Die USA, Russland, Japan - sie alle fliegen mit ihren Raumschiffen zur Internationalen Raumstation (ISS). Nur Europa nicht. Doch diesen "Traum vom All" soll der Dream Chaser für die Alte Welt nun wiederbeleben. Dabei handelt es sich um einen geflügelten Raumgleiter von zehn Metern Länge. Er sieht aus wie eine Miniversion der amerikanischen Space Shuttles. Und OHB ist für die Sierra Nevada Corporation aus Nevada einer der europäischen Ansprechpartner beim Projekt Dream Chaser.
"Der Dream Chaser ist so ausgelegt, dass er auf der Spitze einer Rakete startet. Das geht auch mit der Ariane 5 und zukünftig auch mit der Ariane 6.
Dream Chaser startet von Kourou aus und könnte dann zum Beispiel auch in Deutschland landen. Es wurden auch schon Flughäfen dafür analysiert, welche geeignet sind. Besonders gut geht zum Beispiel Rostock-Laage oder auch Nordholz."
Maximal fünf Tonnen Nutzlast
Genau dies, so Fritz Merkle von OHB Systems in Bremen, sei der Vorteil eines geflügelten Raumschiffs: Es kann auf jedem Flughafen der Welt landen, dessen Runway mindestens zweieinhalb Kilometer lang ist. Europäische Firmen und Forschungseinrichtungen könnten es also künftig mit europäischen Nutzlasten und Experimenten bestücken, es von Französisch-Guyana starten und auf das europäische Festland zurückkehren lassen:
"Es wurde von OHB ein Innenausrichtungskonzept entwickelt, was mit der Raumstation kompatibel ist. So können also im Dream Chaser Experimente, wie sie heute im Columbus-Modul der Raumstation durchgeführt werden, auf den Dream Chaser übernommen werden. Das heißt auch, Experimente könnten unabhängig von der Raumstation in gleicher Schwerelosigkeit durchgeführt werden."
Die unbemannte Version des Dream Chasers wird maximal fünf Tonnen Nutzlast ins All befördern können. Um mehr Cargo zu transportieren, will Sierra Nevada seinen Raumgleiter um ein tonnenförmiges Frachtmodul erweitern. Timo Stuffler ist der Direktor der Abteilung Business Development beim Raumfahrtkonzern OHB Systems in München:
"Das Cargo-Modul ist hinten angehängt, hat aber keine Hitzekacheln, das heißt wenn der Wiedereintritt erfolgt, dann trennt sich das Cargo-Modul vom Dream Chaser ab und verglüht in der Atmosphäre."
Nach absolvierter Mission würde dieses Cargo-Modul also als eine Art Mülleimer fungieren. Die Besatzung der ISS könnte den gesammelten Abfall der vergangenen Wochen dort hinein packen, der dann mit dem Cargo-Modul verglühen würde. Diese unbemannte Version des Dream Chasers soll Ende 2019 erstmals Richtung ISS starten, frühestens drei Jahre später dann der erste Dream Chaser mit Astronauten an Bord.
Beide Versionen werden unterschiedlich sein, erklärt Luciano Saccani, Director for International Business Development bei Sierra Nevada Corporation Space Systems:
"Die Crew-Version benötigt ein Lebenserhaltungssystem für die Menschen an Bord. Und natürlich Sitze. Außerdem wird der bemannte Dream Chaser über Fenster im Cockpit verfügen."
"Die Crew-Version wird die Flügel nicht zusammenfalten"
Optisch sind beide Versionen auch an der Farbgebung zu unterscheiden. Die bemannte Version wird unten schwarz gekachelt und oben weiß gestrichen sein - wie einst die Space Shuttles. Aus Gewichtsgründen verzichtet Sierra Nevada bei der Cargo-Version weitgehend auf weiße Farbe. Die unbemannte Version wird also fast völlig schwarz sein. Sie wird mit zusammengefalteten Flügeln in der Nutzlastspitze einer amerikanischen, europäischen oder japanischen Rakete starten können sagt Luciano Saccani:
"Die Crew-Version wird die Flügel nicht zusammenfalten. Sie wird frei auf der Spitze einer Atlas 5, einer Ariane 6 oder einer japanischen H-III abheben. Im Falle eines Startabbruchs kann sich der Dream Chaser somit sofort von der Rakete lösen und die Astronauten in Sicherheit bringen. Wir gewinnen drei Sekunden, wenn wir nicht erst die Verkleidung der Raketenspitze absprengen müssen. Es ist einfach sicherer."
Neben der Bereitstellung von Landebahnen, der Ariane als Startvehikel und der Entwicklung der Innenausstattung sind die Europäer bei einem weiteren Schlüsselelement mit an Bord: Europäische Firmen werden den Adapter bauen, mit dessen Hilfe das Raumschiff an die ISS docken wird. Damit ist die Sierra Nevada Corporation die einzige der amerikanischen Raumfahrtfirmen, die sich auf eine derart weitgehende Kooperation mit Europa einlässt.