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"Radio wird es immer geben"

In Großbritannien ist die BBC ein Innovationsmotor für die Entwicklung des Radios: Das Digitale Radio ist dort nicht zuletzt deswegen erfolgreich, weil sich der Sender bei der Entwicklung inhaltlich und finanziell in herausragender Weise engagiert hat. Über die Zukunft des Radios diskutierte man diese Woche in Berlin auf einer Veranstaltung in der Britischen Botschaft.

Von Michael Meyer | 11.10.2008
    "BBC World Service: This is London…"

    Viel ist passiert, seitdem 1933 der World Service seinen Regelbetrieb aufnahm: Heute, 75 Jahre später, sendet das BBC-Mutterhaus in Großbritannien selbst eine beeindruckende Zahl von Radioprogrammen: Sechs nationale und 46 lokale und regionale Programme stehen den Hörern zur Verfügung.

    Darüber hinaus gibt es auch eine ganze Reihe Sender, die nur digital zu empfangen sind, etwa "Radio 7" mit Hörspielen, Kinderfunk und Humorsendungen, oder etwa "BBC Radio 1 Extra", ein Sender nur mit Soul, HipHop und Rhythm and Blues Musik. Diese neuen Programme sind aber nicht die eigentliche Ursache dafür, dass das Digitalradio in Großbritannien so gut funktioniert, sagt der Network Manager der BBC, Murray Holgate:

    "Es gab bei uns eine Begeisterung fürs Digitalradio. Das Signal und der Empfang war besser, und man musste den Sender nicht mehr justieren. Man stellte das Radio auf einen bestimmten Sender ein, und da blieb es. Das waren ausreichende Gründe für viele Menschen, sich ein Digitalradio anzuschaffen. In der letzten Zeit sind aber auch neue Sender auf die digitalen Plattformen hinzugekommen. Es war aber so, dass gerade ältere Leute sich mit diesen Digitalradios ausgerüstet haben, so im Alter zwischen 40 und 50, denn sie konnten sie sich leisten."

    Dennoch, so argumentiert Deutschlandradio-Intendant Ernst Elitz, müssten neben dem besseren Empfang auch neue Programme für das digitale Zeitalter entwickelt werden - einfach nur alte Inhalte zusammen zu rühren, und dann zu behaupten, das seien neue Programme, wird nicht funktionieren, so Elitz. Daher nehme man gerne den Auftrag der Politik wahr, im nächsten Jahr das Programm "Deutschlandradio Wissen" anzubieten:

    "Wir bringen gute Voraussetzungen für ein solches Programm mit, weil wir schon jetzt Wissenschaftssendungen, geisteswissenschaftliche Rezensionen, jeden Tag bei uns anbieten, sodass wir mit einem solchen Programm ein vielfältiges Wissensangebot in Kooperation mit den Universitäten, mit den Campusradios, mit den Institutionen der Forschung - dann übersetzend, was dort geforscht wird - anbieten können. Und indem wir über neue Medien berichten, und natürlich, in enger Kooperation mit dem Internetangebot auch die neuen Medien praktisch in die Programmgestaltung einbringen."

    Dies sei erst letzte Woche mit der Sendung "Geocaching" ausprobiert worden: Ein Spiel in Berlin mit Hörern - dieses Projekt verband auf unterhaltsame Weise Radio, Internet und Fernsehen miteinander.

    Dennoch: Die Umstellung auf digitales Radio wird nicht einfach werden. In Großbritannien sieht man schon heute, dass der Radiomarkt im Umbruch ist. Den Zuwächsen beim digitalen Radio stehen abnehmende Hörerzahlen und Werbeeinnahmen beim analogen Radio gegenüber. Erwin Linnebach, Sprecher der Geschäftsleitung der Regio-Cast GmbH, meint, dass die Verbreitung des Radios in Zukunft über viele Wege, also nicht nur über digitale Frequenzen laufen wird:

    "Natürlich gibt es einen Wettbewerb der Technologien - die Leute kaufen nie eine 'Technik', sondern sie kaufen einen 'Nutzen'. Und, wenn ich später die nächste Generation Endgeräte haben werde, etwa Handys mit einem vernünftigen Lautsprecher oder Kopfhörer, dann ist mir das als Hörer total egal, ob das über UKW, DAB oder übers Internet kommt."

    Die seit fast 15 Jahren geführte Debatte über die Einführung von digitalem Radio muss, so ist der Direktor der saarländischen Landesmedienanstalt Gerd Bauer überzeugt, dringend zu einem Ende kommen. Jetzt müssten alle Beteiligten in Vorleistung treten: Die Wirtschaft, die Politik, und auch die öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Sender. Auch die kleinteilige Technik-Debatte müsse endlich aufhören, fordert Bauer:

    "Radio als Gattung wird es immer geben. Ich mache das immer an einem Beispiel deutlich: Ich kann noch so sehr auf die Internetnutzung setzen, während des Autofahrens werde ich Internet bestenfalls hören können, aber auf keinen Fall sehen, weil ich mich dann als Fahrer auf die Fahrbahn konzentrieren muss.

    Und deswegen wird Radio beispielsweise im Auto immer eine Chance haben, und je aktueller die Angebote sind, die das Radio durch die neuen Techniken verbreiten kann - denken Sie nur an den Verkehrsfunk, was man da alles zusätzlich leisten kann - , desto aktueller wird es auch angenommen werden von den Nutzerinnen und Nutzern. Deswegen sage ich: 2015 Radio auf ganz vielen Wegen verbreitet , aber mit ganz vielen Perspektiven auch danach."