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Rangliste der Pressefreiheit
Corona-Folgen für den Journalismus

Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen sieht weltweit etliche Gefahren für die Pressefreiheit – eine neue ist in diesem Jahr dazugekommen: In der jährlich erscheinenden Rangliste spiegeln sich auch die Folgen der Coronavirus-Pandemie wider.

21.04.2020
Ein Transparent mit der Aufschrift "Pressefreiheit" hängt an einer Wand.
Weltweit ist die Pressefreiheit in Gefahr (dpa/ Jörg Carstensen)
Norwegen und Finnland an der Spitze, Nordkorea und Turkmenistan auf den letzten Plätzen. Mit Blick auf die Meinungsvielfalt, die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten und die Freiheit in der Berichterstattung gibt es weltweit extreme Unterschiede. Doch besonders auffällige Veränderungen hat es in der Rangliste von Reporter ohne Grenzen (ROG) in diesem Jahr nicht gegeben. Bei den Verantwortlichen der Journalistenorganisation wachsen allerdings die Sorgen, dass die derzeitige Corona-Krise in manchen Staaten zu einer weiteren Aushöhlung der Pressefreiheit genutzt werden könnte.
"Die Corona-Pandemie bündelt bestehende repressive Tendenzen weltweit wie ein Brennglas", sagte Vorstandssprecherin Katja Gloger. Kritisiert wird unter anderem das EU-Land Ungarn, das die Verbreitung falscher oder irreführender Nachrichten über die Corona-Krise unter Strafe gestellt hat. Damit würden neue Repressionen geschaffen. Gegen die politische Führung in China und im Iran richtet sich der Vorwurf, Informationen über die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus unterdrückt zu haben.
Deutschland leicht verbessert
Immer dreister auftretende autoritäre Regime, repressive Gesetze gegen vermeintliche Falschmeldungen, populistische Stimmungsmache und die Erosion traditioneller Medien-Geschäftsmodelle stellten die Pressefreiheit weltweit infrage, hieß es von Reporter ohne Grenzen. Schlusslichter sind, wie in den Vorjahren, autoritäre Staaten, die keine unabhängige Berichterstattung zulassen: Nordkorea, Turkmenistan und Eritrea.
Am besten ist die Situation in Nordeuropa: An der Spitze der Rangliste steht Norwegen, gefolgt von Finnland, Dänemark, Schweden und den Niederlanden. Deutschland hat sich in der Rangliste leicht verbessert und liegt aktuell auf Platz elf. Für die Rangliste der Pressefreiheit 2020 wurde die Situation von Journalisten und Medien in 180 Staaten und Territorien verglichen.
Weltkarte "Pressefreiheit weltweit"
Norwegen (Platz 1 von 180)
Seit vielen Jahren belegt Norwegen durchgehend einen der vorderen Plätze in der Rangliste der Pressefreiheit. Zum vierten Mal in Folge liegt das Land nun an der Spitze. "Journalist*innen können frei von Zensur und politischem Druck arbeiten", heißt es von Reporter ohne Grenzen. "Gewalt gegen Medienschaffende ist sehr selten; allerdings kommt rassistische Online-Hetze gegen Journalist*innen vor. Unter dem Druck der Entwicklungen auf dem Medienmarkt wurden 2016 die gesetzlichen Regelungen gelockert, die eine zu starke Medienkonzentration verhindern sollen."
Ungarn (Platz 89 von 180)
Innerhalb der EU gibt es massive Kritik an der zunehmend autoritären Machtpolitik von Regierungschef Viktor Orbán. Viele Medien werden inzwischen direkt oder indirekt von Orbán und der Fidesz-Partei kontrolliert. "Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender wurden in der staatlichen Medienholding MTVA zentralisiert, zu der auch Ungarns einzige Nachrichtenagentur MTI gehört", schreibt Reporter ohne Grenzen.
Türkei (Platz 154 von 180)
Vor allem die Fälle von Deniz Yücel und Mesale Tolu haben in der deutschen Öffentlichkeit für viel Aufmerksamkeit gesorgt – und den Blick auf die Lage von Journalistinnen und Journalisten in der Türkei gelenkt. Etliche Medienvertreter sitzen in Haft. "Die einst pluralistische Medienlandschaft steht inzwischen fast vollständig unter Kontrolle der Regierung oder regierungsnaher Geschäftsleute", so Reporter ohne Grenzen.
China (Platz 177 von 180)
China liegt wegen der strikten Zensur und der staatlichen Kontrolle der Medien stets auf einem der hinteren Plätze in der Rangliste der Pressefreiheit. "Unter Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die Kommunistische Partei mithilfe modernster Technologie ihre umfassende Kontrolle über Nachrichten und Informationen weiter ausgebaut."