Musiktheater ist in der äußersten Nordwestecke Europas ein rares Gut. Aber immerhin sorgt die Compagnie der Scottish Opera dafür, dass in dieser Spielzeit je fünf Vorstellungen von Mozarts "Figaro" ins Festival Theatre Edinburgh und das Theatre Royal von Glasgow kommen, jeweils zwei auch nach Inverness und in His Majesty's Theatre von Aberdeen. Analog wird mit Verdis "Rigoletto" und Bizets "Carmen" verfahren, zwei unverwüstlichen Publikums-Lieblingen. Auch mit Händels "Orlando" geht ein Theaterdirektor hierzulande kein Risiko ein, wenn die Bilder zu diesem Rasenden Roland des blühenden Spätbarock nur schön genug ausfallen. Anders verhält sich das mit dem "Intermezzo" von Richard Strauss, zumal dieses in Deutsch gesungen werden soll. Aber dieser Abstecher ins kontinentale Repertoire des 20. Jahrhunderts bietet nicht nur den Vorteil einer fein geschäumten spättonalen Tonsprache, sondern auch den einer kleinen, also preisgünstigen Orchesterbesetzung – und er kommt gänzlich ohne Chor aus, was einen weiteren erheblichen Einsparfaktor darstellt. Jedes Pfund, jeder Penny wird hier in Schottland, so scheint es, zweimal umgedreht – und dies für eine Kunstform, die gerade nach klassischer britischer Vorstellung "magnificent" sein soll.
Das Bühnenbild, das Simon Higlett für den im insularen Musikleben höchst bekannten Bariton und Regisseur Thomas Allen bauen ließ, kündet bruchlos von vergangenen besseren Zeiten. Allerdings dauert es bis zum Auftritt von Kate Valentine als Rosina Gräfin Almaviva im zweiten Akt, bis sich die leicht angegilbte Schlosspracht mit hohen Türen, großem Blumengebinde und Blick auf weite Ländereien in voller Schönheit zeigt. Ein Ernteeinsatz, minutiös einem Ölgemälde von George Stubbs aus dem späten 18. Jahrhundert nachempfunden, hatte die Ouverture optisch animiert, die Francesco Corti energisch und akkurat steuerte. Überhaupt gelingt diesem Dirigenten eine technisch hochstehende, musikalisch fein ausnuancierte Realisation der Partitur, deren Ensemble-Szenen bekanntlich besonderes Fingerspitzengefühl benötigen.
Fürs Erste finden die letzten Hochzeitsvorbereitungen von Figaro und Susanna in einem ziemlich angeranzten Nebenraum des Schlosses Almaviva statt. Einige Schranktüren sind aus den Angeln gebrochen und auch das Bett, das der Graf dem jungen Paar schenkt, scheint vom Sperrmüll zu stammen. Durch Thomas Oliemans und Nadine Livingston erhielten die jungen Liebenden, deren Beziehungsfähigkeit in den folgenden dreieinhalb Stunden auf erste große Proben gestellt wird, volle und kampflustige Stimmen. Wie überhaupt beide Bariton-Partien, auch die des Grafen mit Roderick Williams, in Glasgow vorzüglich besetzt wurden.
Thomas Allen sorgte für eine sängerfreundliche Inszenierung im historistischen Ambiente und legte größten Wert auf die deutliche Mimik, die kleinen Gesten der Sängerdarsteller. Er zeigt die Intrige 1:1, als wären die erotischen Rituale (bis hin zur Bedeutung der Verkleidung) und gewisse gesellschaftliche Bräuche des 18. Jahrhunderts (bis hin zur Abschaffung des ius primae noctis) heute noch ohne Weiteres verständlich. Bewegung kommt nur durch den Pagen Cherubino ins Spiel: Ulrike Mayer, durch Kriegenburg-Inszenierungen in Magdeburg bekannt geworden, schlägt gegebenenfalls aus dem Stand einen Purzelbaum, wenn es der tolle Tag verlangt. Und sie singt die Partie des dauer- und allseits verliebten Jünglings auf der Schwelle zum Eintritt ins Militärwesen mit leiser Intensität und völliger Unbeschwertheit.
Das Opernhaus in Glasgow, im Krieg von deutschen Bomben zerstört, dann in klassizistischer Manier wieder aufgebaut, wurde vielleicht auch aus symbolischen Gründen an der Hope Street angesiedelt. Eine Oper wie "Figaro", obwohl sie im Dunklen endet, wurde durchgängig licht und heiter gestaltet. Stubenrein – nicht werktreu. Denn die Treue zum Werk müsste wenigstens Fingerzeige auf das enthalten, was in einer langen und in diesem Fall besonders heftigen Zensurpraxis aus ihm gestrichen wurde – es betrifft die Darstellung der Verhältnisse zwischen Männern und Frauen sowie der sozialen Kontraste.
Das Bühnenbild, das Simon Higlett für den im insularen Musikleben höchst bekannten Bariton und Regisseur Thomas Allen bauen ließ, kündet bruchlos von vergangenen besseren Zeiten. Allerdings dauert es bis zum Auftritt von Kate Valentine als Rosina Gräfin Almaviva im zweiten Akt, bis sich die leicht angegilbte Schlosspracht mit hohen Türen, großem Blumengebinde und Blick auf weite Ländereien in voller Schönheit zeigt. Ein Ernteeinsatz, minutiös einem Ölgemälde von George Stubbs aus dem späten 18. Jahrhundert nachempfunden, hatte die Ouverture optisch animiert, die Francesco Corti energisch und akkurat steuerte. Überhaupt gelingt diesem Dirigenten eine technisch hochstehende, musikalisch fein ausnuancierte Realisation der Partitur, deren Ensemble-Szenen bekanntlich besonderes Fingerspitzengefühl benötigen.
Fürs Erste finden die letzten Hochzeitsvorbereitungen von Figaro und Susanna in einem ziemlich angeranzten Nebenraum des Schlosses Almaviva statt. Einige Schranktüren sind aus den Angeln gebrochen und auch das Bett, das der Graf dem jungen Paar schenkt, scheint vom Sperrmüll zu stammen. Durch Thomas Oliemans und Nadine Livingston erhielten die jungen Liebenden, deren Beziehungsfähigkeit in den folgenden dreieinhalb Stunden auf erste große Proben gestellt wird, volle und kampflustige Stimmen. Wie überhaupt beide Bariton-Partien, auch die des Grafen mit Roderick Williams, in Glasgow vorzüglich besetzt wurden.
Thomas Allen sorgte für eine sängerfreundliche Inszenierung im historistischen Ambiente und legte größten Wert auf die deutliche Mimik, die kleinen Gesten der Sängerdarsteller. Er zeigt die Intrige 1:1, als wären die erotischen Rituale (bis hin zur Bedeutung der Verkleidung) und gewisse gesellschaftliche Bräuche des 18. Jahrhunderts (bis hin zur Abschaffung des ius primae noctis) heute noch ohne Weiteres verständlich. Bewegung kommt nur durch den Pagen Cherubino ins Spiel: Ulrike Mayer, durch Kriegenburg-Inszenierungen in Magdeburg bekannt geworden, schlägt gegebenenfalls aus dem Stand einen Purzelbaum, wenn es der tolle Tag verlangt. Und sie singt die Partie des dauer- und allseits verliebten Jünglings auf der Schwelle zum Eintritt ins Militärwesen mit leiser Intensität und völliger Unbeschwertheit.
Das Opernhaus in Glasgow, im Krieg von deutschen Bomben zerstört, dann in klassizistischer Manier wieder aufgebaut, wurde vielleicht auch aus symbolischen Gründen an der Hope Street angesiedelt. Eine Oper wie "Figaro", obwohl sie im Dunklen endet, wurde durchgängig licht und heiter gestaltet. Stubenrein – nicht werktreu. Denn die Treue zum Werk müsste wenigstens Fingerzeige auf das enthalten, was in einer langen und in diesem Fall besonders heftigen Zensurpraxis aus ihm gestrichen wurde – es betrifft die Darstellung der Verhältnisse zwischen Männern und Frauen sowie der sozialen Kontraste.