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Raumtransporter
Einmal Weltall und zurück

Europa will sein erstes wiederverwertbares Raumschiff ins All schicken: Am Mittwoch soll eine Trägerrakete mit dem Prototyp des sogenannten Intermediate Experimental Vehicle, kurz IXV, starten. Der Testflug ist kein Selbstzweck für die europäische Raumfahrt.

Von Guido Meyer | 10.02.2015
    Das IXV beim Wiedereintritt in die Atmosphäre (Zeichnung)
    Das IXV beim Wiedereintritt in die Atmosphäre (Zeichnung) (ESA)
    Einen wirklich schönen Namen hat er nicht, der Prototyp eines europäischen Weltraumtransporters: Er nennt sich IXV. Und das steht für Intermediate EXperimental Vehicle, also etwa "mittelgroßes Experimentier-Vehikel".
    "Das IXV ist ein länglicher Körper. Es hat so ein bisschen die Form des Shuttles, aber es fehlen ihm eben die Flügel."
    Holger Burkhardt aus dem Programm für zukünftige Trägersysteme beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn. Dieses Vehikel soll eine europäische Vega-Rakete ins All schießen, und zwar von Europas Weltraumbahnhof in Französisch-Guyana aus. Hendrik Weihs vom Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung am DLR in Stuttgart.
    "Dieses Vehikel wird auf circa 400 Kilometer Höhe geboostet mit einer Geschwindigkeit, das ist so die 24-fache Schallgeschwindigkeit. Es fällt von diesen 400 Kilimeter Höhe langsam wieder nach unten, und ab 100 km Höhe spürt man dann die Atmosphäre. Und ab dann wird es interessant, bis es so weit abgebremst hat, dass es ungefähr noch die zweifache Schallgeschwindigkeit hat."
    Segelnd zur Erde zurück
    Wie ein Segelflugzeug soll das IXV aus rund hundert Kilometer Höhe antriebslos zurückgleiten zur Erde, ergänzt Luft- und Raumfahrtingenieur Holger Burkhardt vom DLR in Bonn.
    "Dieses Fahrzeug wie das IXV hat eben am hinteren Ende auch noch zwei Klappen. Das kennt man auch von den Flugzeugen mit den Klappen. Und mit diesen Steuerklappen kann man in der Atmosphäre dann Kräfte auslösen und damit das Fahrzeug steuern."
    Und genau dies ist für die Forscher am Boden die entscheidende Phase. Denn neben der Beobachtung des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre und der damit verbundenen Hitzeentwicklung wollen die Ingenieure der europäischen Weltraumagentur ESA das Flugverhalten des Gleiters in den oberen Luftschichten analysieren. Hendrik Weihs:
    "Man nimmt den Rumpf dieses Fahrzeuges, stellt ihn gegen den Wind, und damit erzeugt es - zumindest bei hohen Geschwindigkeiten - genug Auftrieb, damit es quasi fliegen kann. Man gewinnt dadurch einen gewissen Auftrieb. Aber dieser Auftrieb reicht natürlich nicht, um direkt auf einer Landebahn runterzugehen."
    Weil das Aufsetzen zu hart wäre, soll das Fluggerät stattdessen mithilfe von Fallschirmen im Pazifik wassern. Um die Daten während des Hinabgleitens aufzuzeichnen, ist das IXV mit drei-hundert Sensoren bestückt, überall auf dem Rumpf.
    "Die meisten dieser Sensoren sind auf der Oberfläche des Fahrzeuges verteilt und messen dort hauptsächlich Druck und Temperaturen, und dann noch den sogenannten Wärmefluss, also wie viel Wärme von außen in das Fahrzeug eindringt."
    Unbemannte Ergänzung zur Internationalen Raumstation
    Dieser Testflug ist kein Selbstzweck für die europäische Raumfahrt. Nach dem letzten Flug eines Automatischen Transfer-Vehikels (ATV), das nur noch wenige Tage an die Raumstation gedockt ist, verfügt Europa künftig über keinen Raumtransporter mehr. Und selbst das ATV kann nicht zur Erde zurückkehren, sondern wird nach Missionsende verglühen. Da kämen die Möglichkeiten des IXV gerade recht, erklärt Weihs:
    "Die ESA untersucht, aus diesem IXV eine operationelle Plattform zu gestalten, also einen kleinen Raumgleiter, um damit Experimente in den Orbit zu bringen und wieder zurückzuführen, also als reine Forschungsplattform."
    Am Ende könnte so aus dem IXV eine unbemannte Ergänzung zur Internationalen Raumstation werden, hofft Holger Burkhardt:
    "Auf der Raumstation ist dadurch, dass es ein relativ großer Komplex ist, dadurch, dass Menschen mit an Bord sind, ist die Qualität der Schwerelosigkeit nicht ganz so hoch wie das manchmal gewünscht wird. Dadurch, dass es eben ein bemanntes System ist, sind auch die Sicherheitsanforderungen sehr hoch. Und deswegen ist die Entwicklung von Experimenten für die Raumstation extrem langwierig und auch relativ teuer."
    Eine unbemannte Experimentierplattform böte da günstigere Möglichkeiten. Was jedoch aus dem IXV werden wird, steht derzeit noch in den Sternen. Denn die weitere Finanzierung des Projektes ist unklar. Derzeit ist nicht einmal ein zweiter Flug geplant.