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Rechnet sich der ökologische Landbau?

In der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel ging es gestern um die Frage, wie sieht die wirtschaftliche Entwicklung der ökologisch wirtschaftenden Betriebe aus. Gerade hat der Bauernverband auf deutlich gesunkene Einkommen für die Landwirte hingewiesen. Parallel dazu ging die Meldung durch die Presse, dass die Deutschen vor allem nach dem Preis schauen. Besonders bei den Lebensmitteln, für die jeder Bundesbürger im Durchschnitt 12 Prozent ausgibt. Das ist ein Rückgang um ca. 0,74 Prozent. In Frankreich können es bis zu 30 Prozent sein. Insgesamt ist Deutschland das Land in Europa, in dem die Lebensmittelpreise am niedrigsten sind. Deshalb stellt sich die Frage, wie wird es den Ökobetrieben ergehen, die darauf angewiesen sind, höhere Preise für ihre Produkte zu erzielen.

Von Annette Eversberg |
    Der Ökolandbau dehnt sich in Europa weiter aus, zwar gibt es leichte Schwankungen in Westeuropa, doch in Osteuropa zeigen Tschechien und Ungarn deutliche Zuwachsraten. Professor Volker Petersen von der Universität Halle ist daher für Deutschland optimistisch.

    Die Nachfrage nach ökologischen Produkten wird zweifellos zunehmen. Wir liegen derzeit bei einem Anteil von 3 Prozent. Und die Betriebe, die ökologische Produkte unternehmerisch, auf hohem Managementniveau erzeugen, werden ihren Stellenwert haben. Das ist keine Nische, das ist ein bedeutender Produktionszweig in der Landwirtschaft.

    Das ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Bisher hing viel davon ab, wie sich die Erzeugerpreise von Ökoprodukten entwickelten und wie sich die Fördermaßnahmen für diesen Betriebszweig auswirkten. In Österreich beispielsweise hat die starke Förderung im Rahmen des dortigen Agrarumweltprogramms zum höchsten Flächenanteil in Europa mit 12 Prozent geführt. Obwohl die Förderprämie nur mit 18 Prozent des Gewinns zu Buche schlägt. Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Gewinnanteil der Förderprämie sogar 26 Prozent ausmachte. Dafür wirkten sich hier die höheren Preise für Ökoprodukte so aus, dass daraus 75 Prozent des Gewinns eines Ökobetriebes erzielt wurden. Dr. Hiltrud Nieberg vom Institut für Betriebswirtschaft der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig hat in einer Studie die Einkommenssituation der Ökobetriebe mit Betrieben der konventionellen Landwirtschaft verglichen:

    Wenn wir uns die letzten Jahre angucken, verzeichnen die Ökobetriebe im Durchschnitt zu vergleichbaren konventionellen Betrieben, gleich hohe - bezogen auf die Arbeitskraft - teilweise sogar höhere Einkommen im Durchschnitt.

    Das Einkommen hängt wie bei den konventionellen Betrieben jedoch davon ab, wie produktiv sie sind. Und hier haben die leistungsstarken Ökobetriebe einen größeren Vorsprung. Aber auch kleinere Betriebe von 50 Hektar haben gute Chancen. Vorausgesetzt, sie schaffen über die Direktvermarktung eine hohe Wertschöpfung, was jedoch nicht ohne Vorleistung möglich ist. Hiltrud Nieberg:

    Es sind Investitionen nötig. Es ist Know-how nötig. Man muss mit dem Verbraucher kommunizieren können. Man muss Erlebnis schaffen, um nachhaltig auch Personen auf den Hof zu bekommen. Da muss man oft heute schon Zusatzleistung anbieten, im Bereich Events. Rezepte beilegen. Es ist eben nicht nur die Urproduktion. Es wird viel, viel mehr verlangt. Und das muss jeder Betrieb gut durchrechnen, ob dieser Weg ein gangbarer Weg ist.

    Auch vor den Ökobetrieben macht der Strukturwandel nicht halt. In Kürze werden mit den Mittel- und Osteuropäischen Beitrittsländern neue Anbieter von Ökoprodukten auf den europäischen Markt drängen, wenn dies auch wegen geringerer Qualität und den Problemen der Zertifizierung bis auf weiteres keine große Konkurrenz sein dürfte. Die Agrarreform mit ihrer Entkopplung der Prämien von der Produktion, wird jedoch neue unternehmerische Entscheidungen verlangen, sagt der Kieler Agrarökonom Professor Uwe Latacz-Lohmann:

    Eine entkoppelte Prämie ist ja wie keine Prämie. Natürlich werden auch Ökobetriebe nur dann die Produktion fortsetzen, wenn sie einen positiven Gewinn erzielen ohne Prämie.

    Und dieser Gewinn hängt künftig zunehmend vom Absatz ab. Allerdings gibt es da noch Probleme. Das gilt in vielen Ländern, die deshalb auf verschiedene Weise versuchen, den Markt für Ökoprodukte auszuweiten. So soll die Versorgung der Kinder in italienischen Schulen zu 99 Prozent mit Ökoprodukten erfolgen. Auch in Dänemark werden Kantinen verpflichtet, Ökoprodukte zu verwenden. Das reicht jedoch noch nicht, um die weitere Entwicklung der ökologisch wirtschaftenden Betriebe günstig zu beeinflussen. Schließlich sei auch der Markt für Ökoprodukte kein nationaler, sondern ein internationaler Markt, betont Hiltrud Nieberg:

    Wenn die Verarbeitung und Vermarktung im Bereich der Ökoprodukte erheblich effizienter und professioneller gestaltet werden könnte, könnte sogar der Verbraucherpreis sinken, ohne dass die Erzeugerpreise sinken. Und da denke ich, ist ein Dreh- und Angelpunkt für die weitere Entwicklung des ökologischen Landbaus, dass auf der Stufe der Verarbeitung und Vermarktung deutliche Anstrengungen vorangetrieben werden müssen.