Die größte jüdische Gemeinschaft Europas lebte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Warschau. Juden stellten ein Drittel der Stadtbewohner. Über 300.000 Menschen waren es, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. Heute bekennen sich etwa dreitausend Warschauer zum Judentum. Während in ganz Polen einst Tausende von Rabbinern tätig waren, zählt man heute gerade ein Dutzend. Einer von ihnen ist Szalom Ber Stambler, geboren 1982 in Israel.
"Früher gab es ein normales, reiches Gemeindeleben. Man ging zum Rabbiner, wie man heute einen Anwalt oder einen Arzt aufsucht. Heute wartet die Gemeinde auf niemanden. Man muss bei Null anfangen. Man träumt von jenem Tag, wo man im Büro sitzt und die Leute einfach zu einem kommen. Man muss hinausgehen, die Juden suchen und ihnen sagen: Die dunklen Zeiten in diesem Teil Europas liegen hinter euch, wir können wieder wir selbst sein."
Das Jüdische Historische Institut in Warschau zeigt nun eine Ausstellung über die Rolle von Rabbinern in der polnischen Geschichte und Gegenwart. Mit umfangreichen Ausstellungstexten, wertvollen historischen Schriften und mit viel Bildmaterial, vor allem Porträts aus den eigenen Archiven, dokumentiert man die besondere Rolle der Rabbiner als Lehrer und Gelehrte, als Ratgeber und nicht selten als Schiedsrichter in Alltagsfragen. Zum Beispiel Szalom Szachna: Der Sohn eines Bankiers des polnischen Königs war im 16. Jahrhundert als Rabbiner und Talmudgelehrter in Lublin tätig. Dort gründete er eine Jeschiwa, eine Hochschule für jüdische Studien, die vor einigen Jahren sogar neu gegründet wurde. Oder auch der Reformer Izaak Cyłków, der besonders für die Annäherung von jüdischen und katholischen Polen steht. Cyłków übersetzte das alte Testament ins Polnische und predigte im späten 19. Jahrhundert, zur Zeit der russischen Besatzung, in der Großen Synagoge von Warschau auf Polnisch - gegen das Verbot der russischen Landesherren.
Paweł Śpiewak, Direktor des Jüdischen Historischen Instituts, will mit der Ausstellung über die Rabbiner der Öffentlichkeit bislang kaum bekanntes Material präsentieren:
"Das Judentum in Polen hatte sein eigenes Gesicht, aber zugleich hatte es eine führende Stellung für ganz Europa. Hier in Polen gab es die meisten berühmten Rabbiner, hier wirkten die berühmtesten Interpreten des Talmuds und hier gab es die berühmtesten Talmudhochschulen, die Jeschivas. Und das wollen wir zeigen."
Zur Geltung kommen in der Ausstellung Rabbiner der traditionellen orthodoxen Strömung des Judentums, die im 18. Jahrhundert aufkeimende mystische Frömmigkeitsbewegung der Chassidim, und die zahlreichen Reformbewegungen vor allem des 19. Jahrhunderts. Eine der Aufgaben der Rabbiner, durch ihr Wissen Ratschläge für einen Alltag im Einklang mit der jüdischen Religion zu geben, zieht sich durch alle Zeiten. Die Debatte um koschere, nach den Regeln des jüdischen Glaubens hergestellte Lebensmittel, scheint nicht nur in der Ausstellung auf, sie ist in diesen Tagen in Polen aktuell. Das polnische Verfassungstribunal hat das Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor Kurzem als gesetzeswidrig erklärt. Tierschützer laufen Sturm gegen diese Form der rituellen Schlachtung, mit der übrigens polnische, nicht unbedingt jüdische Lebensmittelbetriebe viel Geld verdienen - besonders durch den Export. Noch einmal Paweł Śpiewak, Direktor des Jüdischen Historischen Instituts:
"Wenn von staatlichen Behörden und Teilen der Öffentlichkeit Druck ausgeübt wird, mit dem Argument, das sei Barbarei, dann werden damit die Fundamente der Religionsfreiheit angegriffen. Es gibt keine bürgerliche Freiheit, keine politische Freiheit ohne Religionsfreiheit. Wir müssen uns über die Hierarchie klar werden. Ist uns der Mensch der Nächste - oder ist es genauso das Tier?"
"Früher gab es ein normales, reiches Gemeindeleben. Man ging zum Rabbiner, wie man heute einen Anwalt oder einen Arzt aufsucht. Heute wartet die Gemeinde auf niemanden. Man muss bei Null anfangen. Man träumt von jenem Tag, wo man im Büro sitzt und die Leute einfach zu einem kommen. Man muss hinausgehen, die Juden suchen und ihnen sagen: Die dunklen Zeiten in diesem Teil Europas liegen hinter euch, wir können wieder wir selbst sein."
Das Jüdische Historische Institut in Warschau zeigt nun eine Ausstellung über die Rolle von Rabbinern in der polnischen Geschichte und Gegenwart. Mit umfangreichen Ausstellungstexten, wertvollen historischen Schriften und mit viel Bildmaterial, vor allem Porträts aus den eigenen Archiven, dokumentiert man die besondere Rolle der Rabbiner als Lehrer und Gelehrte, als Ratgeber und nicht selten als Schiedsrichter in Alltagsfragen. Zum Beispiel Szalom Szachna: Der Sohn eines Bankiers des polnischen Königs war im 16. Jahrhundert als Rabbiner und Talmudgelehrter in Lublin tätig. Dort gründete er eine Jeschiwa, eine Hochschule für jüdische Studien, die vor einigen Jahren sogar neu gegründet wurde. Oder auch der Reformer Izaak Cyłków, der besonders für die Annäherung von jüdischen und katholischen Polen steht. Cyłków übersetzte das alte Testament ins Polnische und predigte im späten 19. Jahrhundert, zur Zeit der russischen Besatzung, in der Großen Synagoge von Warschau auf Polnisch - gegen das Verbot der russischen Landesherren.
Paweł Śpiewak, Direktor des Jüdischen Historischen Instituts, will mit der Ausstellung über die Rabbiner der Öffentlichkeit bislang kaum bekanntes Material präsentieren:
"Das Judentum in Polen hatte sein eigenes Gesicht, aber zugleich hatte es eine führende Stellung für ganz Europa. Hier in Polen gab es die meisten berühmten Rabbiner, hier wirkten die berühmtesten Interpreten des Talmuds und hier gab es die berühmtesten Talmudhochschulen, die Jeschivas. Und das wollen wir zeigen."
Zur Geltung kommen in der Ausstellung Rabbiner der traditionellen orthodoxen Strömung des Judentums, die im 18. Jahrhundert aufkeimende mystische Frömmigkeitsbewegung der Chassidim, und die zahlreichen Reformbewegungen vor allem des 19. Jahrhunderts. Eine der Aufgaben der Rabbiner, durch ihr Wissen Ratschläge für einen Alltag im Einklang mit der jüdischen Religion zu geben, zieht sich durch alle Zeiten. Die Debatte um koschere, nach den Regeln des jüdischen Glaubens hergestellte Lebensmittel, scheint nicht nur in der Ausstellung auf, sie ist in diesen Tagen in Polen aktuell. Das polnische Verfassungstribunal hat das Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor Kurzem als gesetzeswidrig erklärt. Tierschützer laufen Sturm gegen diese Form der rituellen Schlachtung, mit der übrigens polnische, nicht unbedingt jüdische Lebensmittelbetriebe viel Geld verdienen - besonders durch den Export. Noch einmal Paweł Śpiewak, Direktor des Jüdischen Historischen Instituts:
"Wenn von staatlichen Behörden und Teilen der Öffentlichkeit Druck ausgeübt wird, mit dem Argument, das sei Barbarei, dann werden damit die Fundamente der Religionsfreiheit angegriffen. Es gibt keine bürgerliche Freiheit, keine politische Freiheit ohne Religionsfreiheit. Wir müssen uns über die Hierarchie klar werden. Ist uns der Mensch der Nächste - oder ist es genauso das Tier?"