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Radon
Radioaktives Gas belastet das Erzgebirge

Das radioaktive Edelgas Radon kommt vermehrt in der Bodenluft von Regionen vor, wo Edelmetalle abgebaut werden. Auch im Erzgebirge bereitet die hohe Konzentration den Menschen Probleme. Strahlenschützer fordern jetzt deutlich niedrigere Grenzwerte.

Von Bastian Brandau | 07.09.2016
    Touristen besuchen den Markus-Röhling-Stolln im erzgebirgischen Frohnau.
    Das Erzgebirge ist eine Gegend mit besonders hoher Radonkonzentration. (dpa/picture alliance/Hendrik Schmidt)
    "Ein strahlend 'Los' ganz ohne Frag, den singen wir zum Radontag. Zum zehnten Mal, schon sind wir hier, im deutschen Radonhauptrevier…"
    Musikalischer Einklang im selbsternannten Radonhauptrevier, der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Beim Sächsischen Radontag treffen sich Wissenschaftler, Vertreter von Behörden und Industrie, um über den Umgang mit dem radioaktiven Edelgas zu beraten. Das spielt in der sächsischen Geschichte eine leidvolle Rolle: Schon im 16. Jahrhundert beschrieben Ärzte die Schneeberger Krankheit, eine Lungenkrankheit unter Bergleuten.
    Hohe Radonkonzentration im Erzgebirge
    Im 20. Jahrhundert stellte sich schließlich heraus, dass sie eine durch Radon verursachte Form von Lungenkrebs war. Zu DDR-Zeiten sind daran mehrere Tausend Bergleute gestorben. Das Erzgebirge ist eine Gegend mit besonders hoher Radonkonzentration, erklärt Reinhold Uhlig, Professor für Baukonstruktionslehre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. Radon komme aber überall dort vermehrt in der im Erdboden enthaltenen Bodenluft vor, wo Edelmetalle abgebaut wurden oder werden, also auch in anderen Mittelgebirgen und den Alpen.
    "Dieses Radon aus der Bodenluft kann in Gebäude einströmen über undichte Gebäudehülle im Bereich des Kellers. Wenn das dann passiert, vor allem durch Undichtheiten wie schlechte Anschlüsse von Rohrdurchführung oder fehlende Abdichtungen, wie wir es in Altbauten haben, dann strömt diese sehr radonhaltige Luft in das Gebäude ein und kann sich da zu relativ hohen Konzentrationen aufstauen im Gebäude."
    Die Konzentration wird in Becquerel gemessen, also die Anzahl der zerfallenden radioaktiven Atomkerne pro Sekunde in einem Kubikmeter Luft. Direkt in der Bodenluft werden zum Teil über 100.000 Becquerel gemessen, sagt Uhlig. Durch undichte Wände erreiche die Radonkonzentration vor allem in älteren Gebäuden im Erzgebirge zum Teil gefährliche Werte:
    "Wir haben dann häufig Radonkonzentrationen in der Luft, die weit über 1000 Becquerel liegen, also nicht mehr ganz so viel wie im Erdreich. Zum Teil auch bis zu 10.000 Becquerel pro Kubikmeter Luft. Und wenn Sie ständig dieser Radonkonzentration ausgesetzt sind, dann erhöht sich schlicht und einfach das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken."
    Fünf Prozent aller Lungentumore werden durch Radon verursacht
    Radon verursacht etwa fünf Prozent aller Lungentumore, und ist damit nach dem Rauchen die zweithäufigste Ursache dafür. Vor gut zwei Jahren hat die EU einen Referenzwert für die Radonkonzentration in Räumen eingeführt – 300 Becquerel. Wie genau diese Regelung in Deutschland umgesetzt werden soll, ist noch offen, ein Bundesgesetz wird derzeit erarbeitet. Auf dem Radontag forderten Strahlenschützer deutlich niedrigere Grenzwerte, während die Bauindustrie vor hohen Kosten warnte. In Sachsen mit einem hohen Radonvorkommen können sich Bürger beraten lassen, sagt Bernd Maurer, Referent im Ministerium für Umweltschutz und Landwirtschaft:
    "Es gibt eine Radon- Beratungsstelle in Bad Schlema, dort kann man sich erkundigen und alle Informationen einholen, und dort kann man auch mit den Leuten sprechen und die können dann auch Dosimeter verteilen, damit man Messungen in den eigenen vier Wänden machen kann."
    Denn staatlich angeordnete Messungen gibt es im Wohnbereich nicht. Bauingenieur Reinhold Uhlig von der HTW Dresden rät auch Hausbesitzern außerhalb von Radon-Hochburgen zu einer Messung – vor allem bei undichten Hauswänden.
    Preiswerte Testmögkichkeiten
    "Eine einfache Radonmessung ist relativ preiswert durchzuführen. Und da sollte ansich jeder, der sich unsicher fühlt, da könnte was sein, natürlich in erster Linie in den Gebieten, die über die Radonkarten als erhöhte kritische Gebiete, aber auch in anderen Gebieten kann das durchaus ein Thema sein."
    Weniger als 50 Euro koste ein solcher Test. Eine Konzentration von 300 Becquerel sei ein Wert, ab dem der Hausbesitzer auf jeden Fall reagieren müsse, sagt Uhlig:
    "Dort gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, die Bodenluft unter dem Gebäude abzusaugen und dadurch zu verhindern, dass die radonhaltige Luft in das Gebäude eintritt. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, die mit unterschiedlichen Kosten und Aufwand verbunden sind aber die doch zu sehr guten Ergebnissen führen können."
    Bei Neubauten hingegen gelte: Bei moderner Bauweise seien diese sehr gut gegen die Bodenluft abgedichtet. Wenn denn nicht gepfuscht würde.