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Reduktion von CO2-Ausstoß
"Eine wirtschaftliche Chance"

Trotz der Klimaschutzziele sind die vom Verkehr verursachten CO2-Emissionen in Deutschland leicht gestiegen. Ein Ausweg aus dem Dilemma sieht der Sachverständigenrat für Umweltfragen in der E-Mobilität. In einem neuen Gutachten erklärt er, wie das funktionieren könnte - auch zum Nutzen der Wirtschaft.

Von Anja Nehls | 23.11.2017
    Für 18 Prozent der gesamt CO2-Emissionen in Deutschland ist der Verkehr verantwortlich. Für elf Prozent der Personenverkehr auf der Straße, für sechs Prozent der Güterverkehr, für den Rest sorgen Flugzeuge und Schiffe.
    Trotz der Klimaschutzziele sind die Emissionen, die der Verkehrsbereich zur Gesamtbelastung beiträgt, in den vergangenen Jahren nicht gesunken, sondern im Gegenteil leicht gestiegen. Hier muss sich dringend etwas ändern, meint der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem heute vorgestellten Gutachten. Nötig sei ein Paket vieler unterschiedlicher Maßnahmen der Verkehrsvermeidung und -verlagerung, sagt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Mitglied des Sachverständigenrats. Ein Vorschlag sei, eine Quote von mindestens 25 Prozent für Elektrofahrzeuge unter allen neu zugelassen Fahrzeugen ab 2025 einzuführen. Ab 2030 dann sogar 50 Prozent. Und das müsse verbunden werden mit einer wirksamen Förderung für den Ausbau von Lademöglichkeiten:
    "Davon versprechen wir uns, dass es dann tatsächlich auch zu einer Marktdurchdringung kommt, weil wir ja im Moment das Henne/Ei-Problem haben: Da wird gesagt, da fehlt die Infrastruktur - und die Infrastrukturbetreiber sagen, es gibt keine Fahrzeuge. Wenn man eine Quote einführt, zwingt das die Hersteller auch, attraktive Autos anzubieten, das sehen wir als erhebliche wirtschaftliche Chance für den gesamten Sektor."
    Chancen auch für die deutsche Automobilindustrie
    Und das würde die deutsche Automobilindustrie als eine der Schlüsselbranchen in Deutschland auch im internationalen Wettbewerb stärken. In China zum Beispiel habe man jüngst eine Quote für Elektrofahrzeuge eingeführt:
    "Die geben für Elektroautos sofort eine Zulassung; wenn Sie sich mit einem anderen Fahrzeug auf Zulassung bewerben, müssen sie ungefähr sieben Jahre warten. Im Moment ist es in Deutschland ja so, dass wir die fossilen Energien durch das Dieselprivileg sehr stark begünstigen und für die konventionellen Fahrzeuge alle Vorteile da sind."
    Und da gelte es konsequent umzusteuern, so der Sachverständigenrat. Die Dieselbesteuerung müsse schrittweise auf das Niveau von Benzin angehoben werden. Das Dienstwagenprivileg, mit dem sich umso mehr Steuern sparen lassen, desto größer und teurer das Auto ist, gehöre abgeschafft. Dafür sei es denkbar, die wichtigsten Autobahnen mit Oberleitungen für Elektro-LKW zu versehen, damit auch der Schwerlastverkehr elektrisch unterwegs sein kann. Bei leichten LKW sei das Ganze technisch bereits heute kein Problem mehr.
    Mit Strom betriebene LKW - gibt es schon jetzt
    Dennoch gibt es bis jetzt wenige Pioniere. Die Logistikfirma Meyer hat einen Elektro-LKW im Einsatz und fährt damit Lebensmittel für REWE in die Berliner Innenstadt. Mit 350.000 Euro hat der LKW dreimal so viel gekostet wie ein vergleichbarer Diesel, sagt Matthias Strehl von Meyer Logistik:
    "Ja, dass es teuer wird, war uns bewusst gewesen, aber wir haben eine gewisse Verantwortung der Umwelt gegenüber, unserem Job gegenüber und wir müssen uns einfach über alternative Antriebskonzepte Gedanken machen. Die Zeit wird es zeigen, wenn wir uns zum Beispiel das Thema Verschleißteile anschauen, Öl, was wir nicht brauchen werden und so weiter."
    Strehl hofft, dass sich das Fahrzeug durch die geringeren Betriebskosten nach sechs bis sieben Jahren gerechnet hat.
    Für den Sachverständigenrat muss der Elektroantrieb sich auch für die Verbraucher wirtschaftlich rechnen. Deshalb soll vor allen der Ausbau von erneuerbaren Energien für die Stromerzeugung zügiger als bisher vorangetrieben werden. Zu beachten sei, dass dabei eingesetzte Energiepflanzen nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen dürfen und auch der problematische Flächenverbrauch sei in die Gesamtrechnung einzubeziehen.
    Umstellung vom Öl zu mineralischen Rohstoffen
    Die zukünftige Motor- und Batterietechnik verschiebt jedenfalls auch den Rohstoffbedarf von Öl zu mineralischen Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Seltenen Erden. Die müssten unter anspruchsvollen Umwelt- und Sozialstandards gewonnen und auch wieder recycelt werden, sagt Vera Susanne Rotter vom Sachverständigenrat:
    "Wir brauchen Planungssicherheit zum Aufbau einer Recycling-Infrastruktur, was auch damit zusammenhängt, wie dann eigentlich die Anforderungen an die Behandlung von Abfällen und auch Recyclingvorgaben in diesem Bereich sind."
    Technologien, wie die Brennstoffzelle oder Power-to-Gas, mit denen aus Strom wieder flüssiger Treibstoff gewonnen wird, hält der Sachverständigenrat für wenig effizient, weil der Stromverbrauch dabei unverhältnismäßig hoch sei.