Dagegen darf Calamity Jane auftreten. Die legendäre Schießeisenheldin des amerikanischen Westens mag eine knallige Erscheinung gewesen sein. Aber wogegen sie rebellierte, kann der ihr in den Mund gelegte fiktive Ich-Monolog beim besten Willen nicht plausibel machen. Wieviel Rebellion steckt dagegen in der Biographie einer Maria Sybilla Merian, die im 17. Jahrhundert, bewaffnet mit Schmetterlingsnetzen und Raupenzuchtkästen, die Laufbahn einer Forscherin einschlug - unglaublich für die Verhältnisse des Mittelalter - , sich aus eigenem Antrieb und vollkommen autodidaktisch in die Naturwissenschaft einarbeitete, Sprachen lernte, Bücher schrieb und illustrierte und selbst verlegte, selbst eine Reise nach Surinam zu Forschungszwecken nicht scheute und nebenbei allein zwei Töchter aufzog, da sie sich von ihrem Mann hatte scheiden lassen. Ihr Leben, wiewohl gebettet auf weiblichem Hegeinstinkt und der Liebe zu Flora und Fauna, war eine einzige Ungeheuerlichkeit, mindestens so skandalös, so kompromißlos, rätselhaft und rebellisch wie das einer linken Kulturbürgerin in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts namens Ulrike Meinhof, deren Selbstradikalisierung zur Terroristin immer auch den Beigeschmack der Selbstüberschätzung hatte und deren Weg in den Untergrund sich mehr einem Zufall denn bewußter Strategie verdankte. Das Porträt Ulrike Meinhofs stammt von dem Journalisten Willi Winkler, das Porträts Tamara Bunkes von dem Journalisten Cordt Schnibben. Es handelt sich um genregerechte Zeitungsartikel, die nicht für dieses Buch verfaßt wurden und erst recht nicht im Sinn seiner vollmundigen Intention. Die Herausgeberinnen scheinen sich an solchen Inkongruenzen nicht zu stören. Sie scheinen auch, was die Auswahl der Texte betrifft, munter genommen zu haben, was sich so finden ließ, hier ein Zeitungsartikel, dort ein literarischer Monolog und wenn es sich ergab, auch was Theoretisches; in ungetrübtem Vertrauen auf die Überzeugungskraft des Spektakulären.
Rebellinnen - Leben als Aufstand
Mal mußte es wohl schiefgehen. Eine gewisse Schräglage, eine Neigung zur Unbestimmtheit und zur Beliebigkeit hatten jene Bücher, die diverse Textbeiträge diverser Autoren um ein Thema versammeln, schon häufiger. Der Band mit dem Titel "Rebellinnen",der, wie es im Untertitel heißt, "Leben im Aufstand" beschreibt, kippt über das Gefälle zwischen steiler feministischer Intention und flachem Ergebnis. Das Vorwort der beiden Herausgeberinnen klingt anspruchsvoll und idealistisch hochgestimmt. Eine Typologie des rebellischen weiblichen Wesens soll das Buch entwerfen, abgegrenzt vom Typ der Abenteurerin beispielsweise oder dem der Revolutionärin. Die Rebellin wird als jene Frau betrachtet, die zugleich den Aufstand gegen gesellschaftliche Normen und den Austritt aus vorgeschriebenen Geschlechterrollen wagt - und sich dabei gewaltsamer Mittel bedient. Judith, die dem Holofernes den Kopf abschlug, um ihr Volk zu retten, gehört dazu, Jeanne d’Arc natürlich und Ulrike Meinhof, die indische Banditenkönigin Phoolan Devi, Valerie Solanas, die Autorin radikalfeministischer Pamphlete, die auf Andy Warhol schoß, von dem sie sich jahrelang ausgebeutet und unterdrückt fühlte. Insgesamt sind es elf als rebellisch klassifizierte Frauenleben, die der Band vorführt.
Dagegen darf Calamity Jane auftreten. Die legendäre Schießeisenheldin des amerikanischen Westens mag eine knallige Erscheinung gewesen sein. Aber wogegen sie rebellierte, kann der ihr in den Mund gelegte fiktive Ich-Monolog beim besten Willen nicht plausibel machen. Wieviel Rebellion steckt dagegen in der Biographie einer Maria Sybilla Merian, die im 17. Jahrhundert, bewaffnet mit Schmetterlingsnetzen und Raupenzuchtkästen, die Laufbahn einer Forscherin einschlug - unglaublich für die Verhältnisse des Mittelalter - , sich aus eigenem Antrieb und vollkommen autodidaktisch in die Naturwissenschaft einarbeitete, Sprachen lernte, Bücher schrieb und illustrierte und selbst verlegte, selbst eine Reise nach Surinam zu Forschungszwecken nicht scheute und nebenbei allein zwei Töchter aufzog, da sie sich von ihrem Mann hatte scheiden lassen. Ihr Leben, wiewohl gebettet auf weiblichem Hegeinstinkt und der Liebe zu Flora und Fauna, war eine einzige Ungeheuerlichkeit, mindestens so skandalös, so kompromißlos, rätselhaft und rebellisch wie das einer linken Kulturbürgerin in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts namens Ulrike Meinhof, deren Selbstradikalisierung zur Terroristin immer auch den Beigeschmack der Selbstüberschätzung hatte und deren Weg in den Untergrund sich mehr einem Zufall denn bewußter Strategie verdankte. Das Porträt Ulrike Meinhofs stammt von dem Journalisten Willi Winkler, das Porträts Tamara Bunkes von dem Journalisten Cordt Schnibben. Es handelt sich um genregerechte Zeitungsartikel, die nicht für dieses Buch verfaßt wurden und erst recht nicht im Sinn seiner vollmundigen Intention. Die Herausgeberinnen scheinen sich an solchen Inkongruenzen nicht zu stören. Sie scheinen auch, was die Auswahl der Texte betrifft, munter genommen zu haben, was sich so finden ließ, hier ein Zeitungsartikel, dort ein literarischer Monolog und wenn es sich ergab, auch was Theoretisches; in ungetrübtem Vertrauen auf die Überzeugungskraft des Spektakulären.