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Razzia im Spargelfeld

Es ist wieder soweit: Spargelzeit! Einige tausend Saisonarbeiter, überwiegend aus Polen, sind unterwegs, um sich auf den Feldern hierzulande ein Zubrot zu verdienen. Auf ihren Fersen: die Ermittler der Arbeitsämter. Sie kontrollieren, ob die Saisonarbeiter auf den Höfen legal beschäftigt werden.

Von Petra Brönstrup |
    Im Morgengrauen vor dem Gebäude des Arbeitsamtes im westfälischen Ahlen:

    Wollten wir nicht erst hier oben gucken, weil da die meisten beieinander liegen. – Erst nach oben hin. – Nach oben, dass wir hier die Straße durchfahren, bis nach oben hin, Laerer Straße und dann zurückfahren. – Nur, wir müssen aufpassen, dass wir nicht rechts reinkommen. Dann kommen wir auf einen Hof, wo wir nicht wollen.

    Die fünf Ermittler des Ahlener Arbeitsamtes, die an diesem Morgen im Einsatz sind, studieren die Straßenkarte. Noch ist ihnen nicht ganz klar, welche Spargelhöfe sie anfahren wollen. Später erfahren wir, dass es an diesem Tag keinen konkreten Verdacht wegen illegaler Beschäftigung von polnischen Saisonarbeitern gab. Es ist also eine Routinekontrolle. Alle Höfe – erklärt Ahlens Chef-Ermittler Ferdinand Wimmer – würden regelmäßig überprüft, damit auch wirklich niemand in Versuchung gerät:

    In den ersten Jahren, wo wir geprüft haben, die ersten 3, 4 Jahre, waren die Verstöße gravierend, dass Personen dort auf den Spargelhöfen gearbeitet haben, die kein Visa hatten, die ausgewiesen werden mussten oder ganz illegale, die nur als Tourist eingereist sind. Das haben wir auch auf vielen Höfen festgestellt.

    Noch immer stoßen die Ermittler auf den Spargelfeldern auf illegal Beschäftigte, deren Zahl – sagt Wimmer – sei in seinem Bezirk aber deutlich zurückgegangen, auch die einst katastrophale Wohnsituation der polnischen Saisonarbeiter auf den Höfen habe sich verbessert:

    Es gab Spargelhöfe, wo die polnischen Arbeitnehmer untergebracht worden sind, die waren katastrophal, dass die dann gehaust haben in Wohnwagen, da hätte ich nicht eine Maus untergebracht.

    Wimmer gibt das Zeichen zur Abfahrt. Die Ermittler sind mit zwei Autos unterwegs. Ihr Weg führt über Feld- und Wirtschaftswege durch ländliches Gebiet. Rechts und links Spargelfelder. Der Kreis Warendorf, in dem die Ermittler des Ahlener Arbeitsamtes nach illegal Beschäftigten fahnden, zählt zu den größten Spargelanbaugebieten Westfalens. Die Ermittler machen Halt. Sie springen aus ihren Autos und rennen auf das Feld, auf dem sie polnische Arbeitskräfte ausgemacht haben. Alles soll blitzschnell gehen:

    Schön guten Morgen. – Morgen. – Arbeitsamt Ahlen, ich darf Sie bitten, einmal nach vorne zu kommen zu der anderen Gruppe, es geht um die Überprüfung der Arbeitsgenehmigung, Visum, Pass einsehen - Polen alle – ja, prüfen, da müssen Sie alle mitkommen.

    Die Ermittler schicken die polnischen Erntehelfer vom Feld, hin zu den Unterkünften auf dem Hof, wo sie deren Papiere überprüfen:

    Stanislav, ne, seit 25.4. …wann ist er denn eingereist ... und wann hat er gearbeitet ... ja, frag ihn ... – gestern schon gearbeitet – wir haben Sie nicht gefragt, ja, wir haben Sie jetzt gar nicht gefragt, ja, oder heißen Sie so, ja, jetzt verstehen Sie nicht, aber eben haben Sie ganz deutlich verstanden, wann haben Sie angefangen zu arbeiten ... heute? ... ok, alles klar.

    Immer wieder stellen die Ermittler dieselben Fragen nach Einreise, Arbeitsbeginn und Aufenthaltsgenehmigung. Die Arbeiter werden ungeduldig, jede Minute, die sie nicht auf dem Feld stehen, bedeutet für sie finanzielle Einbußen. Viel verdienen diese Arbeiter ohnehin nicht, der Tariflohn für Erntehelfer beträgt in Westfalen etwa 5 Euro je Stunde:

    Kann einer, können Sie deutsch? – Josef kann Deutsch. – Wo ist Josef? ... Wir fragen ihn hier, das reicht ... lesen brauchen Sie auch nicht, nur sprechen, ja, fragen Sie mal die gute Dame, wann sie angefangen hat zu arbeiten, fragen Sie mal.

    Eine dreiviertel Stunde dauert die Razzia auf dem Hof, am Ende steht fest: Die Polen hier sind legal beschäftigt. Die Ermittler machen sich auf den Weg zum nächsten Hof:

    Ja, Manni. – Wo wollst Du denn jetzt hin? – Rechts war noch ein großes Feld, ne. – Hier, hier rechts? – Nee, weiter rechts runter. – Hier rechts? – Hier rechts. – Ja, sag das doch. – Das war hier. – Das ist Korte, da ist nichts. – Da ist keiner, ich sehe keinen.

    Auf ihrer Fahrt querfeldein haben die Ermittler mit so manchem Problem zu kämpfen. Am Ende stehen sie auf einem Hof, wo Spargelstangen gewaschen, sortiert und eingepackt werden:

    Guten Tag. Arbeitsamt Ahlen. – Können Sie einen Moment Pause machen oder muss hier weitergearbeitet werden. – Arbeitsamt? – Ja.

    Personenkontrolle in der Waschstraße. Die Bäuerin hat den Ermittlern eine Liste mit den Namen der Beschäftigten ausgehändigt:

    Henrika, Janina, Ascha, Anja. – Alle mal durch. – Die hinteren nicht, die haben wir schon. – Jadwiga ist fertig. – Sind fertig, Feierabend. – Janina. – Wann sind Sie geboren? – 1. Oktober ... – Dann schreib mit dem Finger, schreib mit dem Finger. – Elf. – Alles klar, ja ok.

    Die Ermittler werden auch hier nicht fündig, die polnischen Arbeiterinnen sind erleichtert, ebenso ihr Chef, er möchte auf seine Helfer aus Polen keinesfalls verzichten, mit deutschen Arbeitskräften war er nicht zufrieden:

    Von sieben Leuten hatte ich am Wochenende nur noch drei oder vier, und am Sonntag haben sie mich alle hängen lassen.

    Im Hofladen decken sich die Ermittler mit Spargel für den Feierabend ein, dann verschwinden sie, auf zum nächsten Hof.