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Radio aus dem All

Technik. - Radio per Satellit im Auto ist in den USA bereits gang und gäbe. Doch damit nicht genug, denn bald sollen auch Videos, Webseiten und Computerdateien darüber ausgestrahlt werden. Während dafür neue Satelliten nötig wären, nutzt eine europäische Alternative alte Hardware.

Von Björn Schwentker |
    Erich Lutz steigt in den Wagen und startet den Motor. Der dunkle Rover ist ein Testfahrzeug für ein neuartiges Satellitenradio, das der Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt DLR in Oberpfaffenhofen mit entwickelt hat.

    "Und dann können wir hier einfach mal einschalten..."

    Als Erich Lutz auf einen Touchscreen am Armaturenbrett tippt, beginnen die Nachrichten. Nicht nur als Ton – auf dem Monitor läuft auch ein Video dazu, wie bei einer Fernsehübertragung. Der Empfänger ist ein Multimedia-Radio: Es kann sogar Webseiten anzeigen.

    "Natürlich können wir die Nachrichten auch von vorne hören, damit wir den Anfang mitbekommen..."

    Nachrichten, Musikstücke, Webseiten und andere Computerdateien werden heruntergeladen und zunächst im Bordcomputer gespeichert. Die Daten kommen von einem Satelliten im All und werden von einer Antenne auf dem Autodach empfangen. Was dann in welcher Reihenfolge gespielt wird, kann der Fahrer selbst programmieren. Auch ohne Empfang läuft die Sendung weiter – zum Beispiel im Tunnel. Denn die Multimediadateien werden für Minuten im Voraus gespeichert. Für ein Autoradio ist dieses Konzept völlig neu. Der Clou bei diesem System: Es müssen keine eigenen Übertragungssatelliten ins All geschossen werden. Denn die Daten kommen von einem ausgedienten Fernsehsatelliten, dessen Treibstoff alle ist.

    "Dann funktioniert eigentlich der Satellit vom elektrischen gesehen noch, nur kann er seine Position nicht mehr halten."

    Der Satellit schlingert um seine ursprüngliche Position herum, darum können die fest installierten Parabolantennen an den Häusern sein Signal nicht mehr erreichen. Früher wurden die Satelliten damit völlig nutzlos. Künftig könnten auf der Fernsehfrequenz Multimediadaten übertragen werden.

    "Die Satelliten sind dann sehr preiswert zu haben, und wir haben so einen Satelliten genau hierfür benutzt. Der springende Punkt ist, dass wenn Sie mit dem Auto fahren, und die Antenne oben auf dem Auto sowieso dem Satelliten nachführen müssen, dann spielt es auch keine Rolle, ob der Satellit jetzt an einem bestimmten Punkt steht, oder ob der ein bisschen hin und her wandert."

    Erich Lutz hält vor dem DLR-Gebäude an. Er steigt aus dem Wagen und zeigt aufs Autodach. Unter einer runden Glaskuppel ist dort eine flache Antenne installiert, die ein Motor hin- und her drehen kann. Matteo Berioli, technischer Leiter des Radio-Projekts, ist noch unzufrieden mit dem Empfangsteil.

    "Das Problem ist, dass die Antenne noch viel zu groß ist. Der wirkliche Durchbruch wäre eine flache Antenne, die ins Autodach integriert ist. Aber wir brauchen noch ein paar Jahre, bis es diese Technologie gibt."

    Matteo Berioli öffnet den Kofferraum des Rovers und zeigt auf ein kleines Metallkästchen mit Kabeln daran.

    "Wir brauchen ein Gyroskop, das verfolgt, in welche Richtung das Auto sich gerade gedreht hat. Denn wenn das Auto sich zum Beispiel um zehn Grad nach rechts dreht, muss die Antenne um zehn Grad nach links gedreht werden."

    Damit die Antenne sich immer auf den Satelliten am Himmel ausrichten kann, ist außerdem ein GPS-Empfänger nötig, der die Position des Autos misst. Doch beides, sagt Matteo Berioli, GPS-Gerät und Gyroskop, seien in modernen Navigationsgeräten bereits eingebaut. In ein paar Jahren, glaubt der Ingenieur darum, könnte das Multimedia-Radio marktreif sein.