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Ramadan
Fasten während der Fußball-WM?

Nichts essen und nichts trinken von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang ist ein wesentlicher Bestandteil des muslimischen Fastenmonats. In diesem Jahr fällt der Ramadan in die Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft - und das dürfte gerade in der Hitze Brasiliens eine Herausforderung für muslimische Spieler werden.

Von Victoria Reith | 28.06.2014
    Muslime in Palästina beim abendlichen Fastenbrechen im Ramadan
    Während des Ramadan sollen Muslime erst nach Sonnenuntergang essen. (dpa picture-alliance / epa / Mahfouz Abu Turk Abu)
    Zum ersten Mal seit 1986 findet die Fußballweltmeisterschaft teilweise während des Ramadan statt. Im Ramadan sollen Muslime mehr beten und für wohltätige Zwecke spenden. Dazu kommt, dass sie 29 Tage lang fasten, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Das bedeutet, den ganzen Tag über nichts zu essen und auch nichts zu trinken - und dann, wenn die Sonne untergegangen ist, das Fasten zu brechen.
    Was für viele nach einem Ausnahmezustand klingen mag, gehört für Muslime zum Leben dazu, erklärt Bekir Alboga vom Islam-Verband DITIB: "Im Ramadan leben wir, im Ramadan arbeiten wir, im Ramadan studieren und im Ramadan spielen wir. Ramadan ist ein Teil unseres Lebens."
    Aber in der feuchten Hitze Brasiliens wird es für muslimische Fußballspieler schwierig, zu fasten und auf Essen und Trinken zu verzichten. Doch das müssen die Spieler auch gar nicht unbedingt.
    "Die muslimischen Spieler, die in Brasilien spielen, befinden sich auf der Reise. Und der Koran und der Islam ist eine Religion der Flexibilität. Und wenn man sich auf der Reise befindet, wenn man krank ist, wenn man hochschwanger ist und wenn die Gesundheit gefährdet ist, erlaubt der Islam und sagt: Verzichte in den langen Tagen darauf. Du kannst entweder Armen Spenden dafür, Geld oder Speise, oder du kannst das später nachholen."
    Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat sich vor vier Jahren gemeinsam mit dem DFB Gedanken gemacht um das Thema Fußball und Fasten während des Ramadan. In einer Handreichung haben die Verbände Regeln für Profifußballer im Ramadan festgeschrieben. Das habe man theologisch untermauert, sagt Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland: "Entscheidend ist, dass wir Profifußball auch als eine Arbeit dargelegt haben. Es gibt ja eine ganze Reihe von körperlich schweren Arbeiten. Die kann ich ja auch nicht dann einfach liegen lassen sondern muss das zusammenbringen und das bedeutet eben, an den bestimmten Tagen nachzufasten."
    Ob und wie die Spieler das umsetzen, ist ihnen überlassen. Manche unterbrechen das Fasten während der Trainingszeit, andere nur während der Spiele. Auch Mesut Özil hat selbst entschieden wie er mit dem Ramadan in diesem WM-Jahr umgeht: "Ramadan fängt natürlich Samstag an, aber ich kann leider da nicht mitmachen, weil ich halt arbeite. Und deswegen kommt das auch nicht in Frage."
    Die Algerische Mannschaft ist der Gegner der Deutschen im Achtelfinale am Montag. Das Team aus Nordafrika besteht ausschließlich aus Muslimen. Der Trainer Vahid Halilhodzic wollte Fragen nach den Fastengewohnheiten seiner Spieler nicht beantworten: "Nein, nein, nein. Wir wollen nicht über Ramadan reden, sondern nur über den Sport, können Sie das nicht verstehen? Warum fragen Sie immer nach solchen Dingen. Ramadan ist nicht das Thema, nur Fußball. Akzeptieren Sie das! Dankeschön!"
    Der Weltverband FIFA verweist auf zwei Expertenstudien in Tunesien und Algerien, mit dem Ergebnis, dass es keine signifikante Leistungsminderung gebe, wenn man den Ramadan befolge. Doch auf der Hand liegt: Die sportliche Leistung könnte durchaus beeinflusst werden, wenn der hohe Flüssigkeitsverlust während des Spiels nicht durch Trinken ausgeglichen wird.
    Algeriens Kapitän Madjid Bougherra will spontan entscheiden, nach seiner körperlichen Verfassung. Er glaubt, dass er fasten wird. Das Klima sei gut. In Porto Alegre, wo Deutschland und Algerien am Montag aufeinander treffen, herrschen in der Tat derzeit gemäßigte Temperaturen.
    Die muslimischen Spieler aus der Schweiz, darunter der Bayern-Profi Xherdan Shaqiri, werden nicht fasten, bis die Weltmeisterschaft vorbei ist, so ein Sprecher der Mannschaft. Und Didier Deschamps, Trainer der französischen Equipe Tricolore sagte: Wir respektieren die Religion der Spieler und machen uns keine Sorgen.
    Ob sie nun fasten oder nicht, Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland ist der Meinung, dass die Fußball-WM für die Spieler keine Ausrede ist, nicht zu fasten: "Er geht nicht hin und sagt, ich suche jetzt das Kleingedruckte und gucke, dass ich eine Ausflucht finde. Und es geht auch gar nicht vorrangig im Ramadan um das Enthalten von Essen und Trinken. Es geht um eine Zeit, die für den Muslim besonders gesegnet ist und ergiebig ist."
    Abgesehen von der sportlichen und klimatischen Belastung ist es in Brasilien übrigens leichter zu Fasten als in Deutschland. Während dort zwischen Sonnenauf- und Untergang nur elf Stunden liegen, sind es in Deutschland siebzehneinhalb. Und damit sechseinhalb Stunden mehr, in denen Muslime nicht essen und nicht trinken.