Die Betroffenheit in Frankreich ist auch deshalb groß, weil die Bilder aus Berlin Erinnerungen wachrufen an den Anschlag von Nizza, wo im Juli, am Nationalfeiertag, ein Mann mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge raste und 86 Menschen tötete. Doch Paris belässt es nicht bei den Beileidsbekundungen. Der neue Innenminister Bruno Le Roux hat umgehend Konsequenzen angekündigt:
"In ganz Frankreich sind Vorkehrungen getroffen worden, um die Sicherheit von Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkten noch weiter zu verstärken."
Betonblöcke sollen Weihnachtsmärkte schützen
Gemeint ist offenbar, dass nun noch mehr Polizisten und schwer bewaffnete Soldaten auf die Straßen geschickt werden. Le Roux hat heute demonstrativ den Weihnachtsmarkt in Straßburg besucht. Dort zeigt der Bürgermeister Roland Ries auf die vielen Betonblöcke, die Anschläge wie in Nizza oder Berlin verhindern sollen. Damit keine Lastwagen oder Fahrzeuge in die Menge hineinrasen können. Diese Maßnahmen würden jetzt noch verstärkt. So habe er den Innenminister verstanden.
Die französische Öffentlichkeit ist aufgeschreckt, seit vor vier Wochen in Straßburg und Marseille eine mutmaßliche Terrorzelle ausgehoben wurde. Die aus Syrien gesteuerte Gruppe, so heißt es, habe eine ganze Reihe von Anschlägen vorbereitet, darunter auch auf den Weihnachtsmarkt im Herzen von Paris, auf den Champs Élysées.
In den Pariser Medien wird derweil darauf hingewiesen, dass Berlin zum Ziel dieses Anschlags geworden ist, obwohl sich Deutschland nicht so wie Frankreich auch militärisch in Syrien und im Irak engagiert. Der "Figaro" stellt die Frage, ob Deutschland sich zu mehr Bundeswehreinsätzen durchringen wird, ob Deutschland – so wörtlich – jetzt den Komplex des Zweiten Weltkriegs und den Pazifismus der Nach-Nazi-Zeit überwinden wird.
Und auf politischer Ebene übt nicht nur Marine Le Pen vom rechtsradikalen Front National Kritik an der Bundesregierung mit ihrer Forderung, die Grenzen für Flüchtlinge zu schließen.
Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik
"Die Entscheidung von Frau Merkel, die Grenzen zu öffnen, hat die Sicherheit Europas, des ganzen Kontinents geschwächt", sagt Guillaume Larrivé, der Sprecher der Republikaner, der auch Vizepräsident im Terrorismus-Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung ist. "Wir", so Larrivé, "wir brauchen unbedingt eine andere Einwanderungspolitik , eine andere Sicherheitspolitik - in Paris wie in Berlin."
Solche Kritik, solche Forderungen sind im angelaufenen Präsidentschaftswahlkampf nichts Neues. Der inzwischen aus dem Rennen ausgeschiedene Ex-Präsident Sarkozy etwa fordert, in einer solch angespannten Situation alle Terrorverdächtigen in Gewahrsam zu nehmen. Ein Ansinnen, das im Regierungslager abgelehnt wird. Aber auch Manuel Valls, der Ex-Premierminister und wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, tritt für noch schärfere Sicherheitsmaßnahmen ein. Er fordert, in Frankreichs Gefängnissen 10.000 weitere Plätze zu schaffen für mutmaßliche Terroristen.