahrer verursachen nur ganz selten Unfälle, bei denen andere als sie selbst verletzt werden. Trotzdem werden sie genauso hart bestraft wie betrunkene Autofahrer, die doch für andere viel gefährlicher sind. Das ist nicht gerechtfertigt - ebenso wenig wie die Kosten für die Gerichtsverhandlungen und die Gefängnisaufenthalte."
Nach Ansicht des Abgeordneten überprüft die Polizei nur deshalb so viele Radfahrer, weil Trunkenheit am Lenker als Straftat gilt. Jeder Fang verbessert die Aufklärungsquote - aber verschärft gleichzeitig den Platzmangel in den polnischen Gefängnissen. 81.000 Menschen sind in Polen inhaftiert, mehr als im deutlich größeren Deutschland. Viele Haftanstalten sind überfüllt - und können das absolute Minimum von drei Quadratmeter Wohnraum pro Gefangenen nicht einhalten.
"Häufig können Verurteilte deshalb ihre Haft gar nicht antreten. Die Radfahrer nehmen in den Gefängnissen also anderen, viel gefährlicheren Straftätern den Platz weg."
Trotzdem ist unklar, ob die Initiative von Lukasz Gibala Erfolg hat. Auf seiner Seite hat er zwar den Generalstaatsanwalt. Aber Justizminister Jaroslaw Gowin von der rechtsliberalen Partei "Bürgerplattform" legte sich bisher nicht fest. Unter anderem deshalb trat Gibala jüngst aus der "Bürgerplattform" aus - und schloss sich der linksliberalen "Bewegung Palikots" an.
Tomasz Prange-Barczynski, der Redakteur, will weiterhin Wein trinken und Rad fahren - nur vorerst nicht mehr in Polen. Den kommenden Sommerurlaub hat er in Sachsen plant. Dort gebe es interessanten Weißwein, sagt er - und die deutsche Justiz sei deutlich toleranter gegenüber den Liebhabern von Drahteseln.