Von Peter Welchering
Heidelberg, Zoologischer Garten. Im Raubtiergehege setzt eine Katze zum Sprung an. Unwillkürlich weicht der Zoo-Besucher vor dem Käfig einen Schritt zurück. Seine Netzhaut, die Retina, hat die Richtungsbewegungen verarbeitet, noch bevor das Gehirn weiß, dass Gefahr droht. Drei Kilometer entfernt vom Heidelberger Zoo haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung sich mit der Verarbeitung von Richtungsbewegungen in der Retina intensiv beschäftigt. Und den Nachweis, dass die Retina Bewegungsrichtungen selbstständig verarbeitet, haben die Heidelberger Thomas Euler und Winfried Denk gemeinsam mit Peter Detwiler von der University of Washington in Seattle jetzt dokumentiert. Dr. Thomas Euler fasst das so zusammen.
Es war seit fast 40 Jahren bekannt, dass es in der Retina Zellen gibt, die an das Gehirn Richtungen signalisieren. Es war nur nicht bekannt, wo diese Berechnung, um die Richtung herauszukriegen, wo das stattfindet. Und da gab es eben die Möglichkeit zu sagen, o.k. das findet in den Zellen statt, die die Richtung weiterleiten oder eben woanders in der Retina. Und dieser Zelltyp, den wir untersucht haben, der stand schon lange in Verdacht, diese Berechnungen durchzuführen. Man konnte nur eben die Zellen nicht dabei beobachten, diese Berechnungen zu machen.
Kein Wunder, für Messungen mit Elektroden sind die Dendriten genannten Fortsätze der Nervenzellen einfach zu klein. Da alle Dendriten ihre Bewegungsinformationen an den Zellkörper weitergeben, fanden die Forscher dort kein richtungsspezifisches Signal mehr. Thomas Euler:
Das Schwierige an der Problemstellung, die wir hatten, war, dass man an die Fortsätze der Zellen, in denen diese Verarbeitung stattfindet, nur sehr schlecht mit Elektroden drankommt. Elektroden sind eigentlich die übliche Methode. Man steckt sie in einen Zellkörper, misst die elektrische Antwort der Zelle und erfährt dann über die Funktion etwas. Aber bei diesen Zellen erfährt man von der elektrischen Antwort am Zellkörper nur sehr wenig. Das heißt, man muss dort messen, wo die Verarbeitung stattfindet, und das ist in den Fortsätzen sehr weit vom Zellkörper weg.
Also musste eine optische Methode her, mit der die Wissenschaftler die biochemischen Signale in diesen Nervenzell-Fortsätzen der Netzhaut messen konnten. Euler:
Und dieses biochemische Signal. Das ist Kalzium. Und Kalzium ist immer im Spiel, wenn Signale von einer Zelle auf die nächste übertragen werden. Dieser Anstieg der Intensität bedeutet, es ist ein Anstieg von Kalzium. Und das bedeutet normalerweise immer: Die Zelle gibt gerade ein Signal weiter.
Die Max-Planck-Forscher injizierten der Zelle Farbstoffe, die auf Kalzium reagieren. Unter einem Lasermikroskop beobachteten sie dann, was passierte, wenn die Retina mit Lichtreizen aus verschiedenen Richtungen angeregt wurde. Stieg nämlich der Kalziumgehalt an, so reagierten die zuvor eingespritzten Farbstoffe und leuchteten intensiv. Euler:
Wir konnten ganz einfach messen, wenn einer dieser Fortsätze heller wurde, die Intensität des Lichtes angestiegen ist, dann wussten wir, da passiert was. Und so kann man die Zellen dabei beobachten, wie sie ihre Berechnungen durchführen.
Und zu sehen war dann unter dem Laser-Mikroskop, so Euler, ein hochdramatischer Film,
in dem man die Fortsätze von den Zellen sieht. Und die leuchten plötzlich auf. Das ist sehr, ja, sehr ansehenswert.
Sprecher: Und das war der Nachweis, so Euler,
dass bestimmte Zellen, die in der Netzhaut Richtungsinformationen verarbeiten, das eben sehr detailliert auf dem Zellniveau bereits tun. Eine Zelle vereint dabei mehrere Richtungsdetektoren in sich, die unabhängig voneinander Berechnungen durchführen und dieses Resultat der Berechnungen dann an die Zellen weiter führt, die die Information zum Gehirn liefert.
Die Netzhaut, die Retina arbeitet also wie ein hochkomplizierter Computer für die Bildverarbeitung. Sie berechnet nicht nur Farben, Kontraste und Helligkeiten, sondern auch Bewegungen und die Richtungen, aus denen diese Bewegungen kommen. Mit dieser Erkenntnis wollen die Heidelberger Forscher nun gleich an das nächste Forschungsprojekt gehen und herausfinden, mit welchen "Programmen" die Netzhaut diese komplizierte Bildverarbeitung vornimmt.
Heidelberg, Zoologischer Garten. Im Raubtiergehege setzt eine Katze zum Sprung an. Unwillkürlich weicht der Zoo-Besucher vor dem Käfig einen Schritt zurück. Seine Netzhaut, die Retina, hat die Richtungsbewegungen verarbeitet, noch bevor das Gehirn weiß, dass Gefahr droht. Drei Kilometer entfernt vom Heidelberger Zoo haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung sich mit der Verarbeitung von Richtungsbewegungen in der Retina intensiv beschäftigt. Und den Nachweis, dass die Retina Bewegungsrichtungen selbstständig verarbeitet, haben die Heidelberger Thomas Euler und Winfried Denk gemeinsam mit Peter Detwiler von der University of Washington in Seattle jetzt dokumentiert. Dr. Thomas Euler fasst das so zusammen.
Es war seit fast 40 Jahren bekannt, dass es in der Retina Zellen gibt, die an das Gehirn Richtungen signalisieren. Es war nur nicht bekannt, wo diese Berechnung, um die Richtung herauszukriegen, wo das stattfindet. Und da gab es eben die Möglichkeit zu sagen, o.k. das findet in den Zellen statt, die die Richtung weiterleiten oder eben woanders in der Retina. Und dieser Zelltyp, den wir untersucht haben, der stand schon lange in Verdacht, diese Berechnungen durchzuführen. Man konnte nur eben die Zellen nicht dabei beobachten, diese Berechnungen zu machen.
Kein Wunder, für Messungen mit Elektroden sind die Dendriten genannten Fortsätze der Nervenzellen einfach zu klein. Da alle Dendriten ihre Bewegungsinformationen an den Zellkörper weitergeben, fanden die Forscher dort kein richtungsspezifisches Signal mehr. Thomas Euler:
Das Schwierige an der Problemstellung, die wir hatten, war, dass man an die Fortsätze der Zellen, in denen diese Verarbeitung stattfindet, nur sehr schlecht mit Elektroden drankommt. Elektroden sind eigentlich die übliche Methode. Man steckt sie in einen Zellkörper, misst die elektrische Antwort der Zelle und erfährt dann über die Funktion etwas. Aber bei diesen Zellen erfährt man von der elektrischen Antwort am Zellkörper nur sehr wenig. Das heißt, man muss dort messen, wo die Verarbeitung stattfindet, und das ist in den Fortsätzen sehr weit vom Zellkörper weg.
Also musste eine optische Methode her, mit der die Wissenschaftler die biochemischen Signale in diesen Nervenzell-Fortsätzen der Netzhaut messen konnten. Euler:
Und dieses biochemische Signal. Das ist Kalzium. Und Kalzium ist immer im Spiel, wenn Signale von einer Zelle auf die nächste übertragen werden. Dieser Anstieg der Intensität bedeutet, es ist ein Anstieg von Kalzium. Und das bedeutet normalerweise immer: Die Zelle gibt gerade ein Signal weiter.
Die Max-Planck-Forscher injizierten der Zelle Farbstoffe, die auf Kalzium reagieren. Unter einem Lasermikroskop beobachteten sie dann, was passierte, wenn die Retina mit Lichtreizen aus verschiedenen Richtungen angeregt wurde. Stieg nämlich der Kalziumgehalt an, so reagierten die zuvor eingespritzten Farbstoffe und leuchteten intensiv. Euler:
Wir konnten ganz einfach messen, wenn einer dieser Fortsätze heller wurde, die Intensität des Lichtes angestiegen ist, dann wussten wir, da passiert was. Und so kann man die Zellen dabei beobachten, wie sie ihre Berechnungen durchführen.
Und zu sehen war dann unter dem Laser-Mikroskop, so Euler, ein hochdramatischer Film,
in dem man die Fortsätze von den Zellen sieht. Und die leuchten plötzlich auf. Das ist sehr, ja, sehr ansehenswert.
Sprecher: Und das war der Nachweis, so Euler,
dass bestimmte Zellen, die in der Netzhaut Richtungsinformationen verarbeiten, das eben sehr detailliert auf dem Zellniveau bereits tun. Eine Zelle vereint dabei mehrere Richtungsdetektoren in sich, die unabhängig voneinander Berechnungen durchführen und dieses Resultat der Berechnungen dann an die Zellen weiter führt, die die Information zum Gehirn liefert.
Die Netzhaut, die Retina arbeitet also wie ein hochkomplizierter Computer für die Bildverarbeitung. Sie berechnet nicht nur Farben, Kontraste und Helligkeiten, sondern auch Bewegungen und die Richtungen, aus denen diese Bewegungen kommen. Mit dieser Erkenntnis wollen die Heidelberger Forscher nun gleich an das nächste Forschungsprojekt gehen und herausfinden, mit welchen "Programmen" die Netzhaut diese komplizierte Bildverarbeitung vornimmt.