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Reform der Diesel-Abgasuntersuchung

Viel der nachgerüsteten Partikelfilter in Dieselautos funktionieren nicht. Doch dies wird nur selten bei der Abgasuntersuchung erkannt, da die TÜV-Messgeräte nicht sensibel genug sind. Deswegen fordert die Deutsche Umwelthilfe eine Reform der Abgasuntersuchung.

Von Philip Banse |
    Die Deutsche Umwelthilfe und der TÜV monieren, dass die derzeitige Abgasuntersuchung bei allen Dieselautos mit Partikelfilter nicht mehr funktioniert. Das hat zwei Gründe: Zum eine seien die Grenzwerte der Abgasuntersuchung so alt und damit so hoch, dass die allermeisten Dieselautos mit Partikelfilter darunter bleiben und die Prüfung passieren, sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

    "Man hat einfach vergessen, die Prüfvorschriften anzugleichen an die neuen, relativ sauberen Motoren. Mit der Folge, dass 99 Prozent der Fahrzeuge den Test ohne Beanstandungen passieren. Daran sehen wir, dass die aktuellen Vorschriften nicht bestehen bleiben können. Das ist ein Placebo. Da wird dem Verbraucher Geld aus der Tasche gezogen."
    Alle kommen durch, aber - das ist der zweite Kritikpunkt - auch defekte Partikelfilter werden nicht mehr gefunden. Denn die zugelassenen Messgeräte bei Abgasuntersuchungen sind so alt, dass sie den Schmutz in den Abgasen der relativ sauberen Dieselmotoren von heute mit Partikelfilter gar nicht mehr messen können. Ob also der Partikelfilter kaputt ist und mehr Schmutz raus lässt, das bekommen die Messgeräte bei der AU gar nicht mit. Der TÜV hat das heute demonstriert.

    Ein VW-Golf, Baujahr 2009, Euro 5 mit Original Partikelfilter. Zwei Geräte messen die Abgase: ein altes, das heute überall eingesetzt wird; das andere neu, aber nicht zugelassen. Das alte Messgerät zeigt bei dem neuen Auto keine Abgaswerte an.

    "Der ist so sauber, dass das bisherige Opazimeter nichts mehr messen kann, die blaue Linie bleibt da unten einfach tot."

    Das neue Gerät kann auch die geringen Partikelmengen im Abgas des Golfs noch messen. Was das bedeutet, sagt Günter Afflerbach vom TÜV Nord:

    "Mit diesem neuen Gerät kann ich Auffälligkeiten erkennen, die ich mit dem jetzigen AU-Gerät nicht mehr erkennen kann. Das heißt, geringe Schädigungen des Partikelfilters sind mit dem neuen Gerät erkennbar - mit dem jetzigen AU-Gerät jedoch nicht."

    Das heißt, defekte Partikelfilter, falsch eingestellte Motoren fallen in der jetzigen Abgasuntersuchung nicht auf. Warum kaufen TÜV und die anderen Prüfgesellschaften nicht einfach aktuelle Messgeräte? Günter Afflerbach vom TÜV Nord:

    "Der TÜV kann nicht einfach neue Geräte kaufen. Die Abgasuntersuchung ist eine amtliche Prüfung und für diese Prüfung dürfen Geräte eingesetzt werden, die von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PDB) zugelassen sind. Und das sind die neuen Partikelmessgeräte zurzeit noch nicht. Es gibt Gespräche mit der PDB, um eine Zulassung für solche Geräte zu erreichen. Es ist aber zusätzlich auch erforderlich, dass es Grenzwerte für die Prüfung gibt. Und da ist dann auch die EU gefragt, weil wir in Deutschland keine Alleingänge machen dürfen."

    Die Autoindustrie verweist auf die Bordelektronik moderner Autos. Mit der On-Board-Diagnostik (OBD) könnten auch die Abgaswerte analysiert werden. Günter Afflerbach vom TÜV kennt keine On-Board-Diagnostik, die Partikel in Dieselabgasen misst. Auch Jürgen Resch von der Umwelthilfe sagt:

    "In dieser kleinen Blackbox gibt es kein Sensorium für Partikel. Das wird nur hochgerechnet. Das heißt, wenn man der Forderung der Automobilindustrie Folge leisten würde, dann gäbe es überhaupt keine Überprüfung mehr, ob die Abgasqualität bei Dieselmotoren eingehalten wird oder nicht. Deswegen sagen wir: Die Abgasuntersuchung, auch bei Diesel-PKW, muss bestehen bleiben. Allerdings müssen die Prüfwerte an den Stand der Technik angepasst werden."

    Dafür ist das Verkehrsministerium zuständig. Warum senkt das Ministerium die Grenzwerte nicht und passt sie an aktuelle Motoren an? Darauf fand ein Sprecher des Ministeriums heute Vormittag keine Antwort.