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Rauchzeichen

Derzeit streitet man in Deutschland intensiv um den Nichtraucherschutz. In dieser Hochphase der Debatte sollte es ein Zigarettenproduzent schwer haben mit seinen geächteten Produkten. Doch das Beispiel des 236 Jahre alten Traditionsunternehmens Johann Wilhelm von Eicken zeigt, die Folgen der Nichtraucherdebatte lassen sich mit gezielten Strategien abfedern.

Von Detlev Karg |
    Johann Wilhelm von Eickenist noch heute im Familienbesitz und wird in der siebten und achten Generation vom Seniorchef Johann Wilhelm von Eicken und seinem Sohn Marc geführt. Der Name von Eicken ist zwar Verbrauchern nicht geläufig, aber überall präsent, und darin liegt ein Erfolgsgeheimnis:

    "Also wir sind natürlich in der Branche schon bekannt, bei den Konsumenten vielleicht weniger. Richtig ist auch, dass unser Unternehmen sich in den letzten zehn Jahren sehr stark exportorientiert bewegt hat, so dass unsere Marktanteile hier in Deutschland nicht die größten sind, in fast 120 Ländern gibt es unsere Produkte zu kaufen, aber in keinem dieser Länder haben wir mehr als zehn Prozent Marktanteil und insofern können Sie uns nicht überall sehen, aber wenn Sie durch die Welt kommen sich ein wenig in der Branche auskennen: unsere Konkurrenz sieht uns überall,"

    sagt Seniorchef Johann Wilhelm. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Das Unternehmen exportiert 65 Prozent seiner Produkte, davon acht Milliarden Zigaretten im Jahr, in nahezu 120 Länder der Erde. Deutschland ist mit zehn Prozent Anteil am Umsatz nicht mehr und nicht weniger als einer der vielen Exportmärkte. Durch diese Streuung des Geschäfts und den Einsatz des Wissens in der Verarbeitung von Tabak ist von Eicken weniger anfällig für Schwankungen. Johann Wilhelm von Eicken, erklärt, was Know-how in der Tabakbranche bedeutet:

    "Das Wichtigste, die Seele des Unternehmens: Der Tabak. Die Mischung, das Zusammenstellen, den richtigen Tabak einkaufen und ähnliche Dinge mehr, und dann die Umsetzung in ein Produkt. Und das haben viele nicht, das ist ja auch eine sehr aufwendige Angelegenheit mit immensen finanziellen Belastungen, dass man dieses Lager an Rohtabaken vorhält, die aus aller Welt hierher kommen."

    Ein Gang durch das riesige Lager auf dem vier Hektar großen Firmengelände lässt die Faszination des Tabaks durch die Nase auf neue Weise aufleben: Wer blauen Dunst hasst, der wird doch vielleicht dem rohen Tabak etwas abgewinnen, dessen dutzende süßer oder rauchiger Duftnoten die endlos wirkenden Hallen im Lübecker Gewerbegebiet Roggenhorst unweit der Autobahn A1 durchwehen.

    "Das ist Burley, dann haben wir hier Virginiatabake, das ist französischer Tabak, dann haben wir hier deutschen Tabak, das ist ein ganz heller Tabak, wir kaufen den ganz gerne, weil er sehr niedrig im Nikotin ist. Das sind alles Kartons mit 200 Kilo Tabak drin, aus Simbabwe, aus Brasilien, aus China, Frankreich, Malawi, Indien, man kann sagen, aus aller Herren Länder kommen diese Produkte."

    Das Rauchen bringt von Eicken einen Jahresumsatz von 100 Millionen Euro. Viel Geld für ein Unternehmen mit 450 Beschäftigten, die sich auf Standorte in Lübeck und das thüringische Dingelstädt verteilen, wo man einst einen ehemaligen volkseigenen Betrieb der DDR zukaufte. Vor allem im vergangenen Jahrzehnt wuchs von Eicken stark, nicht zuletzt weil das Unternehmen sich dem neuen Trend der unbehandelten Zigaretten zuwandte, auch dies ein Teil der Strategie, innerhalb der Gesundheitsdebatte neue Märkte zu erschleißen. Manitou heißt die Premiumzigarette, die auf Erfolgskurs ist:

    "Das wird sehr gut angenommen. Die Konsumenten sind auf der Suche nach qualitativ hochwertigen Produkten, die einfach gut und ehrlich sind. Die Leute können weniger rauchen und rauchen dadurch auch bewusster und hochwertiger, obwohl man nicht sagen kann, dass es gesünder ist, aber es ist reiner. Und von daher fällt es auf sehr fruchtbaren Boden,"

    sagt der für das Marketing zuständige Juniorchef Marc von Eicken. Wachstum gibt es weltweit, von Spanien bis Japan. Eine zusätzliche Produktionslinie wurde darum vor einem Jahr in Betrieb genommen.

    "8000 Zigaretten in der Minute. Das ist jetzt gerade ein Auftrag für Tschechien, so eine Maschine läuft in drei Schichten und macht so neun Millionen am Tag."

    Neben dem Premiumsegment sorgte auch der Discountbereich mit der Preiswertmarke Burton für wachsende Gewinne bei von Eicken. Angesichts der Spar-Welle bei den Verbrauchern haben aber nun auch die großen Konzerne dieses Segment entdeckt - dies macht dem Mittelständler vermutlich mehr zu schaffen als die Nichtraucherdebatte in der Europäischen Union. Juniorchef Marc von Eicken:

    "Wir fühlen uns nicht sonderlich gut dabei, wenn man - fast - zum "Drogenproduzenten" avanciert, oder eben "degradiert" wird. Aber rein umsatzmäßig ist es für uns noch nicht so schlimm."

    Denn die Märkte für Tabakwaren sind nach wie vor groß. So groß, dass man die Nachfrage mit den eigenen Kapazitäten gar nicht bedienen könne, da sind sich Vater und Sohn einig. Dennoch, es gilt, 236 Jahre Familientradition fortzuschreiben für die nächste Generation, eventuell auch ohne Tabak. Vorerst aber wird weiter experimentiert, im hauseigenen Labor etwa stehen derzeit einige Wasserpfeifen. Doch nicht der ägyptische Markt steht dabei im Vordergrund, wie Juniorchef Marc von Eicken erläutert:

    "Wir haben in Deutschland eine Marke die heißt Sindbad, und es gibt ja zunehmend arabisch geprägte Mitmenschen hier, und demzufolge wird das immer mehr konsumiert und es hat sich in den letzten zwei Jahren entwickelt, dass ein kleiner Trend entsteht. Es gibt ja kleine Shisha-Bars in Frankreich, Dänemark und Holland und das funktioniert ganz gut, wenn auch auf sehr kleinem Niveau, muss man sagen."

    Und das ist ja bekanntlich ausbaufähig, wie der Erfolg der Natur-Zigarette Manitou zeigt, deren Erfolg heute bis Japan reicht.