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Radiowellen gegen Krampfadern

Krampfadern sind nicht nur ein kosmetisches Problem sondern können auch gesundheitliche Folgen haben. Bisher wurden die hervorstehende Vene in einer Operation aus dem Körper entfernt - für die Patienten brachte das oft Schmerzen und einige Tage im Krankenhaus mit sich. Seit einiger Zeit gibt es nun eine sanftere Methode: die Radiofrequenztherapie. Mit Hilfe von Radiowellen verschweißen die Chirurgen die Gefäße von innen. Die Vene bleibt im Körper. Noch ist das Verfahren nicht sehr verbreitet. Eine Form der Radiofrequenztherapie wird derzeit in Berlin erprobt.

Von Andrea Kalbe |
    Die Patientin auf dem OP-Tisch hat Krampfadern. Wie Flüsse schlängeln sich die geschwollenen Venen über ihre Beine. Weil die Venenklappen nicht mehr richtig schließen, fließt das Blut nicht zum Herz, sondern in die Venen zurück und staut sich dort. Entzündungen, Wassereinlagerungen oder sogar Thrombosen können die Folge sein – die Krampfadern müssen behandelt werden. Anstelle des herkömmlichen Stripping, bei dem der Chirurg die kranke Vene herauszieht, wenden die Ärzte hier ein spezielles minimalinvasives Verfahren an: die so genannte bipolare Radiofrequenztherapie. André Roggan von der Celon AG, die das Verfahren entwickelt hat:

    "Das Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass eine kleine bipolare, flexible Sonde in die zu behandelnde Vene eingeführt wird. Die Sonde wird dann vorgeschoben in dem Gefäß bis zum Ende der erkrankten Stelle. Dann wird der bipolare Radiofrequenzstrom aktiviert an dem Gerät, und der Stromfluss im Bereich der bipolaren Sondenspitze führt dann dazu, dass es zu einer lokalen Erwärmung in der Vene kommt. Diese Erwärmung führt dazu, dass die Vene schrumpft, und da das gesamte Gefäß, die gesamte Vene, zu therapieren ist, wird der Arzt dann die Sonde rückwärts durch die Vene hindurchziehen und in diesem Rückzug quasi das gesamte Gefäß erhitzen und damit verschrumpfen. "

    Das Besondere an dem System: Durch die spezielle Sondenspitze ist eine präzise abgegrenzte Behandlung des Gewebes möglich. Gleichzeitig misst die Spitze den Gewebezustand. Der Arzt erfährt über ein akustisches Signal, in welchem Tempo er die Sonde bewegen muss, um die Vene optimal zu schließen und den umliegenden Bereich nicht zu schädigen. 80 Grad ist die Sondenspitze heiß, wenn sie durch die Vene gezogen wird und diese wie einen Reißverschluss schließt. Gegenüber dem herkömmlichen Stripping ist die Methode mit Radiowellen schonender, erklärt Professor Bernd Harnoss. Er ist Chefarzt der Gefäßchirurgie am Martin-Luther-Krankenhaus in Berlin, das die bipolare Radiofrequenztherapie klinisch anwendet.

    "Der entscheidende Unterschied ist, dass die operative Entfernung der Vene in der Regel zu etwas ausgeprägteren Blutungen und in der unmittelbaren postoperativen Phase, also direkt nach dem Eingriff, zu gewissen Beschwerden führen kann. Und diese Beschwerden sind bei diesem andersartigen Verfahren ganz deutlich geringer. Das heißt, dass der Patient nahezu sofort wieder vollständig einsatzfähig ist. "

    Der Eingriff wird ambulant und meist unter lokaler Betäubung durchgeführt. Bereits wenige Stunden später kann der Patient das Krankenhaus wieder verlassen. Die verschlossene Vene vernarbt und wird vom Körper teilweise abgebaut. Allerdings ist das Verfahren nicht für jeden geeignet:

    "Insbesondere, wenn die Krampfader sehr ausgeprägt ist, dann wird das Zusammenschrumpfen, wie man sich leicht vorstellen kann, relativ schwierig. Das heißt, man braucht eine relativ hohe Hitzeentwicklung, die dann auch unter Umständen zu Sekundärschäden führen kann. Da rate ich von dieser Methode eher ab, weil die Ergebnisse dann doch nicht unbedingt so sind, wie der Patient sich das wünscht. Da raten wir dann zur operativen Methode. "

    Noch gibt es für die Behandlung mit Radiowellen keine Langzeitstudien. Erste Untersuchungen, so auch am Berliner Martin-Luther-Krankenhaus, deuten jedoch darauf hin, dass der Therapieerfolg genauso gut ist, wie beim klassischen Venen-Stripping. Die hier angewandte Behandlung ist sogar so kostengünstig, dass sie von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Einer, der es ausprobiert hat, ist Mathias Thiede. Der 46-Jährige hatte mehrere Krampfadern am Oberschenkel.

    "In meinem speziellen Fall: Ich bin fünf, sechs Stunden nach der OP entlassen worden, konnte dann auch schon wieder nach Hause laufen, bin ab dem 3. Tag wieder vorsichtig joggen gegangen und habe zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Beschwerden oder sonst irgendwas gehabt. "