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Radio Farda

Was Iranern in eigenen Land verboten ist, gelangt über Umwege zu ihnen. So auch Radio Farda, ein Programm, das von Radio Free Europe/ Radio Liberty in Prag und zu Teilen von Voice of America in Washington produziert wird. Zu 70 Prozent läuft iranische und amerikanische Popmusik, die von den herrschenden Mullahs als westliche Dekadenz verpönt ist. Ein Ventil für viele iranische Jugendlichen.

Von Eleni Klotsikas | 18.06.2005
    24 Stunden sendet Radio Farda täglich. Nachrichten immer zur vollen Stunde. Politische Informationssendungen, Studiogespräche und ein Jugendmagazin wird von den rund 30 Mitarbeitern, abwechselnd aus Prag und Washington zusammengestellt. Ein Drittel kommt von den Kollegen aus den USA. Finanziert wird der Sender vom US-Kongress. Journalistisch möchte Radio Farda ausgewogen und neutral berichten, erklärt Chefredakteur Ardavan Niknam in Prag.

    "Wir nehmen keine Positionen ein gegenüber jeglichen Entwicklungen. Sei es ein Fußballspiel oder eine Demonstration für oder gegen die Regierung. Wir haben keine politische Agenda, die lautet, dass wir das Regime stürzen wollen. Wir wollen unseren Hörern lediglich Informationen liefern. "

    Kommentare werden als journalistisches Stilmittel vermieden, um nicht den Verdacht der politischen Einflussnahme zu schüren. Von der iranischen Regierung wird der Sender als CIA-Sprachrohr stigmatisiert. Dagegen wehrt man sich entschieden bei Radio Farda und distanziert sich vom Image das Radio FreeEurope/ Radio Liberty als US-Auslandsfunk in den Anfangszeiten des Kalten Krieges hatte. Die Methoden, mit denen die iranischen Machthaber versuchen sich gegen die Medienoffensive abzuschotten, lassen jedoch an diese Zeiten erinnern:

    "Unserer Programm wird von Störsendern gestört. So mussten wir vor kurzem einen unserer Mittelwellensender einstellen. Die iranische Regierung verbreitet die Propaganda, dass alle ausländischen Medien, insbesondere elektronische, die islamischen Prinzipien unterwandern wollen."

    Als Sender für "ausgelagerte Demokratie" sollen bei Radio Farda die Leute zu Wort kommen, deren Stimme im Iran unterdrückt wird:

    "Wenn beispielsweise ein politischer Aktivist ins Gefängnis muss und es aus diesem Anlass eine Demonstration gibt, dann versuchen wir entweder mit ihm persönlich zu sprechen, falls das nicht geht versuchen wir mit seiner Frau, seinen Kindern oder mit dem Anwalt zu reden. Die Recherche erfolgt meist über Leute, die direkt von den Entwicklungen betroffen sind. "

    Information erreichen die Redaktion von Radio Farda auch über die Korrespondenten, die im Iran unter verdecktem Namen arbeiten. Als der Sender vor drei Jahren anfangen hat war es noch schwieriger mit Leuten im Iran Kontakt aufzunehmen. Heute sind es immer mehr Intellektuelle, Aktivisten und politisch Interessierte, die dem Sender Informationen anvertrauen. In Abgrenzung zu Voice of America oder den persischen BBC-Service hat Radio Farda den Schwerpunkt auf interne Entwicklungen gerichtet. Ardavan Niknam, Chefredakteur Radio Farda:

    "Da wir eines der wenigen unzensierten Nachrichtenquellen im Land sind, konzentrieren wir uns auf den Iran. Internationale Themen behandeln wir stündlich in den Nachrichten, aber der Großteil unserer Interviews, unserer Analysen, Gespräche und Perspektivenwechsel sind über Probleme, die sich innerhalb des Iran abspielen. "

    Doch Programmverantwortliche in Prag und Washington wissen, dass vor allem die junge Hörerschaft Radio Farda aus einem ganz anderen Grund einschaltet. Der Wunsch nach Lifestyle.

    Iranische und amerikanische Popmusik, von den herrschenden Mullahs als westliche Dekadenz verpönt, füllen bei Radio Farda zwei Drittel des Programms aus. So bietet der Sender vor allem für diejenigen ein Ventil, die sich den strengen Regeln des Islams entziehen wollen. Diese bilden im Iran seit Jahren die Mehrheit. Und so hofft man bei Radio Farda, dass sie sich "Morgen", an einem noch unbestimmten Tag, gegen das herrschende Regime durchsetzen.