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Raus aus der Steckdose

Vor allem zu den optimistischen Zeiten des Aktienbooms wurde gerne mit der Powerline-Technologie geworben. Damit sollten Stromkunden in den Vorzug eines rasanten Internetzugangs via Steckdose gelangen. Doch trotz der intensiven Bemühungen des Energiemagnaten konnte sich das Verfahren kaum durchsetzen. Mitte der vergangenen Woche beschloss nun der RWE-Vorstand das endgültige Aus für das Powerline-Internet. Davon betroffen sind vor allem Pilotbenutzer der Technologie.

Peter Welchering |
    Zwar zieht sich der Energiekonzern RWE AG aus seinem Vorhaben, Internet mit dem Strom ins Haus zu liefern, zurück, doch damit muss nicht notwendigerweise auch die Technologie endgültig sterben. So bestehen neben den Testbeds der RWE weitere Pilotprojekte anderer Betreiber in Stuttgart, Mannheim, Berlin und in der Schweiz zunächst weiter fort. Ob auch sie beendet werden, ist derzeit offen. Während viele Betreiber ihr Engagement deutlich verringern, deuten sich aber auch Lichtblicke beim Internet aus der Steckdose an: So akquirierte der US-Netzwerkspezialist Cisco vor kurzem mit dem Unternehmen Amperion im US-Bundesstaat Massachusetts einen Hersteller für Powerline-Hardware für den Mittelspannungsbereich her. Damit scheint trotz aller Rückschläge die Zukunft für die Alternative zu DSL und Funktechnologien durchaus offen.

    Gleich mehrere Begründungen für den überraschenden Rückzug der RWE kursieren unter Experten. So wird auch über Einwände des Bundesnachrichtendienstes spekuliert. Erst im vergangenen Jahr erhielten die Powerline-Anbieter eine frequenzrechtliche Absicherung, die aber nach den Terroranschlägen in Washington und New York im September vergangenen Jahres teilweise wieder zurückgenommen wurden. Der Hintergrund dafür sind Abstrahlungen, die entstehen, wenn auf stromdurchflossene Kupferkabel Internet-Daten aufmoduliert werden. Je mehr Daten und je schneller und weiter sie übertragen werden, um so stärker sendet eine solche Stromleitungs-"Antenne" in die Umgebung. Damit aber werden auch um so mehr Frequenzen durch eine gewachsene Störfeldstärke beansprucht. Dadurch werden aber auch andere Funkdienste in Mitleidenschaft gezogen, darunter auch Frequenzen, die der BND beansprucht, um darüber Funkübertragungen etwa von Terroristen abzuhören oder auch eigenes Personal im Einsatz zu führen.

    Ein weiterer Grund für das Aus der Technologie könnte aber auch in gewissen Unzulänglichkeiten des Verfahrens liegen. So beschwerte sich RWE vergangenen Juni, dass die Modems des Zulieferers Ascom von zu schlechter Qualität seien und weitere Pläne zu Powerline entsprechend ausgesetzt werden müssten. Überdies seien Probleme bei den so genannten "Repeatern", mit denen die Datensignale in den Trafostationen verstärkt werden, aufgetreten. Auch sei es zu Unverträglichkeiten zwischen Datenverkehr im Stromnetz und Elektro-Haushaltsgeräten gekommen. Doch den Hauptgrund für die Einstellung des Powerline-Angebotes sehen Experten in drohenden zukünftigen Einschränkungen bei der Nutzung von Frequenzen durch den Gesetzgeber.