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Radio Vatikan vor der Papstwahl

Wenn heute in Rom das Konklave, die Wahl des neuen Papstes beginnt, ist Radio Vatikan hautnah dabei. Der Sender strahlt zwei Mal täglich ein Programm auf deutsch aus und ist laut Eigenwerbung die "Stimme des Papstes in der Welt". Die Mitarbeiter von Radio Vatikan haben mit ihrem Dienstausweis Zutritt zu Bereichen des Kirchenstaates, die anderen Journalisten verschlossen sind.

Von Michael Brandt |
    115 Kardinäle werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit so oft in der Sixtinischen Kapelle abstimmen, bis sie eine Mehrheit für einen Nachfolger von Johannes Paul II. aus ihren Reihen gefunden haben. Zunächst versammeln sich die Kardinäle zu einem Gottesdienst im Petersdom. Dann ziehen sie in die Kapelle zum Konklave ein. Obwohl es keinen klaren Favoriten gibt, gehen Kirchenkenner von einem kurzen Konklave aus. Erwartet wird eine Entscheidung schon Mitte der Woche.

    Es mit sicher das Radio mit der besten Adresse weltweit: Palazzo Pio, direkt an der Piazza Pia in Rom. Gleich um die Ecke beginnt die Via della Conciliazione und wenn man aus den Fenstern der Redaktionszimmer schaut, sieht man direkt auf das Castel San Angelo, die Engelsburg:

    "Laudetur jesus christus. Hier ist Radio Vatikan mit einer Sendung während der 9-tägigen Trauerzeit nach dem Tod von Johannes Paul dem Zweiten."

    Gelobt sei Jesus Christus, so heißen die beiden täglichen Sendungen von Radio Vatikan auf deutsch; die eine um 16, die andere um 18 Uhr:

    "Hallo, herzlich willkommen, am Mikrofon begrüßt sie Hilde Regeniter, in unserer heutigen Sondersendung blicken wir zurück auf Ostern 2005, die letzten Kar- und Ostertage im Leben von Johannes Paul dem Zweiten."

    20 Minuten lang wurde am vergangenen Freitag zunächst über den aktuellen Stand vor Beginn des Konklave berichtet, dann im Rückblick über die letzten Auftritte von Johannes Paul dem Zweiten in der Öffentlichkeit - und das in durchaus bemerkenswerter Offenheit:

    "Er versucht die Segensformel zu sprechen, aber es wird nur ein Krächzen daraus, kaum zu hören"

    Krächzen ist schon fast schmeichelhaft für die Geräusche, die das hingehaltene Mikrofon vom Papst überträgt; eine Freundin der Moderatorin, die zufällig bei einem deutschen Privatsender arbeitet, sagt, bei ihnen wäre das so nicht gesendet worden - Thema auf der Redaktionssitzung am nächsten Tag. Der Leiter des deutschen Programms, Pater Eberhard von Gemmingen, fand die Sendung klasse:

    "Also ich hab mich wahnsinnig gewundert, was wir für tolle Sendungen machen, also dieser Rückblick, toll."

    Klare Worte des Jesuitenpaters, der seit 23 Jahren das deutsche Programm leitet; die Tage seit Ostern sind, sagt er, eine absolute Hochzeit für Radio Vatikan, er hätte so etwas noch nie erlebt; fast täglich wird das übliche Programm umgeschmissen, gibt es aktuelle Sondersendungen; und auch das Interesse für den Sender sei riesig - und das will etwas heißen, denn im Alltag führt das deutsche Programm von Radio Vatikan ein entschiedenes Nischendasein:

    "Es ist nicht leicht Radio Vatikan zu hören, weil wir senden in 40 Sprachen und wenn man nicht genau die Sendezeit und die Wellenlänge weiß, ist es eigentlich kaum zu hören, das heißt, man drängt sich dem Hörer kaum auf."

    Es gibt also ein feste Zahl immer älter werdender Stammhörer und ansonsten hat es der Sender nicht leicht, sein Publikum zu finden; ganz anders etwa , sagt Gemmingen, in Lateinamerika, wo viele große örtliche Hörfunksender das spanische oder portugiesische Programm von Radio Vatikan übernehmen; auf großes Interesse jedoch stoße das deutsche Internetangebot des Senders, selbst Spiegel-Kollegen hätten ihm - Pater Gemmingen - attestiert, dass die Informationen des Senders erstklassig sind. Überhaupt spricht der scharfzüngige Jesuitenpater gerne vom deutschen Spiegel, auch wenn er die journalistische Arbeit des Senders beschreibt:

    "Ich vergleiche mich gern mit Spiegel-Redakteuren, weil die haben auch nur eine begrenzte Freiheit, und wir haben auch nur eine begrenzte Freiheit wie jeder Journalist. weil je nachdem zu welchem Medium er geht, da gehört er dann dazu; wenn er sagt, dieses Medium passt mir nicht, dann muss er zu einem anderen Medium gehen. Er kann nicht in jedem Medium alles machen, was ihm durch den Kopf geht."

    Das deutsche Redaktionsteam besteht aus 5 ziemlich jungen Redakteuren; die Bezahlung sei im vergleich zu Redakteuren in Deutschland nicht toll, sagt Hilde Regeniter, aber interessant sei der Job allemal, zumal in diesen Tagen:

    "Also eins natürlich ganz klar: Radio Vatikan heißt im Untertitel die Stimme des Papstes in der Welt; daraus geht ganz klar hervor, wir sind kein unabhängiger Sender, sondern ein offiziöser, so zu sagen. Aber das weiß man, wenn man sich drauf einlässt. Aber ich muss natürlich sagen, dass wir hier mehr dann doch Freiheiten haben, als gedacht hätte."

    Die Arbeit also macht offenbar Spaß, nicht nur wegen der spektakulären Adresse. Die Mitarbeiter von Radio Vatikan haben mit ihrem Dienstausweis auch Zutritt zu vielen Bereichen des Kirchenstaates, wo es für die restlichen rund 3500 Journalisten, die zurzeit in Rom sind, "draußen bleiben" heißt: zum Beispiel durften einige von ihnen vorgestern als die letzten Journalisten vor Beginn des Konklaves in die sixtinische Kapelle und sich den Ort anschauen, wo ab heute Mittag der neue Papst gewählt wird.