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Recycling in Ägypten

Hierzulande gehört es schlicht zum Alltag, Papier und Glas zu sammeln und in die Container zu schmeißen oder die Pfandflasche wieder zum Händler zurückzubringen. In anderen Ländern dagegen ist Recycling überhaupt kein Thema. Die mit Müll verschandelten Landschaften lösen bei Urlaubern dann auch immer wieder ein resigniertes Kopfschütteln aus. In Ägypten beispielsweise gibt es weder ein Pfandsystem noch vergleichsweise reibungslos funktionierende Entsorgungswege. Dabei bringen allein die jährlich rund vier Millionen Touristen, die an der ägyptischen Rotmeerküste Sonne und Erholung suchen, entsprechende Probleme mit sich: durch die Mengen an Menschen fallen unüberschaubare Mengen an Müll an. In dem kleinen Touristenort Nuweiba am Golf von Acaba sind die Einheimischen nun mit gutem Beispiel vorangegangen und haben im Sinai ein Recycling-Projekt gestartet; ein Projekt, das inzwischen sogar eine Auszeichnung gewonnen hat.

Von Anke Ulke |
    Langsam drückt die etwas altertümlich anmutende Metallpresse die Softdrink- und Bierdosen zu einem kleinen Blechpaket zusammen. Ist der Packen auf wenige Zentimeter Dicke geschrumpft, füllt ein Arbeiter die Maschine neu und das Ganze beginnt von vorn. Diese und andere Maschinen helfen den Arbeitern von "Hemaya", einer kleinen NGO, einer Nicht-Regierungs-Organisation, den vorsortierten Müll handlich zu verpacken.

    "Hemaya" ist ein im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnetes Recyclingprojekt, das pro Tag zwischen 15 und 20 Tonnen Müll verarbeitet, je nach Saison, erzählt Achmed el Shawa, der Leiter der kleinen Station. Hemaya hat einiges in der Region zwischen dem Grenzort Taba und Nuweiba verändert:

    Bevor es "Hemaya" gab, hatten wir in der Region hier ein erhebliches Müllproblem, die Sachen wurden einfach nur gesammelt und dann irgendwo vergraben oder verbrannt. Die "Hemaya" hat dann angefangen, den ganzen Müll zu sortieren. Den organischen Abfall bekommen die Beduinen, die damit ihre Tiere, ihre Kamele, Ziegen und Schafe füttern, und der anorganische Müll wird hier auf den Bändern sortiert und nach Papier, Glas, Plastik, Metall und Kleidungsstücken getrennt.

    Peinlichst genau trennen die Arbeiter den Müll - und damit das so bleibt, bekommen sie zusätzlich zu ihrem Lohn eine Prämie ausbezahlt. Jede Müllart hat ihren eigenen Sortierraum oder Lagerraum, der von oben über ein luftiges Dach beschattet und belüftet wird. Gut gefüllt sind die Sortierräume, beispielsweise der fürs Glas. Achmed el Shawa:

    Vom Band wird das Glas hier angeliefert, ausgebreitet und von Hand verlesen. Bruchglas wird in Farben sortiert und an eine Firma in Kairo oder in Suez geliefert und der Rest wird dann nach Marke oder Firma sortiert. Manche Firmen nehmen die Gläser zurück, die werden gespült und dann wieder verwendet, andere Firmen wie beispielsweise Reinigungsmittelhersteller, die nehmen diese Flaschen an und verwenden die für ihre Seifen usw. Nicht jedes Glas muss an die ursprüngliche Firma geschickt werden, auch andere Firmen verwenden das Glas zum Teil.

    Ähnlich ist es mit dem Plastik. Teilweise wird es direkt vor Ort geschreddert und an weiter verarbeitende Firmen geschickt. Ansonsten sortiert "Hemaya" die PET- und PVC-Flaschen nach Farben und schickt sie ebenfalls nach Kairo in die Weiterverarbeitung. Auch mit Papier und Karton geht man sehr sorgfältig um:

    Karton und Papier wird hier wieder unterteilt. Karton wird aufgeteilt in Schachteln oder Kartons, die nicht zerstückelt sind, dann werden sie mit einem neuen Aufdruck versehen und an entsprechende Firmen geschickt und wieder verwendet. Kartons, die defekt sind, werden hier gepresst und wie das Altpapier weiterverwertet.

    Sehr sauber und aufgeräumt wirkt der schlichte Recyclinghof auf den Besucher. Nicht umsonst hat Hemaya kürzlich einen ägyptischen Umweltpreis gewonnen! Die Zusammenarbeit mit Kommunen und Hotels klappt inzwischen gut und auch die einheimischen Beduinen profitieren von dem Projekt. Der organische Müll beispielsweise wird sozusagen schon an der Hintertür vom anorganischen Müll getrennt und ihnen übergeben. Zudem sind sie mit eigenen kleinen Lastern oder Pick-Ups an der Müllsammlung beteiligt. "Hemaya" ist sicherlich ein Richtung weisendes Projekt im Sinai, dem noch weitere folgen sollen. Beispielsweise wird es im nächsten Jahr einen ähnlichen Recyclinghof in der Touristenhochburg Sharm el Sheik geben. Ein früheres Projekt brannte vollständig aus - die Mitarbeiter ignorierten das Rauchverbot. In "Hemaya" wird das kaum passieren - Projektleiter Achmed el Shawa wacht mit Argusaugen über sein aus-gezeichnetes Projekt.