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Rainer Robras ARD-Kritik
"Das ist alles westgeprägt"

Kürzlich sorgte Sachsen-Anhalts Staatsminister Rainer Robra für Schlagzeilen, als er die Abschaffung der Tagesschau forderte. Davon ist er mittlerweile abgerückt, doch der CDU-Politiker beklagt weiterhin: Wenn der Osten im Ersten abgebildet werde, dann meist negativ. Eine "provinzielle" Kritik?

Von Christoph Richter | 18.12.2017
    Rainer Robra (CDU), Kulturminister und Chef der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt, im Landtag von Sachsen-Anhalt in Magdeburg.
    In einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung im Oktober 2017 forderte Rainer Robra (CDU), Kulturminister und Chef der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt, die Abschaffung der Tagesschau (dpa / Peter Gercke)
    Kein Frühstücksfernsehen, kein MDR Aktuell, gemeint ist das Nachrichtenradio des Mitteldeutschen Rundfunks, kein Deutschlandfunk, kein Privatfunk, wie das reichweitenstarke Radio SAW. Wenn Sachsen-Anhalts Kultur - und Staatsminister Rainer Robra am Frühstückstisch sitzt, dann herrscht Stille.
    "Lasse mich immer von MDR Kultur wecken, das ist es dann auch schon. Dann wird gefrühstückt, zur Arbeit gefahren. Keine weitere Medienbegleitung."
    "Wünsche mir eine größere Sensibilität"
    Rainer Robra, der aus Niedersachsen stammende Jurist mit CDU-Parteibuch, gilt als einer der lautstärksten Kritiker der ARD. Was ihn besonders umtreibt: Sachsen-Anhalt komme im Fernsehen des Ersten so gut wie nicht vor.
    "Ich wünsche mir eine größere Sensibilität für die vielen, nicht nur kulturellen Äußerungen, sondern auch politischen Entwicklungen in den Ländern. Dort erfahren wir national zu wenig voneinander, weil sich die ARD im Laufe der Jahre von ihren regionalen Wurzeln gelöst hat."
    Kaum Osten im Ersten
    Robra beklagt, dass Themen aus Sachsen-Anhalt und Mitteldeutschland in der ARD kaum prominent platziert werden: "Definitiv ja."
    Stassfurt, Gardelegen oder Zeitz, kenne kaum einer, jenseits der Landesgrenzen. Doch dass sei genau die Aufgabe der ARD, die "Vermittlung unterschiedlicher Lebenswirklichkeiten". Und wenn der Osten im Ersten abgebildet werde, dann meistens nur bei negativen Schlagzeilen.
    "Das ist alles westgeprägt. Und das muss sich ändern! Da gibt es für die ostdeutsche Schiene - für mich ist es Mitteldeutschland, dass an allererster Stelle steht - eine besondere Verschärfung dieses Problems nicht wahr genommen zu werden" - weshalb sich viele Ostdeutsche fragen würden, wofür sie das System mittragen, die Gebühren zahlen, wenn ihre Belange nicht zum Tragen kämen, so Robra weiter.
    Best of ARD?
    Auf die Frage, ob Beiträge aus den Kulturprogrammen der Dritten im Ersten laufen sollten, reagiert Robra dünnhäutig.
    "Auch das ist falsch in der Interpretation…"
    Autor:… ist eine Frage …"
    Robra: "… ja, der Frage liegt eine völlig irreale Disposition zugrunde. Ich sage 'Best of'. Das Beste, das journalistisch Beste aus den Sendungen der Rundfunkanstalten der Länder…."
    Robra, das sollte aus Transparenzgründen noch ergänzt werden, sitzt im ZDF-Fernsehrat.
    "Provinzielle" Kritik?
    CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff nannte die ARD kürzlich "Westfernsehen", wie man es diese Woche in der ZEIT nachlesen kann. Sein Groll stammt wohl auch daher - ein offenes Geheimnis -, dass er, oder Mitglieder der Magdeburger Landesregierung, so gut wie nie auf den prominenten Stühlen der Polit-Talkshows Platz platznehmen.
    Der Leipziger Medienwissenschaftler Rüdiger Steinmetz nennt die Kritik aus Sachsen-Anhalt "provinziell".
    "Sie haben nicht das große Ganze im Auge. Und Robra hat gesagt, dass es um den Osten geht. Aber der Süden und der Westen kommen in seinen Vorstellungen schon mal gar nicht vor, was erstaunlich ist."
    Und: Der Rundfunk sei nicht die Uraufgabe der Politik. Schon gar nicht haben Politiker Programmverantwortlichen zu sagen, wie ihr Programm auszusehen habe, so Medienwissenschaftler Steinmetz weiter.
    "Es ist nicht die Aufgabe von regionalen Politikern, den Medien Aufträge zu erteilen, neue Strukturen über zu helfen, die ihnen gerade so in den Kram passen. Im 3. Reich und in der DDR haben jeweils politische Systeme versucht, die Medien zu strangulieren. Wir müssen die Staatsunabhängigkeit unseres Rundfunks einfach verteidigen. Alles andere geht in die Irre."
    "Robra hat gar keine Chance"
    Erst kürzlich forderte Robra in einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung die Abschaffung der Tagesschau, der täglich etwa 8 Millionen Zuschauer beiwohnen - entfachte ein Sturm der Entrüstung.
    Stefan Gebhardt, parlamentarischer Geschäftsführer und medienpolitische Sprecher der Linkspartei im Magdeburger Landtag schüttelt über diesen Vorschlag verständnislos den Kopf.
    "Es ist nicht umsetzbar. Da sehe ich überhaupt keine Mehrheiten. Gott sei Dank regiert die Linke in drei Landesparlamenten, stellt einen Ministerpräsidenten. Das ist ein gutes Schutzschild für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und insofern hat da Robra gar keine Chance."
    Sachsen-Anhalts Staatskanzlei-Chef Robra ist zurückgerudert. Jetzt heißt es, man müsse die Tagesschau um regionale Aspekte erweitern, sie auf 20 Minuten verlängern. Damit auch dort mal Sachsen-Anhalt vorkomme. Ähnlich sehe es man im Saarland. Auf Nachfrage in Saarbrücken heißt es, diese Meinung teile man nicht.
    Rundfunkstaatsvertrag als Nagelprobe
    Der nächste Rundfunkstaatsvertrag so viel scheint klar, er wird zur Nagelprobe. Denn Sachsen-Anhalt - so ist deutlich hinter den Kulissen zu vernehmen - werde dem nicht zustimmen, wenn es keine grundlegenden Reformen gebe. Wenn nicht künftig mehr Regionales, mehr Sachsen-Anhalt im Ersten zu sehen ist.
    Am Ende, im Gehen noch, sagt Rainer Robra , man solle nicht vergessen, er wolle die ARD retten. Nur müssten es die Verantwortlichen endlich mal zu zur Kenntnis nehmen.