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Raubbau oder umweltschonende Waldwirtschaft?

Nach wie vor gibt es für umweltbewusste Verbraucher gute Gründe, Möbel aus Tropenholz im Laden stehen zu lassen, denn häufig wird immer noch ein Teil des Waldes zerstört, um an wenige gesuchte Stämme heran zu kommen. Nicht wesentlich besser ist die Situation bei Hölzern, die harmlos als "europäische Fichte" daher kommen und aus russischen oder skandinavischen Wäldern stammen. Wie beruhigend für anspruchsvolle Kunden, dass es gleich zwei Organisationen gibt, die mit ihren Siegeln für Holz aus umweltgerechter Waldwirtschaft bürgen wollen. Das eine ist das internationale Siegel FSC, das andere das europäische Siegel PEFC. Derzeit liefern sich die Organisationen eine Anzeigenschlacht.

Von Stefan Michel | 06.04.2004
    Nur das Beste ist gut genug.
    Man muss kein Geheimagent sein, um unsere Wälder zu schützen. Fragen Sie beim Kauf nach dem Siegel des Forest Stewardship Council.
    Des FSC. Dafür werben James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan und Pop-Diva Jennifer López in deutschen Zeitschriften, vierfarbig und ganzseitig. Und die Umweltorganisation World Wide Fund For Nature, WWF, hat eine weitere Anzeigenserie entworfen. In dieser Kampagne wird FSC-Holz mit Lebensmitteln höchster Qualität gleich gesetzt. Spiegel und Focus haben diese Anzeigen abgedruckt, Brigitte und Bunte, TV Spielfilm, TV Today und viele andere Blätter.

    Die Konkurrenz vom paneuropäischen Zertifikat für nachhaltige Holzwirtschaft lässt diese Werbeattacke nicht unbeantwortet.

    Zertifizierung? Ein Glück für unseren Wald!

    So wirbt ein strahlender Graf in Trachtenjacke auf halbseitigen Farbanzeigen bei seinen nichtadeligen Waldbesitzerkollegen fürs paneuropäische Holzsiegel PEFC. Aber nur in Fachblättern der Forstwirte und Holzverarbeiter. Die sind vorerst die Zielgruppe des PEFC, erklärt dessen Sprecher Dirk Teegelbekkers. Und außerdem:

    Es ist eine Kostenfrage. Wir haben bescheidene Mittel. Wir haben nämlich nicht diese Unterstützergruppen wie beispielsweise den WWF, der uns dort mit Millionen Euro unterstützen könnte.

    Das vermutete Millionenbudget erheitert FSC-Sprecher Uwe Sayer:

    Das ist auch so eine der Legenden, die natürlich zurzeit sehr stark zirkuliert. Die Wahrheit ist, alles, was wir in Deutschland bisher abgedruckt haben, sechs Millionen mal in großen Zeitschriften in Deutschland inzwischen, ist alles passiert auf Good-Will-Basis dieser Verlage.

    Ohne Bezahlung, betont FSC-Sprecher Uwe Sayer, höchstens gegen eine Spendenquittung. Ihm gefallen aber angeblich auch die Anzeigen der Konkurrenz:

    Ich habe die schon beneidet um das schöne Bild, was die da publiziert haben. Aber wir haben zurzeit andere Zielgruppen. Das ist auf der einen Seite der Verbraucher, der gezielt ein bestimmtes Produkt aus dem Regal nimmt, das ist aber natürlich auch der, der Entscheidungen trifft, dass ein bestimmtes Produkt im Regal steht.

    Die "Allgemeine Forstzeitschrift" sieht damit die Treibjagd auf den PEFC eröffnet.
    Das Endspiel hat begonnen: Augenscheinlich will der FSC die Entscheidung in Deutschland erzwingen und sein Siegel beim Endverbraucher als Marke aufbauen.

    PEFC-Vertreter Teegelbekkers sieht das nicht so dramatisch:

    Jeder versucht, seine Marktanteile zu sichern und auszubauen.

    Sorgen bereiten ihm große Baumarktketten wie OBI und Praktiker, die sich eindeutig gegen sein Siegel und für die Konkurrenz vom FSC entschieden haben. Und die Umweltorganisationen, die sein PEFC-Siegel schmähen, weil es den Waldbesitzern und der Holzindustrie allzu wenig abverlange. Greenpeace spricht von einem 'Schein-Öko-Siegel’, der BUND von einer 'minderwertigen Zertifizierung’, der Naturschutzbund von einem 'Holzsiegel light’. Und eine Studie des WWF bescheinigt dem PEFC schwer wiegende Defizite.

    Bleibt die Mehrheit der deutschen Waldbesitzer, mit deren Geld der PEFC seine Anzeigenkampagne finanziert:

    Also, es sind immer noch nur fünfstellige Euro-Beträge, was wir für dieses Jahr für Werbung angesetzt haben.

    Aber wozu überhaupt diese Werbung um die Holzwirtschaft, wo PEFC doch bereits zwei Drittel der deutschen Waldfläche unter Vertrag hat? Während FSC nicht einmal fünf Prozent der deutschen Waldfläche repräsentiert:

    Also, ich hab mich da auch schon gefragt.

    Kann es sein, so die Frage an den FSC-Mann Sayer, dass seine Konkurrenten den FSC vom deutschen Holzmarkt verdrängen wollen?

    Wir sehen das schon auch sehr kritisch. Aber aus unserer Sicht geht diese Strategie nur mäßig auf.

    Weil es nämlich für jedes Holzprodukt auch Anbieter im Ausland gebe. Und weil der Kunde gar nicht wahrnehme, ob er deutsches oder ausländisches Holz vor sich hat. Und dennoch ist das die wunde Stelle des FSC: Er kann bislang kaum mit Holz aus heimischer Produktion werben, mit einem Produkt der kurzen Wege. Der PEFC dagegen schon.