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Reaktionen auf Tönnies-Entscheidung
Unverständnis und Unzufriedenheit

Der FC Schalke 04 kommt weiter nicht zur Ruhe. Dass der Ehrenrat des Vereins zu dem Ergebnis kommt, Clemens Tönnies' Aussagen in der vergangenen Woche seien zwar diskriminierend, aber nicht rassistisch gewesen, sorgt sowohl bei den Fans als auch in der Politik für Kritik.

Von Maximilian Rieger | 07.08.2019
Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies verlässt das Rednerpult bei der Mitgliederversammlung des Vereins.
Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies will sein Amt für drei Monate ruhen lassen. (Tim Rehbein/dpa/picture-alliance)
Das Leitbild des FC Schalke 04 ist eigentlich eindeutig: "Von uns Schalkern geht keine Diskriminierung aus. Wir zeigen Rassismus die rote Karte", steht dort. Und in der Satzung heißt es, dass Mitglieder vom Verein ausgeschlossen werden können, wenn sie ihre rassistische Gesinnung kundtun.
Gerade deshalb äußerten sich im WDR Fans enttäuscht über den Umgang mit Tönnies.
"Meiner Meinung nach ist das Urteil des Ehrenrats ein Armutszeugnis für unseren Verein."
"Gewünscht hätten wir uns, dass Clemens Tönnies als Aufsichtsratvorsitzender zurücktritt oder gezwungen wird, zurückzutreten, weil er als Gesicht von Schalke nicht mehr tragbar ist."
"Zu Tönnies kann ich nur sagen, dass es sehr beschämend ist, was da passiert ist. Der Ehrenrat hat seine Aufgabe meiner Meinung nach erfüllt."
Schalker Faninitiative vermisst passende Entschuldigung
Auch die Schalker Faninitiative, die sich seit mehr als 25 Jahren gegen Diskriminierung einsetzt, kritisiert das Verhalten ihres Vereins. Hanebüchen sei es, wenn der Verein die Aussage von Tönnies nur als Diskriminierung bezeichne, sagte Sven Schneider, der Vorsitzende des Projekts, bei Deutschlandfunk Nova - zumal Tönnies das Strafmaß selbst festgelegt habe.
"Das ist ein – maximal ein erhobener Zeigefinger. Es gibt ja auch keinerlei Entschuldigung nochmal an die, die eigentlich angegriffen wurden. Da hatten sich ja auch einige Ex-Spieler von Schalke zu Wort gemeldet, Asamoah, Sarpei, die ja auch persönlich betroffen waren. Ja, es ist praktisch ein Freispruch erster Klasse."
Aus Sicht von Schneider sei es das Mindeste gewesen, dass sich Tönnies als Wiedergutmachung an antirassistischen Projekten beteiligt – nun überlege sich die Initiative, wie sie weiter vorgeht. Auch den Aufruf zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, auf der Tönnies abgewählt werden könnte, ziehe man in Betracht.
Schalke-Vorstand: "Sind uns des Schadens bewusst"
Der Club hat inzwischen auf die vielen kritischen Reaktionen geantwortet. Der Vorstand sei sich des Schadens bewusst, den der Verein erlitten habe, heißt es in einer Erklärung. Bei aller Aufgeregtheit lasse sich der Ruf des Vereins aber nicht auf eine diskriminierende Aussage reduzieren. Man stelle sich immer, überall und jederzeit entschieden gegen Rassismus, so der Vorstand. Auf Tönnies direkt ging die Führungsriege in der Erklärung allerdings nicht ein.
Ausgestanden ist der Vorfall damit noch nicht, denn auch aus der Politik wächst der Druck. Die Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, Dagmar Freitag, sagte NDR Info, sie sei enttäuscht über die Entscheidung des Ehrenrats:
"Natürlich, wenn ich einen ganzen Kontinent und seine Bevölkerung in eine Ecke stelle, dann erfüllt das für mich schon den Tatbestand des Rassismus als nur in Anführungszeichen der Diskriminierung."
Die SPD-Politikerin forderte den Deutschen Fußball Bund dazu auf, Konsequenzen zu ziehen.
"Der DFB als große Sportorganisation muss die Werte des Sportes in irgendeiner Form insbesondere im Auge behalten. Und ich würde mir von dort ein deutlich klareres Signal wünschen als es jetzt der Ehrenrat von Schalke gegeben hat."
Die Ethikkommission des DFB beschäftigt sich am kommenden Dienstag mit den Aussagen im Fall Tönnies. Die Kommission selbst kann allerdings keine Sanktion aussprechen, sondern nur eine Anklage bei der Ethik-Kammer des DFB-Sportgerichts erheben. Einige Schalke Fans warten den Ausgang dieses Verfahrens nicht mehr ab – sie haben in den sozialen Medien angekündigt, ihre Mitgliedschaft zu kündigen.