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Referendum
Schottland bleibt britisch

Schottland bleibt Teil des Vereinigten Königreiches. Eine Mehrheit von rund 55 Prozent der Wähler hat sich gegen die Unabhängigkeit der Region entschieden. Die Befürworter der Abspaltung haben ihre Niederlage eingeräumt. Der britische Premierminister David Cameron versprach Schottland mehr Autonomie.

19.09.2014
    Jubel bei den schottischen Unabhängigkeits-Gegnern nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse.
    Jubel bei den schottischen Unabhängigkeits-Gegnern nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse. (afp / Andy Buchanan)
    Alle Stimmen des Referendums sind ausgezählt, und das Ergebnis ist deutlich. Nach Angaben der schottischen Wahlkommission stimmten mehr als 2 Millionen Bürger gegen die Unabhängigkeit Schottlands, rund 1,6 Millionen dafür. Nur in vier von 32 Wahlbezirken lagen die Befürworter der Loslösung vorne. Insgesamt beteiligten sich knapp 85 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung.
    In Glasgow untersucht die Polizei mehrere Unregelmäßigkeiten. Dort hatten in zehn Fällen Wähler festgestellt, dass unter ihrem Namen schon zuvor jemand seine Stimme abgegeben hatte. Insgesamt waren etwa 4,2 Millionen Wähler in Schottland stimmberechtigt.
    Die schottische Nationalpartei von Ministerpräsident Alex Salmond konnte vor allem in Hochburgen der Unabhängigkeits-Befürworter nicht genügend Wähler mobilisieren. Zwar votierte eine Mehrheit in Glasgow und Dundee für die Abspaltung vom Vereinigten Königreich, allerdings war die Wahlbeteiligung dort deutlich geringer als in anderen Wahlbezirken.
    Wie diesen beiden Unabhängigkeits-Befürwortern ging es wohl vielen Schotten nachdem sich das Endergebnis abzeichnete.
    Wie diesen beiden Unabhängigkeits-Befürwortern ging es wohl vielen Schotten nachdem sich das Endergebnis abzeichnete. (afp / Lesley Martin)
    Salmond erklärte, er akzeptiere das Urteil des Volkes. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Schottlands, Nicola Sturgeon, äußerte sich im britischen Fernsehen enttäuscht. Schottland habe sich mit dem Referendum für immer verändert.
    Cameron verspricht Regionen mehr Kompetenzen
    Großbritanniens Premierminister David Cameron, der sich immer gegen die Loslösung Schottlands vom Vereinigten Königreich ausgesprochen hatte, gratulierte den Gegnern der schottischen Unabhängigkeit zu einem "gut geführten" Wahlkampf. "Wir haben den festen Willen der Schotten gehört", sagte Cameron in London. Es sei nun Zeit, sich gemeinsam für eine bessere Zukunft zu engagieren.
    Der britische Regierungschef stellte Schottland umgehend weitere Autonomie in Aussicht. Bis Januar soll dazu ein Gesetzentwurf ausgearbeitet werden. Auch den drei anderen Landesteilen England, Wales und Nordirland versprach Cameron mehr Unabhängigkeit von der Zentralregierung in London.
    Forderungen aus Schottland nach mehr Kompetenzen seien erwartbar, sagte der in Edinburg lebende Soziologe Jan Eichhorn im DLF. Auch viele Unabhängigkeitsbefürworter könnten mit einer starken Autonomie Schottlands leben. Sollte es dazu allerdings nicht kommen, sei eine neue Unabhängigkeitsbewegung zu erwarten. Der Vorsitzende der Europäischen Liberalen und Demokratischen Partei (ALDE), der Schotte Graham Watson, hielt es im DLF sogar für möglich, dass sich Großbritannien nun zu einem föderalen Staat entwickelt mit weiteren regionalen Parlamenten.
    Unmittelbar nach dem Referendum versprach der britische Premier Cameron Schottland mehr Autonomie.
    Unmittelbar nach dem Referendum versprach der britische Premier Cameron Schottland mehr Autonomie. (afp / Carl Court)
    Auch Erleichterung auf EU-Ebene
    EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) begrüßte den Verbleib Schottlands im Vereinigten Königreich. Die EU müsse dennoch Lehren aus dem Referendum ziehe, sagte Schulz im DLF. Die Staatengemeinschaft müsse sich Gedanken machen, wie sie künftig mit Regionen umgehe, die sich von EU-Ländern abspalten wollen. Bisher ist ein solcher Fall in der EU nicht klar geregelt.
    Viele Politiker hatten sich zudem besorgt geäußert, dass das schottische Referendum und eine Unabhängigkeit der Region einen Dominoeffekt in anderen EU-Ländern auslösen könnte - etwa im spanischen Katalonien.
    (pr/jan/stfr)