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Schulden
Rechnungshof warnt vor "Kontrollverlust" bei Bundeshaushalt

Der Bundesrechnungshof hat die Bundesregierung vor einem finanziellen Kontrollverlust beim Bundeshaushalt gewarnt. Als Folge von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg habe der Bund allein in drei Jahren fast 850 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen oder dies vorgesehen, sagte der Präsident des Rechnungshofes, Scheller.

    Rechnungshofpräsident Kay Schneller
    Rechnungshofpräsident Kay Schneller (Bundesrechnungshof)
    Damit wachse der - in über 70 Jahren Bundesrepublik angehäufte - Schuldenberg um 60 Prozent auf über 2.100 Milliarden Euro, hieß es in einer Stellungnahme.

    "Noch nie wurden in so kurzer Zeit so viele neue Kredite beschlossen"

    Scheller mahnte zudem mehr Transparenz an. Ein erheblicher Teil der Kredite liege außerhalb des Bundeshaushalts in schuldenfinanzierten, sogenannten Sondervermögen - etwa für die Bundeswehr oder zur Eindämmung der hohen Energiepreise. Damit werde die Schuldenregel des Grundgesetzes umgangen.

    Bundesrechnungshof mahnt Umsetzung einer "Zeitenwende" in der Haushaltspolitik an

    Der Bundesrechnungshof warnte vor steigenden Zins- und Tilgungslasten sowie vor einem Verschieben der Steuereinnahmen zugunsten der Länder. Dies enge die finanziellen Spielräume des Bundes immer stärker ein.
    Scheller betonte, permanent in neue Schulden auszuweichen ignoriere die Realität und übergehe die Interessen vor allem der jungen Generation. Unter anderem schlägt der Rechnungshof vor, dass die in den vergangenen drei Jahren aufgenommenen Kredite schneller als geplant getilgt werden und Sondervermögen abgewickelt werden. Die von Finanzminister Lindner angekündigte "Zeitenwende" in der Haushaltspolitik dürfe sich nicht auf kurzfristige Maßnahmen beschränken, hieß es.
    Ein strukturelles Kernproblem des Bundeshaushalts liege in seiner weitgehenden "Versteinerung", hieß es. 90 Prozent des Bundeshaushaltes seien gegenwärtig Änderungen faktisch entzogen, weil sie gesetzliche Ansprüche wie zum Beispiel Sozialleistungen oder Personalausgaben betreffen.
    Mit seiner Stellungnahme hofft der Rechnungshof, noch Einfluss nehmen zu können auf den Bundeshaushalt 2024, für den in der Bundesregierung nun die Weichen gestellt werden. Das Kabinett will die Eckpunkte Mitte März beschließen. In der Ampel-Koalition ist bereits Streit ausgebrochen über Mehrausgaben etwa für die Bundeswehr, für eine Aktienrücklage zur Entlastung der Rentenversicherung oder für die ab 2025 geplante Einführung einer Kindergrundsicherung.
    Um das Heft des Handelns in der Hand zu behalten, müsse die Bundesregierung alle Ausgaben neu priorisieren und den Haushalt konsequent auf die Kernaufgaben ausrichten. Es dürften keine neuen Maßnahmen mehr beschlossen werden, ohne ihre langfristige Finanzierung zu klären, hieß es vom Rechnungshof.
    Diese Nachricht wurde am 01.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.