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Radiolexikon: Toxoplasmose

Toxoplasmose wird von Katzen übertragen und zeigt ähnliche Krankheitssymptome wie eine Grippe. Gefährlich ist die Krankheit vor allem für Menschen mit schwachem Immunsystem - und für schwangere Frauen.

Von Andrea Westhoff | 04.06.2013
    "Katzen sind die rücksichtsvollsten Gesellschafter, die man sich wünschen kann", hat Pablo Picasso einmal gesagt. Und auch für die Deutschen ist die Katze das liebstes Haustier: Über zwölf Millionen schleichen durch die Wohnzimmer, in fast jedem dritten Haushalt sind sie zu finden, viel mehr als Hunde.

    Aber sie werden nicht nur von Menschen geliebt, Katzen sind auch der bevorzugte oder Hauptwirt eines einzelligen Parasiten namens "Toxoplasma gondii", Auslöser der Infektionskrankheit "Toxoplasmose", die vom Tier auch auf den Menschen übertragen werden kann:

    "Sie können sich prinzipiell über mehrere Wege infizieren","

    erklärt Professor Frank Seeber, Biologe in der Abteilung für Infektionskrankheiten des Robert-Koch-Instituts. Aber Katzen, genauer die freilaufenden und jagenden Haustiger, spielen dabei die Hauptrolle:

    ""Die Katze ist eigentlich der Organismus, der das infektiöse Stadium ausscheidet in die Umwelt über den Kot, der kann eben andere Tiere, die zur Nahrung dienen, infizieren. Und sie essen dieses Fleisch roh oder nicht gut genug gekocht, dann können sie sich damit infizieren. Sie können aber auch mit dem Katzenkot natürlich Gemüse, Obst infizieren. Auch bei der Gartenarbeit kann man sich prinzipiell infizieren, das heißt, auch Vegetarier die sind nicht davor gefeit."

    Toxoplasmose ist weit verbreitet: Schätzungsweise ein Drittel aller Menschen, in Deutschland jeder zweite, war nachweislich schon mal in Kontakt mit Toxoplasmen. Dennoch besteht für die allermeisten Betroffenen kein Grund zur Sorge:

    "Die Krankheit ist eigentlich, wenn Sie die akut bekommen, von der leichten Grippe kaum zu unterscheiden. Das heißt, die wenigsten Menschen wissen, dass sie infiziert sind oder wann sie sich infiziert haben. Und sie können damit im Prinzip auch uralt werden, solange ihr Immunsystem funktioniert."

    Für Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem allerdings kann die Toxoplasmose gefährlich werden. Für HIV-Infizierte und Aidskranke beispielsweise, aber auch für Krebspatienten, die eine Chemotherapie erhalten oder für Menschen nach einer Transplantation, bei denen die Immunabwehr medikamentös unterdrückt wird. Die Infektion kann eine Gehirnentzündung auslösen und auch Herz, Lunge, Leber oder Milz schädigen. Und sie muss mit Antibiotika behandelt werden.

    Meldungen, dass eine Toxoplasmoseinfektion möglicherweise zu Verhaltens- oder Wesensveränderungen bei den Betroffenen führt, sind dagegen mit Vorsicht zu genießen, warnt Frank Seeber. Erste Erkenntnisse aus Tierversuchen lassen sich nicht einfach auf den Menschen übertragen.

    Ganz eindeutig ist dagegen, dass eine Toxoplasmose für Schwangere gefährlich werden kann, sagt Dr. Babett Ramsauer, leitende Oberärztin im Mutter-Kind-Zentrum des Vivantes-Klinikums Berlin-Neukölln:

    "Das Problem der Toxoplasmose in der Schwangerschaft ist nicht etwa die Schwangere, sondern es ist das Kind, was ein Problem hat durch eine Toxoplasmoseinfektion. Es kann sowohl vom Hören wie auch vom Sehen Schädigungen haben."

    Neben Augen und Ohren kann der Parasit besonders im ersten Teil der Schwangerschaft auch Lunge, Herz oder das Gehirn des Fötus angreifen und zu bleibenden Behinderungen führen, zu einem Wasserkopf etwa. Eine Toxoplasmoseinfektion der Schwangeren kann auch eine Früh- und Totgeburt auslösen. Allerdings fügt die Gynäkologin hinzu:

    "Es muss nicht unbedingt so sein, dass das Kind eine Infektion bekommt, wenn die Mutter eine Infektion hat. Aber es besteht eine Gefahr in der Schwangerschaft."

    Der beste Schutz ist eine früher schon durchgemachte Toxoplasmose, denn nach der Erstansteckung werden Antikörper gegen den Erreger gebildet, sodass man danach immun ist. Das lässt sich mit einem speziellen Bluttest feststellen, den Babett Ramsauer allen Schwangeren empfiehlt. Die Kosten dafür übernimmt allerdings in der Regel nicht die Krankenkasse:


    "Das bemängeln wir eigentlich auch, dass es in den Mutterschaftsrichtlinien nicht so verankert ist, dass man sagt, das gehört bei jeder dazu. Wie zum Beispiel eine Rötelnimmunität, die geprüft wird, wäre es eigentlich gut, dass man auch die Toxoplasmose möglichst früh in der Schwangerschaft, idealerweise tatsächlich vor der Schwangerschaft, abklärt und sagt, es ist eine Immunität da oder nicht da."

    Die Antikörpertests sind inzwischen auch sehr differenziert, ergänzt Professor Frank Seeber vom Robert-Koch-Institut:

    "Die Diagnostik ist sehr gut, das heißt, man kann relativ gut durch Speziallabors nachweisen, zu welchem Zeitpunkt mehr oder minder genau die Infektion stattfand, das ist wichtig bei Schwangeren, um zu wissen, ob man therapieren soll oder nicht."

    Die Inkubationszeit für Toxoplasmose beim Menschen beträgt ein bis drei Wochen. Und wenn eine Schwangere sich wirklich neu infiziert hat, kann sie in der Regel sehr gut mit Antibiotika behandelt werden. Die Empfehlungen der gynäkologischen Fachgesellschaften sind zwar nicht ganz einheitlich, was die Medikamente im Einzelnen, sowie Umfang und Dauer der Behandlung angeht, aber in der Nutzen-Risiko-Abwägung spricht doch mehr für die Medikamentengabe, selbst in der Schwangerschaft, sagt Dr. Babett Ramsauer vom Mutter-Kind-Zentrum in Berlin-Neukölln:

    "Es ist ein relativ kompetentes Medikament. Das eine, was man da gibt, es wird auch von den Frauen nicht immer gut vertragen. Es geht auch ein bisschen auf die Blutbildung und die Leber wird zusätzlich belastet. Das sind die Sachen, die man dann zum Beispiel während der Behandlung auch kontrollieren sollte. Es ist aber so, auch wenn die gesamte Schwangerschaft durch behandelt wird, haben die Kinder durch die Behandlung keinen Schaden."

    Besser ist es aber in jedem Fall – für Schwangere und auch all diejenigen, die kein ganz stabiles Immunsystem haben – das Risiko einer Toxoplasmainfektion zu meiden. Und das ist so schwer nicht, meint Professor Frank Seeber vom Robert-Koch-Institut.

    "Indem man wirklich Fleisch durchgart, Gemüse, Obst wäscht, Gartenarbeit mit idealerweise Handschuhen verrichtet. Also im Prinzip ist es einfach das Wissen darum, wie man sich infizieren kann. Und das einfach beachten, dass man dieser Gefahr sich möglichst wenig aussetzt."

    Selbstverständlich gehört dazu auch die Vorsicht beim Umgang mit dem geliebten Haustiger, der nicht generell gefährlich ist – vorausgesetzt, er ist nicht allzu freiheitsliebend:

    "So eine Hauskatze, die nie mal den Fuß vor die Tür setzt und nur von Dosenfutter lebt, die ist auch nicht infiziert. Und wenn man auch gewisse hygienische Regeln, was die Katze anbelangt, beachtet, ist da in meinen Augen auch keine Gefahr."

    Schwangere allerdings sollten doch kritischer über eine Katze als Haustier nachdenken, sagt Dr. Babett Ramsauer. Denn ihrer Erfahrung nach ist eine Toxoplasmoseinfektion in der Schwangerschaft nicht so selten:

    "Das muss man ein bisschen natürlich überlegen, wieweit man das schafft, eine gesamte Schwangerschaft hindurch sich so fern von der Katze entfernt zu halten, dass man sich nicht infiziert."