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Reform der Erbschaftssteuer
NRW sagt: "So nicht"

Die rot-grüne Regierung in Nordrhein-Westfalen macht Front gegen den Kompromiss zur Erbschaftsteuer der Bundesregierung. Die Pläne seien "nicht akzeptabel", kritisiert Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Der positioniert sich damit auch gegen seine eigene Parteiführung.

Von Theo Geers, Hauptstadtstudio |
    Ein Hängeregister mit der Aufschrift Erbschaftssteuer
    In NRW formiert sich Widerstand gegen die Reform der Erbschaftssteuer (imago stock&people)
    Die Reform der Erbschaftsteuer ist trotz des zu Wochenbeginn gefundenen Kompromisses noch nicht in trockenen Tüchern. Vor allem in den Ländern, die - ginge alles nach Plan - der Reform eigentlich auf der letzten Sitzung des Bundesrats vor der Sommerpause am 8. Juli zustimmen sollen, formiert sich Widerstand. Massiver Widerstand kommt dabei aus Nordrhein-Westfalen, dessen Finanzminister Norbert Walter-Borjans gegenüber dem Deutschlandfunk klar Position bezieht: "Dieser Kompromiss geht so nicht. Er ist nicht akzeptabel, weil er noch weiter geht zum Teil als das ohnehin von den Verfassungsrichtern schon monierte Regelwerk, das wir bisher schon hatten."
    Mit dieser Festlegung stellt sich Walter-Borjans, SPD, gegen den Kompromiss, den Parteichef Gabriel Anfang der Woche mit Finanzminister Schäuble und CSU-Chef Seehofer ausgehandelt hatte. Gabriel hatte den Entwurf am Montag damit gerechtfertigt, dass die Erbschaftsteuer mit der Reform sogar sozial gerechter werde, ohne die Fortführung von Unternehmen und deren Arbeitsplätze zu gefährden. Auf dieser Linie bewegt sich auch noch die SPD-Bundestagsfraktion.
    Leicht im Sinne der Familienunternehmen nachgebessert
    Deren stellvertretender Vorsitzender Carsten Schneider hatte im Februar ein erstes Kompromisspapier zur Erbschaftsteuerreform mit Ralph Brinkhaus von der CDU und Gerda Hasselfeld, CSU, ausgearbeitet. Dieses Papier wurde aus Schneiders Sicht Anfang der Woche auf Druck der CSU aber nur leicht im Sinne der Familienunternehmen nachgebessert, Schneider empfiehlt der Fraktion deshalb zuzustimmen - und so sieht es auch SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht:
    "Ich bin der Meinung, das ist durchaus auch im Bundesrat zustimmungsfähig, weil wir eben dafür gesorgt haben, dass Arbeitsplatze erhalten werden können, dass die nicht durch unbotmäßige Belastungen abgebaut werden müssen. Wir haben dafür gesorgt, dass es verfassungsgemäß zugeht. Und wir haben dafür gesorgt, dass das Aufkommen nicht nur erhalten, sondern sogar noch erhöht wird."
    "Keine gerechte Lösung mit der CSU zu machen"
    Für Norbert Walter-Borjans, dem SPD-Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, ging dagegen schon das Februar-Papier an die Grenze dessen, was die Karlsruher Richter mit ihrem Urteil vom Dezember 2014 verlangt hatten - eine Eingrenzung der Ausnahmen, mit denen Firmenerben ganz oder zu 85 Prozent von der Erbschaftsteuer befreit werden, wenn sie das Unternehmen sieben oder fünf Jahre mit weitgehend unveränderter Beschäftigtenzahl weiterführen.
    Mit dem zu Wochenbeginn auf Druck der CSU ausgehandelten Kompromiss uferten diese Sonderregeln für Firmenerben aber weiter aus, betont der NRW-Finanzminister: "Es war immer klar, wenn man darüber einen Schritt hinausgeht, dann kann man das nicht akzeptieren. Und den Fall haben wir jetzt erreicht: Man muss feststellen, dass offenbar mit CSU eine gerechte und den Vorgaben der Verfassungsrichter entsprechende Lösung nicht zu machen ist."
    Ablehnung auch der Grünen
    Walter-Borjans stört sich vor allem den neuen Regeln, wie künftig der Wert eines Unternehmens bewertet werden soll. Hier könnten die neuen Regeln dazu führen, dass der Unternehmenswert auf nur noch die Hälfte sinke, wovon dann wiederum die Höhe der eigentlich zu zahlenden Erbschaftssteuer abhängt. Walter-Borjans fürchtet - anders als zu Wochenbeginn SPD-Chef Gabriel - sogar Steuerausfälle.
    Der nordrhein-westfälische Finanzminister will deshalb im Bundesrat nicht zustimmen und hofft auf Unterstützung aus anderen Ländern. Er will, dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anruft, damit es dort zu Korrekturen kommt. Dafür wird viel vom Abstimmungsverhalten der Grünen abhängen, die in zehn Bundesländern mitregieren. Die Grünen im Bund haben den Erbschaftssteuerkompromiss schon gestern abgelehnt und werben jetzt bei ihren Parteifreunden auf Länderebene ebenfalls für ein Nein.