Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Rechtschreibetest online

Das Bildungsprojekt "Lernserver" erlaubt eine standardisierte Rechtschreibefähigkeitenanalyse von Schülern der 5. und 6. Klasse, jetzt kostenlos. Das Immanuel-Kant-Gymnasium in Münster-Hiltrup setzt diese Möglichkeit erfolgreich ein.

Von Eva Bendix | 11.09.2010
    Es ist noch früh am Morgen, als die Schüler der Klasse 5 b ihren Stift zücken, um zu zeigen, ob sie eher schlecht oder recht schreiben. Deutsch steht auf dem Stundenplan.

    "Ich hatte euch schon gesagt, dass wir heute ein Diktat schreiben und das dient nicht dazu, dass ihr eine Note dafür bekommt, sondern wir möchten herausfinden, wer noch etwas Unterstützung braucht, damit die Rechtschreibung gut klappt."

    Hildegard Wulfheide händigt jedem Schüler einen Testbogen aus. Darauf ist eine kleine Hexe gemalt, die mit ihrem Zauberstab auf einen Schriftzug zeigt: Münsteraner Rechtschreibanalyse. Seit Beginn des Schuljahres steht diese Rechtschreibanalyse bundesweit jeder Schule kostenfrei zur Verfügung. Dafür muss sie sich erst beim Bildungsportal "Lernserver" anmelden und kann sich dann das Lückendiktat aus dem Internet herunterladen.

    "Okay, dann geht es jetzt los. Ich lese euch immer einen Satz vor, wiederhole, das Lückenwort und dann setzt ihr das ein.
    Erster Satz: Hexe Winni saß in ihrer Küche - saß.
    Zweiter Satz: Irgendwie war ihr langweilig - langweilig."

    Eifrig und hoch konzentriert füllen die 10-Jährigen die Textlücken aus. Nach einer Stunde ist Abgabe.

    "Macht jetzt sofort die beiden Blätter zu und nicht noch mal nachgucken."

    "Bei manchen Wörtern wusste ich nicht genau, ob ich die Regeln richtig beachtet habe, aber sonst war er eigentlich ganz gut."

    "Der Test war nicht so schwer, ein paar Wörter war ich ein bisschen unsicher."

    Um herauszufinden, wo die Kinder in der Rechtschreibung noch unsicher sind, tippt die Deutschlehrerin die einzelnen Fehler jedes Schülers auf der Internetseite des Lernservers ein.

    "Das erste Wort hat er richtig geschrieben. Beim Zweiten war ein Stolperstein drin. Das Wort war "langweilig", und wir sprechen es meistens so, dass es sich wie ch anhört. Und dieser Schüler hat es auch ch geschrieben. Jetzt gebe ich ch statt g in den Computer."

    Hildegard Wulfheide füttert den Computer mit den Schreibfehlern ihrer Schüler.

    Auf diese Art und Weise hat der Lernserver eine gigantische Datenbank von Fehlschreibungen aufbauen können. Denn in den vergangenen Jahren haben rund 180 000 Kinder diese standardisierten Lückendiktate geschrieben. Sämtliche Abweichungen wurden gesammelt und von Sprachtherapeuten und Linguisten ausgewertet.

    Allein für das Wort "Lehrer" fielen Schülern fast 500 Schreibvarianten ein.
    Doch auch aus den größten Wortruinen der Schüler können Experten noch Informationen herausholen, sagt Pädagogikprofessor Friederich Schönweiss, Gründer des Lernservers.

    "Die Kinder verraten mit ihren Fehlschreibungen, was sie schon verstanden haben und was sie nicht verstanden haben. Was wir mithilfe des Computers geschafft haben, ist diese Fehler analysieren zu können und in Verbindung damit zu bringen, was die Kinder genau an Erklärungen, Übungen an Spielvorschlägen nötig haben."

    So wirft der Computer in sekundenschnelle für jeden Schüler ein individuelles Rechtschreibprofil heraus. Daraus kann die Deutschlehrerin ablesen, in welchen Bereichen er Probleme hat und wie er individuell gefördert werden könnte.

    "Ich vertraue schon darauf, auch wenn es sehr schnell geht, dass es eine exakte Analyse ist, zumal die Rückmeldung, der Analysebogen aus meiner Sicht als Deutschlehrerin völlig einleuchtend scheint."
    Seit vier Jahren arbeitet Hildegard Wulfheide mit dieser Rechtschreibanalyse.
    "Es gibt auch Angebote von andren Schulbuchverlagen oder es gibt auch schon lange im Deutschunterricht standardisierte Tests, aber diese Onlineauswertung per Computer erleichtert uns das Geschäft und es ist ein sicheres Instrument, was man unabhängig vom Lehrer einsetzen kann."

    Am Ende der 5.Klasse wiederholt die Deutschlehrerin das Lückendiktat. Fast alle Schüler verbessern sich, so ihre Erfahrung. Denn in der Zwischenzeit bekommen sie Nachhilfe auf der Grundlage der Fördermaterialien des Lernservers. Die sind allerdings kostenpflichtig.